Kolonial bewegte Jugend

Kolonial bewegte Jugend: Beziehungsgeschichten zwischen Deutschland und Südwestafrika zur Zeit der Weimarer Republik.
Heyn, Susanne
13141
978-3-8376-4265-0
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€39.99 *

Titel: Kolonial bewegte Jugend
Untertitel: Beziehungsgeschichten zwischen Deutschland und Südwestafrika zur Zeit der Weimarer Republik
Autorin: Susanne Heyn
Verlag: transcript Verlag
Bielefeld, 2018
ISBN 9783837642650 / ISBN 978-3-8376-4265-0
Broschur, 15 x 23 cm, 354 Seiten, 2 sw- und 14 Farbabbildungen

Über: Kolonial bewegte Jugend

„Der doppelt empfundene Prestige- und Statusverlust“, nach der Kriegsniederlage 1918 weder politisch Weltmacht zu sein noch durch den Verlust des Kolonialbesitzes symbolisch zur „Gruppe der westlichen ‚Kulturnationen‘“ zu gehören, förderte kolonialrevisionistische Bestrebungen in Deutschland. Die überwiegend von der Kolonialbewegung vehement forcierte Forderung nach Rückgabe der Kolonien blieb über die gesamte Zeit der Weimarer Republik bestehen. Politisches Ziel war es, wieder in den Kreis der Kolonialmächte aufgenommen zu werden. Flankiert wurde die Forderung mit einer auf die ehemaligen Überseeterritorien gerichteten „Projektions- und Phantasiegeschichte“, die, wie schon während des Kaiserreichs, in so unterschiedlichen Bereichen wie Film und Literatur, den Wissenschaften und dem Vereinswesen ihren Ausdruck fand.

Die ehemaligen Kolonien waren somit weiterhin Bestandteil der „Gedanken- und Gefühlswelt der deutschen Gesellschaft“. Koloniale Denk- und Handlungsweisen setzten sich fort. Gleichzeitig blieb nach 1919 erzwungene und freiwillige, grenzüberschreitende Mobilität bedeutsam, die sehr unterschiedliche Akteurinnen und Akteure nach Deutschland und von dort auch wieder weg führte. Im Rheinland waren ‚Kolonialsoldaten‘ der französischen Armee stationiert, deutsche Siedler/innen kehrten überwiegend als Folge von Ausweisungen aus den Überseeterritorien nach Deutschland zurück, auch (antikolonial aktive) Migrantinnen und Migranten aus kolonisierten Territorien fanden sich dort zusammen. Zudem unterstützten vor allem Kolonialverbände und das Auswärtige Amt die Rückkehr von ‚Kolonialdeutschen‘ und die Neueinwanderung nach Südwestafrika, Ostafrika oder Kamerun. Im Vergleich der ehemaligen deutschen Kolonien stellte Südwestafrika als ehemalige Siedlungskolonie eine besondere Situation dar.

Dort verblieb 1919 mit etwa 6000 Personen die größte deutsche Bevölkerungsgruppe, von der ein Teil weiterhin enge Verbindungen mit Deutschland unterhielt. Die Studie beschäftigt sich aus einer akteurszentrierten Perspektive mit der anhaltenden Präsenz kolonialer Imaginationen und Handlungsweisen in der Weimarer Republik. Sie berücksichtigt nicht nur die Kolonialbewegung in Deutschland, sondern auch die deutsche Siedlerbevölkerung im Mandatsgebiet Südwestafrika, um die fortdauernden Beziehungen zwischen ehemaliger Metropole und Kolonie herauszuarbeiten. Wenig Aufmerksamkeit haben in diesem Forschungsfeld bislang Jugendliche und junge Erwachsene erfahren, die als Mitglieder kolonialer Jugendgruppen in Deutschland und als mobile Siedlernachkommen aus Südwestafrika im Mittelpunkt dieser Studie stehen.

Inhalt: Kolonial bewegte Jugend

Einleitung
Thema und Fragestellungen
Forschungsstand
Forschungsperspektiven und Analyseinstrumentarium
Materialkorpus und Aufbau der Studie
1. Historisch-politische Kontextualisierungen
1.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen von Jugend in der Weimarer Republik
1.2 Die Kolonialfrage in der Weimarer Politik
1.3 Die deutsche Siedlerbevölkerung im Mandatsgebiet Südwestafrika
2. Die junge Generation als Zielgruppe der Kolonialbewegung
2.1 Die Entwicklung und Struktur der kolonialen Jugendarbeit
2.2 Die Jugendfrage': Kontinuitäten schaffen in der Kolonialbewegung
2.3 Koloniale Einflussnahme auf die Institution Schule
3. Die koloniale Jugendbewegung zwischen Mythenbildungen und Zukunftsvisionen
3.1 Koloniale Propaganda zwischen Vergangenheitskonstruktion und zukunftsweisenden Raumforderungen
3.2 Politische Visionen und Sozialisation für eine koloniale Zukunft: Die Kolonialpfadfinder
3.3 Bürgerlich-konservatives Geschlechtermodell: Die kolonialen Mädchengruppen
4. Deutsche Siedlernachkommen als zukünftige Kulturträger für Südwestafrika
4.1 Schulwesen und Jugendarbeit als Instanzen ,deutscher Kultur'
4.2 Mobilität vorbereiten: Angst vor kultureller Regeneration'
4.3 Zwischen prekären Lebenslagen und diskursiven Prägungen: Perspektiven von Eltern
4.4 Die Infrastruktur der Mobilität
5. Bildungsaufenthalte von Siedlernachkommen in Deutschland
5.1 Kolonialverbandlich-institutionell organisierte Aufenthalte
5.2 Familiär-verwandtschaftlich organisierte Aufenthalte
5.3 ,Kolonialdeutsche' Identität vereindeutigen: Selbstpositionierungen von Siedlernachkommen
5.4 Rückkehr nach Südwestafrika
6. Nachkommen der Siedlerfamilie Hälbich in Deutschland
6.1 Perspektiven auf ehemalige Kolonie und Metropole: Zur familiären Bedeutung der Bildungsaufenthalte
6.2 Junge Hälbichs zwischen Familie, Qualifizierung und Politik
6.3 Verunsicherte Zugehörigkeit durch erlebte Mobilität
Schlussfolgerungen
Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Danksagung