Die südafrikanische Militärverwaltung (1915-1920) und die frühe Mandatszeit (1920-1936) in der Kavango-Region / Namibia

Ein wenig beschriebenes Thema: Die südafrikanische Militärverwaltung (1915-1920) und die frühe Mandatszeit (1920-1936) in der Kavango-Region Namibias.
Fisch, Maria
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Titel: Die südafrikanische Militärverwaltung (1915-1920) und die frühe Mandatszeit (1920-1936) in der Kavango-Region / Namibia
Autorin: Maria Fisch
Reihe: History, Cultural Traditions and Innovations in Southern Africa, Band 21
Rüdiger Köppe Verlag
ISBN 9783896453600 / ISBN 978-3-89645-360-0
Broschur, 16 x 24 cm, 245 Seiten, 32 sw-Fotos, 2 Karten


Über: Die südafrikanische Militärverwaltung (1915-1920) und die frühe Mandatszeit (1920-1936) in der Kavango-Region / Namibia

Nach der Kapitulation der deutschen Schutztruppe im Juli 1915 wurde Südwestafrika1 einer südafrikanischen Militärverwaltung unterstellt. Da diese bis zum endgültigen Kriegsende nur eine Übergangsfunktion erfüllen sollte, befasste sie sich hauptsächlich mit dem Erhalt von Ruhe und Ordnung. Entsprechend der südafrikanischen „Politik der getrennten Entwicklung" wurde das soziale Leben der einheimischen Bevölkerung so wenig wie möglich gestört und die Lösung interner Probleme den traditionellen Führern überlassen. Der Schwachpunkt dieses Prinzips war, dass einige der Führer in absolutistische Regierungsmethoden der vorkolonialen Zeit zurückfielen.

Die einzige große Militäraktion während der militärischen Verwaltungsperiode (1915-1920) richtete sich gegen Mandume Ndemufayo, den jungen Führer der Kwanyama, der nach Auseinandersetzungen mit portugiesischen Truppen seinen Hauptsitz von Angola ins Protektorat SWA verlegt hatte und auch mit der dortigen Militärbesatzung in Konflikt geriet. Mandume und viele seiner Anhänger starben bei der Auseinandersetzung. Mehrere Historiker haben sich ausführlich mit den Ursachen und Folgen dieses Gewaltaktes auseinandergesetzt. Nahezu unbeachtet blieb dagegen, was sich zwischen 1915 und 1920 im fernen Nordosten des Landes abspielte.

Die Kavango-Region (2) blieb vom Kriegsgeschehen verschont und erhielt keine Besatzung. Aber es fehlte nicht an Konflikten anderer Art. Wegen der marginalen und schwer zugänglichen Lage war die Kavango-Region ein attraktiver Zufluchtsort für Personen, die sich dem Zugriff der neuen Machthaber entziehen wollten. Mehrere Militäreinsätze hatten den Zweck, flüchtige deutsche Schutztruppler, rebellierende südafrikanische Burenoffiziere und illegal eingewanderte Händler und Jäger aufzubringen. Außerdem kam es zu andauernden und teils gefährlichen Grenzkonflikten zwischen den portugiesischen Besatzungskräften in Angola und der einheimischen Bevölkerung auf dem Südufer des Flusses. Diese verliefen zwar unblutig, aber weisen Ähnlichkeiten mit dem Machtkampf zwischen Mandume und den Portugiesen auf. Sie sind nur im Kontext der vorausgegangenen Geschichtsepoche zu verstehen.

Die sogenannten Kavangostämme sind erst nach 1790 in ihre heutigen Wohngebiete eingewandert. Seit dem verheerenden Raubzug der aus Südafrika stammenden Kololo im Jahre 1858 hatten sie sich alle aus Sicherheitsgründen auf das angolanische Territorium zurückgezogen. Die !Khung-San („Buschleute"), die Ureinwohner ausgedehnter Gebiete, waren damit wieder die alleinigen Herren der Savanne südlich des Okavango. Sie wehrten sich 50 Jahre lang mit Giftpfeilen gegen das Eindringen fremder Ethnien, die dort ohne ihre Zustimmung jagen oder Feldkost sammeln wollten. (3)

Im Jahre 1910 wurde in Nkurenkuru im Westen der Kavango-Region die erste deutsche Polizeistation errichtet. Gleichzeitig gründete die katholische Mission weiter östlich die Station Nyangana. Dies war offenbar das Signal für eine massive Rückwanderung der Bantu von Angola auf das damals deutsche Hoheitsgebiet, denn die Lebensbedingungen unter der portugiesischen Herrschaft waren sehr hart. Alle Häuptlinge verlegten ihren Hauptsitz vom nördlichen auf das südliche Flussufer. Dabei waren sie jedoch bestrebt, ihren Einfluss auf die in Angola zurückgebliebenen und jetzt führerlosen Untertanen zu behalten, was unweigerlich zur Konfrontation mit den portugiesischen Besatzungskräften führen musste. Den Höhepunkt erreichten die grenzüberschreitenden Konflikte zwischen 1916 und 1920, nachdem die Portugiesen die von deutschen Truppen zerstörten Forts längs des Flusses wieder aufgebaut und neu besetzt hatten. Da man auf die Steuergelder und die Arbeitskräfte angewiesen war, versuchten die Vertreter der finanzschwachen portugiesischen Verwaltung, die Emigration zu stoppen und die Auswanderer, oft mit unlauteren Mitteln, zur Rückkehr zu zwingen.

Das Militärregime von SWA verhielt sich Rechtsbrüchen gegenüber sehr zurückhaltend, sowohl wegen Personalmangels als auch wegen des friedlichen Verhaltens der Kavango-Bewohner in der Vergangenheit. Der Militärmagistrat (MM) von Grootfontein bemühte sich jedoch intensiv, die Loyalität des einflussreichsten und potentiell gefährlichen Kwangali-Häuptlings Kandjimi zu gewinnen und die Spannungen zu entschärfen, die wiederholt zwischen Kandjimi und dem Kommandanten des portugiesischen Verwaltungszentrums Cuangar herrschten. Das Verhalten Kandjimis im Spannungsfeld zwischen den zwei Kolonialmächten ist bemerkenswert. Im Gegensatz zu Mandume widersetzte er sich der international anerkannten Grenzziehung, die viele ethnische Gruppen zerschnitt und die Teile verschiedenen Kolonialstaaten unterordnete, nicht mit Gewalt, sondern nutzte mit politischer Weitsicht und kluger Taktik die koloniale Machtkonstellation zu seinem Vorteil.


Ablösung der deutschen Kolonialmacht in Südwestafrika

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Europa beschloss das Parlament der Südafrikanischen Union am 12. September 1914 auf Drängen Englands und nach Zusicherung der Kostenübemahme, den Kampf gegen Deutschland aktiv zu unterstützen und die deutsche Kolonie Südwestafrika (SWA) anzugreifen. Der Angriff verzögerte sich, weil sich viele hohe Offiziere und die meisten Buren dem Beschluss widersetzten und einen bewaffneten Aufstand anzettelten. Die Regierungstruppen konnten diesen jedoch nach kurzer Zeit niederschlagen (Vgl. Kap. 4.1). Unter dem Kommando von General Louis Botha besetzten die südafrikanischen Verteidigungskräfte (SADF) im Februar 1915 die
Hafenstädte Swakopmund und Lüderitzbucht. Die schwache deutsche Schutztruppe war den mehr als zehnfach überlegenen und besser ausgerüsteten Truppen des Angreifers nicht gewachsen und wurde unter hohen Verlusten zurückgedrängt. Im Mai konnte Botha Windhoek einnehmen, und bereits zwei Monate später musste die Schutztruppe kapitulieren. Gouverneur Seitz und Major Franke, der Kommandeur des Heeres, unterzeichneten am 9. Juli 1915 in Khorab den Vertrag, der das Ende der deutschen Kolonialherrschaft in SWA besiegelte und für die Deutschen, die 80% der weißen Bevölkerung ausmachten, viele einschneidende Veränderungen mit sich brachte.

Die aktiven Truppenangehörigen einschließlich der Unteroffiziere wurden in dem Ort Aus interniert. Sie durften ihre Gewehre behalten, aber keine Munition. Allen Offizieren wurde die Freiheit gewährt, falls sie bereit waren, die „Parole" (das Ehrenwort) zu unterschreiben. (4) Wer sich weigerte, wurde in Okajande interniert. Die Reservisten durften ebenfalls ins private Leben zurückkehren, nachdem sie Waffen und Munition abgegeben und die Parole unterschrieben hatten. Alle privaten Schusswaffen mussten abgegeben und neue Lizenzen beantragt werden. Für die Besitzer von Farmen, die der Gefahr durch Raubtiere oder räuberische Banden ausgesetzt waren, war dies eine harte Maßnahme. Erst nach langen Verhandlungen wurde ihnen der Besitz von Schrotgewehren gestattet (Waters 1918:83-86). Viele hatten allerdings zuvor ihre besten Schusswaffen versteckt oder vergraben (Vgl. Kap. 8).

Sehr negative Auswirkungen hatte die sofortige Entlassung aller im Staatsdienst tätigen deutschen Beamten, denn bei der zunehmenden wirtschaftlichen Depression standen ihnen keine neuen Erwerbsmöglichkeiten offen. Seit der Auflösung der Schutztruppe gab es auch keine Absatzmöglichkeit für landwirtschaftliche Produkte. Das deutsche Papiergeld, die sogenannten Seitznoten, waren zwar weiter zugelassen, aber verloren rapide an Wert. Das Kriegsrecht (martial law), das mit sofortiger Wirkung in Kraft trat, schränkte die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung stark ein. Niemand durfte seinen Wohnort ohne spezielle Genehmigung verlassen.

Den schwersten Schlag erlitt die deutsche Gemeinschaft, als ab Ende 1918 knapp die Hälfte von ihnen als „unerwünscht" deportiert und ihr Eigentum beschlagnahmt wurde. Eine kleine Anzahl deutscher Staatsbürger verließ das Land freiwillig, weil sie arbeitslos waren oder keine Möglichkeit sahen, die zerstörte Infrastruktur ihrer Farmen oder ihrer technischen Betriebe wieder herzustellen und profitabel zu machen. Südwestafrika insgesamt wurde einstweilen einer Militärverwaltung unterstellt.


Fußnoten:

2.Im weiteren Text SWA geschrieben
Seit zwei Jahren haben sich amtliche Instanzen darin geeignet, den Fluss Okavango, das Gebiet und seine Bewohner aber - wie
bisher - als Kavango zu bezeichnen.
3. Die Überfälle der San (Buschleute) auf Kontraktarbeiter, die sich auf dem Rückweg von Tsumeb und Grootfontein zum Okavango
befanden, werden hier nicht behandelt, weil sie durch andere Autoren, z.B. R. Gordon (1992) schon ausführlich diskutiert
wurden.
4. Sie mussten sich verpflichten, nicht mehr gegen die Engländer und ihre Verbündeten zu kämpfen.


Inhaltsverzeichnis:

Teil I
Die südafrikanische Militärverwaltung 1915-1920
Einführung
1. Ablösung der deutschen Kolonialmacht in Südwestafrika
2. Südwestafrika unter südafrikanischer Militärverwaltung
2.1 Struktur und Maßnahmen der Militärverwaltung
2.2 Reservate nördlich der Roten Linie
3. Eroberung und Besetzung des Caprivi durch eine Einheit der rhodesischen Polizei
3.1 Geschichte der British South African Police (B SAP)
3.2 Besetzung des Caprivi durch eine rhodesische Einheit der BSAP
3.3 Verwaltung des Caprivi bis 1920
4. Aktivitäten der Rhodesischen Scouts am Okavango
4.1 Formation und Aufgaben
4.2 Gefangennahme geflüchteter deutscher Schutztruppler
4.3 Gefangennahme eines kriminellen Ex-Mitglieds des Freikorps
4.4 Missionare im Konflikt zwischen Nächstenliebe und Staatsgehorsam
4.5 Wachtmeister Ostermann wird des Diebstahls und Mordes beschuldigt
4.6 Auflösung der Rhodesischen Scouts
5. Flucht südafrikanischer Rebellen zum Okavango
5.1 Rebellion der burischen Kriegsgegner in Südafrika
5.2 Allianz der Rebellen mit dem Freikorps und dem Gouverneur von SWA
5.3 Kapitulation der Rebellen am Oranje
5.4 Flucht und Schicksal der Rebellengruppe unter General Maritz
5.5 Die Rebellengruppe unter MacDonald wird durch die Mbunza umzingelt
5.6 Jagd der Regierung auf die zum Okavango geflüchteten Rebellen
6. Kontakte der Militärverwaltung mit der Bevölkerung der Kavango-Region
6. l Leutnant Lawson gibt den Regierungswechsel bekannt
6.2 Aufgaben der Polizeipatrouillen
6.3 Inspektionsreisen des Militärmagistrats von Grootfontein zu den Kwangali
6.4 Wege- und Transportprobleme der Patrouillen
6.5 Häuptling Kandjimi und seine östlichen Nachbarn
6.6 Zwei Magistrate eifern um Kandjimis Sympathie
6.7 Kandjimi im Spannungsfeld zwischen zwei Kolonialmächten
6.8 Flüchtlingsgruppen aus Kwanyama erhalten in Kwangali Asyl
7. Die Errichtung eines Polizeipostens in Nkurenkuru
7.1 Gründe für die Errichtung
7.2 Leutnant Swemmer verursacht durch den Missbrauch seiner Befugnisse einen gefährlichen Grenzkonflikt
7.3 Die Burenfamilie Pienaar im nördlichen Grenzgebiet
7.4 Eine neue Mannschaft in Nkurenkuru
8. Fortdauernde Spannungen zwischen der Militärverwaltung und den Besatzungskräften in Angola
8.1 Grenzüberschreitende Delikte der angolanischen Besatzung
8.2 Machtkampf zwischen den Mbukushu-Häuptlingen auf beiden Seiten des Flusses
8.3 Konflikt zwischen Hompa Nyangana und dem Kommandeur von Fort Dirico
8.4 Leutnant Hahn wird in spezifischer Mission zum Kavangoland geschickt
8.5 Erneute Klagen der Portugiesen gegen Kandjimi
8.6 Browniee besucht zum ersten Mal den Osten der Kavango-Region
8.7 Ignoranz der Regierungsvertreter gegenüber dem despotischen Verhalten des Mbukushu-Häuptlings
9. Sperrung der Kavango-Region für Privatpersonen und Vieh
9.1 Definition und Begründung der Maßnahme
9.2 Übertretung des Sperrgesetzes durch Händler und strafrechtliche Folgen
9.2.1 Karl Angebauer
9.2.2 Magnus Planert und Karl Raif
9.2.3 Planert wieder in Nkurenkuru, diesmal mit Westermann
9.2.4 Wilhelm Mattenklodt
10. Ausklang der militärischen Besazungszeit in der Kavango-Region
10.1 Ausrichtung von offiziellen Friedensfeiem durch Magistrat Gage 1919
10.2 Kamelpatrouille unter Colonel Kirkpatrick
10.3 Die Militärbesatzung wird durch eine zivile Verwaltung abgelöst

Anhang zu Teil I:
1. Bedingungen des Friedensvertrages von Khorab
2. Übereinkommen zwischen Maritz und dem Gouverneur von Deutsch SWA

Teil II
Die frühe Mandatszeit 1920-1936
Ereignisse und Entwicklungen im Okavango-Reservat
1. Südwestafrika wird Mandat der Südafrikanischen Union
2. Nkurenkuru als Verwaltungszentrum des Okavango-Reservats
3. Officers in Charge ofNative Affairs, die in Nkurenkuru stationiert waren
3.1 Leutnant F. Robarts
3.2 Rene Dickman
3.3 Sanitäter Roger Carr
3.4 Captain Noel Gabillet
3.5 Sanitäter H.J. Anderson
3.6 Captain E.I. Nelson
3.7 H.L.P. (Harold) Eedes
4. Eine effektive Polizeipatrouille 1925/26
5. Aspekte der Verwaltung während der frühen Mandatszeit
5.1 Veränderung der Grenzen des Okavango-Reservats
5.2 Aufgabenbereich der Kommissare und Verhaltensvorschriften
5.3 Rechte und Pflichten der traditionellen Führer
5.4 Die einheimische Polizei
6. Verbot bestimmter traditioneller Praktiken
6. l Sklavenhaltung
6.2 Zauberwesen
6.3 Kinderprostitution und Ehemoral
6.4 Anbau und Handel von Dagga
6.5 Waffenbesitz
7. Bevölkerungsbewegung und Zensus
8. Wirtschaftliche Situation in der frühen Mandatszeit
8.1 Steuern und Stammesfond
8.2 Wanderarbeiter
8.3 Ackerbau und Viehhaltung
8.4 Handel und materielle Kultur
8.5 Transport und Wege
9. Resümee über 15 Jahre Mandatspolitik im Okavango-Reservat

Anhang zu Teil II:
Mandate for German South West Africa
Bibliographie
Archivquellen
Namens- und Ortsregister