Begegnung mit einer Vergessenen

Debütroman porträtiert zwei starke und freiheitsliebende Frauen auf dem Weg zu sich selbst
Schuster, Anne
26068
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19,90 € *

Autorin: Anne Schuster
Übersetzung: Bettina Weiss
kalliope paperbacks
Heidelberg, 2008
ISBN: 978-3-9810798-3-8
Kartoneinband, Schutzumschlag, 13x19 cm, 212 Seiten


Beschreibung:

»Draußen vor dem Fenster wartet die Nacht darauf, dass ich sterbe.«

So beginnt Marias schicksalhafte Erzählung. Die sechsfache Mutter, die zuvor versucht hat, sich aus ihrer einengenden Ehe und den starren gesellschaftlichen Konventionen des 19. Jahrhunderts zu befreien, verbringt ihr letztes Lebensjahr in der psychiatrischen Anstalt, ihrer Sprache beraubt, der Körper gelähmt. Wer wird ihr zuhören, wenn sie sich erinnert?

Der fesselnde Debütroman der südafrikanischen Autorin Anne Schuster porträtiert zwei starke und freiheitsliebende Frauen auf dem Weg zu sich selbst: Maria Jacoba Schultz und ihre Urenkelin Anna Bertrand, die das Schweigen über Maria nicht zur Ruhe kommen lässt. Anna versucht, Stück für Stück dem Schicksal ihrer Urgroßmutter auf die Spur zu kommen und erkennt dabei, was in ihrem eigenen Leben wirklich wichtig ist.

Begegnung mit einer Vergessenen ist ein zeitloses, mutiges Buch über Moral und Macht, den Kampf der Geschlechter und die Selbstbestimmung der Frau – damals wie heute.

Das 'Oprah Magazine' schreibt: »Jedes Kapitel birgt eine Schatzkiste voller Juwelen; es entfaltet sich eine schillernde Erzählung.«


Über die Autorin:

Anne Schuster wurde 1947 in Johannesburg geboren und lebt in Kapstadt. Sie unterrichtet kreatives Schreiben und leitet Workshops u.a. für die Summer School der Universität von Kapstadt und für das African Gender Institute. Das National Arts Council würdigte ihren Debütroman Foolish Delusions (2005) mit einer finanziellen Unterstützung.

Weitere Veröffentlichungen: Time of the Stilted People (1993) sowie Beispiele der literarischen Arbeiten der Workshop-Teilnehmerinnen in drei Bänden: A Woman Sits Down to Write (2003), Women Flashing (2005) und Living on the Fence (2007).


Einleitung:

Liebe Maria,
ein Gefühl der Ehrfurcht befiel mich, als mir dieses riesige, modrig riechende Buch, das Aufnahmebuch der Psychiatrischen Anstalt Valkenberg, übergeben wurde. Die zierliche Handschrift sieht in der Tat so aus, als sei sie über hundert Jahre alt. Es ist faszinierend, in den Seiten mit all diesen Namen und Details über reale Personen zu blättern und dann deinen Namen, Maria, zu finden ...

Anna lebt im heutigen Kapstadt und schreibt Briefe in die Vergangenheit an ihre Urgroßmutter Maria. Dabei stößt sie bei ihrer Ahnenforschung in den Archiven auf ein lang verschwiegenes Familiengeheimnis. Mehr und mehr wird Anna durch die Umstände, die dazu geführt haben, Maria in die Psychiatrie abzuschieben, in ihren Bann gezogen.

Fakten und Fiktion beginnen sich in Annas und Marias Erzählungen zu vermischen, denn auch Marias Stimme ist zu hören. Gelähmt und stumm wandert sie im Geiste zurück und versucht herauszufinden, was sie ans Bett fesselte. Dieses Sich-Erinnern, die Begegnung mit dem, was sie vergessen wollte, legt den roten Faden frei, der sich durch beider Leben zieht: Indem Anna Marias Geschichte zu Ende erzählt, erzählt sie ihre eigene.

Das Thema dieses außergewöhnlichen Romans ist aber nicht nur das Schicksal zweier Frauen, die sich nie kennengelernt haben, sondern auch das autobiografische Schreiben an sich. Die Übungsblätter, die gezielt in die Erzählstruktur integriert sind, laden die Leser dazu ein, sich mit der eigenen Biografie schriftlich auseinanderzusetzen. Annas Schreibversuche zeigen, dass dies ein aufregendes Experiment sein kann!

Geschichten verlaufen zyklisch,
sie bewegen sich nicht auf einer Geraden.
Es hilft also, wenn man den Kreisen lauscht.
Innerhalb einer Geschichte findet sich eine weitere Geschichte,
finden sich Geschichten zwischen anderen Geschichten,
und den Weg durch dieses Labyrinth zu finden,
ist genauso einfach und schwer
wie den Weg nach Hause zu finden.
Das Verirren gehört zum Finden des Weges dazu,
und wenn man sich verirrt hat,
fängt man an, sich umzusehen
und zu lauschen.

Corey Fischer, Albert Greenberg und Naomi Newman: Coming from a Great Distance


Eins

Wurzelspuren

Vielleicht sind wir wie Steine.
Dadurch, dass unsere eigene Vergangenheit
und die der Welt in uns verankert ist,
Besitzen wir tief in unserem Inneren eine Geschichte,
und wir können erst weinen,
wenn diese Vergangenheit besungen wird.

Susan Griffin, A Chorus of Stones

Irrenanstalt Valkenberg Dienstag, 17. Juni 1894

Draußen vor dem Fenster wartet die Nacht darauf, dass ich sterbe. Die Luft riecht nach Regen, nassem Laub und Lavendel; sie vermischt sich hier drinnen mit dem Desinfektionsmittel, der Karbolseife, die sie benutzen, um alles zu schrubben - Wände, Böden, Wäsche, Bettzeug, ja sogar uns. Eine Eule übertönt das monotone Quaken der Frösche. Regen tropft von den kahlen Weinranken. Ist dies mein letzter Winter am Kap?

Eines Nachts wird kein weiterer Tag folgen, der an den Rändern der Fensterscheiben ausharrt und darauf wartet, sein trübes Licht in die Station sickern zu lassen und unsere Körper zu berühren, während wir hier liegen, erschöpft durch die endlos dunklen Stunden. Die Station ist seltsam still heute Nacht

Selbst Dorothy, deren Nächte ebenso ruhelos sind wie ihre Tage, liegt ruhig da. Immer um diese nächtliche Stunde scheinen die Geräusche in einem Tal tiefen Schweigens zu versinken, um dann ihr Echo in die Nacht hinauszuschicken. Das Gebäude ächzt wie die ruhelosen Seelen auf seinen Stationen. Alle kämpfen sich, zur Nacht gebettet, durch die langen Stunden.

Wenn sie Glück haben, drängen ihre Erinnerungen durch den schützenden Mantel ihrer Träume empor, oder sie liegen wach, so wie ich, gequält vom unablässigen Kreisen der Gedanken und dem Druck auf ihren Seelen. Es heißt, dass die Menschen oft zwischen zwei und vier Uhr morgens sterben; das jedoch gelingt mir nicht.

Nacht für Nacht liege ich hier, bereit - und weiß Gott, auch mehr als willens -, und lausche darauf, dass mein Herz aufhört zu schlagen. Werde ich meinen letzten Atemzug spüren? Wird der letzte Herzschlag einen besonderen Klang haben? Ist es schon dieser? Oder vielleicht dieser?

Als ich ein Kind war und in dem großen, dunklen Haus in meinem Zimmer am Ende des langen Ganges lag, fürchtete ich mich immer vor dem Sterben. Ich fragte mich schon damals, was die Herzschläge und Atemzüge unaufhörlich aufeinanderfolgen ließ. Angstvoll lauschte ich auf den besonderen Klang des letzten Herzschlags. Jetzt sehne ich mich danach zu sterben. Doch immer wieder mache ich einen weiteren Zug, ziehe den Atem in meinen widerstrebenden Körper hinein.

Der Schlaf stellt sich bei Sterbenden nicht so leicht ein. Nicht, wenn der Schmerz am Leben bleiben zu müssen, in der Kehle festsitzt, wie eine Geschichte, die erzählt werden muss. Wir hier sind gequälte Seelen, weggeschoben und vergessen, damit wir das harmonische Leben der normalen Welt und das Leben unserer Familien nicht stören.

Für manche spiegelt sich diese Bedrohung in den Augen derer wider, die an Besuchstagen zögernd zu uns hereinschleichen. Andere, wie Dorothy und ich, müssen dies nicht ertragen, ebensowenig wie die schuldbewusste Erleichterung auf den Gesichtern der Familien, wenn sie wieder gehen können.

Nur zwei meiner Kinder haben mich hier einmal besucht. John, mein ältester Sohn, und die kleine Georgina. John, so glaube ich, weil er sich dafür verantwortlich fühlte, dass ich hier bin, und Georgina, meine arme Georgina, um die Mutter zu finden, die sie verloren hat. John, dessen Kragen ihm die Luft abdrückte, war beherrscht und sehr korrekt, während Georgina einfach nur meine Hand hielt und weinte.

Ich schaffte es noch nicht einmal, die ihre zu drücken, um ihr zu zeigen, dass ich, obwohl mein Körper gelähmt ist, immer noch da war. Sie konnten doch ganz sicher die Stimme in meinem Kopf hören, die ihnen sagte, dass ich immer noch sehen, hören und fühlen kann, auch wenn ich hier stumm und bewegungslos liege?

Als sie gingen, wusste ich, dass sie nicht wiederkommen würden. Ihr Abschied hatte etwas Endgültiges. In ihren Augen sah ich das Bild, das sie von mir hatten - eine mitleiderregende Frau, weggesperrt, zusammen mit all den anderen traurigen weiblichen Gestalten. Eine Frau - ihre Mutter - die ihren Vater getötet hatte.

Doch habe ich Traugott wirklich getötet? Warum kann ich mich nicht erinnern? Ich sehe ihn noch am Schreibtisch in der Hotellounge sitzen, sein schwerer Körper war zur Seite gesackt. Das Blut sickerte aus einer Halswunde auf seine weiße, gestärkte Hemdbrust. Und ich stand über ihm, ein Tranchiermesser in der Hand.

War ich wirklich dazu fähig gewesen, ihm das Messer in den Körper zu stoßen? Hatte ich das wirklich tun können? Und bin ich jetzt dazu verdammt, jede Nacht hier zu liegen, weder schlafen noch sterben zu können, so lange, bis ich mich daran erinnere? Und wenn ich mich erinnere, wer wird dann bei mir sein, um meine Geschichte zu hören?

Übung 1 - Wurzelspuren

Eine Autobiografie ist nicht die Geschichte eines Lebens; sie ist die Neuschöpfung oder das Entdecken eines Lebens. Indem wir Erlebtes aufschreiben, erschließt es sich uns, und beim Schreiben entwerfen wir das Muster, das wir gelebt zu haben scheinen. Mit einem Wort: Eine Autobiografie ist eine Bilanz. Carolyn G. Heilbrun, The Education of a Woman

Eine Autobiografie ist die Aufzeichnung einer Reise, um den Kurs zu entdecken, den ein Leben genommen hat. Sie lässt die Geschichte einer Reise wieder aufleben und während man diese Geschichte niederschreibt, erschafft man sich selbst neu. Wir brauchen Mut, um uns die Geschichten, die in uns geschlummert haben - manchmal seit Jahren oder gar Jahrhunderten -, ins Bewusstsein zu rufen. Wir brauchen Mut, um in unsere Erinnerungen und in die Tiefen unseres Gedächtnisses abzutauchen, um die Geheimnisse derer zu entdecken, die ihre Spuren in uns hinterlassen haben. Wir brauchen Mut, um den Schmerz des Entdeckens zu ertragen.

Wir brauchen auch Mut, um Grenzen zu überschreiten, um schreibend Barrieren in uns selbst zu überwinden. Wir brauchen Mut, um uns an den Rand des uns vertrauten Terrains zu wagen. Um dies zu tun, müssen wir mit leichtem Gepäck reisen, ohne Raffinesse, ohne List oder den Wunsch zu imponieren.

Der Anstoß zum Schreiben kommt selten als Absicht oder als klarer Plan. Stattdessen offenbart er sich als eine „dringende Herzensangelegenheit". Deena Metzger behauptet, dass dies der Augenblick sei, mit dem Schreiben zu beginnen: „Schreiben Sie, egal was. Versuchen Sie nicht, schon im Voraus festzulegen, was es sein soll; nennen Sie es nicht ein Theaterstück oder Gedicht oder einen Essay oder Roman. Erwarten Sie nicht, dass es eine bestimmte Form hat oder korrekt geschrieben ist oder in ganzen Sätzen daherkommt. Schreiben Sie einfach nur ..."

• Stellen Sie sich vor und beschreiben Sie eine Erinnerung, eine Szene aus Ihrem Leben, die etwas darüber aussagt, wer Sie sind.
• Beschreiben Sie eine ganze persönliche Erinnerung; eine, die nur Sie selbst kennen.
• Woher kommen Sie? Wo liegen Ihre Wurzeln? Wer sind Ihre Vorfahren? Finden Sie einen Ahnen, über den Sie wenig wissen. Entwickeln Sie eine Beziehung zu ihr/ihm.

Anna Bertrand, Kapstadt 2004

Mein Name ist Anna Bertrand. Ich bin am 11. Dezember 1947 in Johannesburg, Südafrika, geboren, also sechsundfünfzig Jahre alt.

Im Women's Resource Centre, einem Aktions- und Informationszentrum für Frauen, stieß ich zufällig auf dieses Lehrbuch: „Schreibe die Geschichten deines Lebens". Ich beschloss, es Übung für Übung durchzuarbeiten. Ich bin schon mein ganzes Leben lang eine heimliche Schriftstellerin gewesen und schreibe Gedichte und Geschichten, wenn mich Dinge stark berühren.

Seit Kurzem habe ich das Bedürfnis, mein Schreiben ernster zu nehmen und vielleicht entwickele ich sogar genug Selbstvertrauen, um es anderen zu zeigen. Auch möchte ich über mein Leben reflektieren, möchte mich besser verstehen. Welche Muster prägen mein Leben?

Und können diese für meine Zukunft richtungsweisend sein? Es ist ein warmer, ruhiger Tag. Ein Sonntagnachmittag im Johannesburger Vorort Parkview in den fünfziger Jahren. Bäume, Vögel und Dienstmädchen - in Schürzen und mit einem doek auf dem Kopf, die in ihrer Freizeit auf den gepflegten grünen Gehwegen vor den Häusern sitzen.

Ich bin zehn Jahre alt. Schon den ganzen Tag bin ich draußen im Garten und spiele auf meinen beiden Bäumen. Zuerst auf der hohen Kiefer hinter dem Haus. Ich sitze hoch oben in den Ästen, umgeben vom scharfen Geruch des Kiefernharzes, mit klebrigen Flecken an den Händen und weißen Kratzspuren an Armen und Beinen. Nach dem Mittagessen klettere ich auf den Baum im Vorgarten, auf einenausladenden Flieder, von dem ein Seil hängt, das zwischen zwei Torpfosten baumelt.

Ich habe daran gefeilt, meinen Schwungbogen vom einen zum anderen Pfosten zu perfektionieren. Ich stehe oben auf einem Pfosten, greife das Seil und schwinge durch die Luft wie ein Adler, der im Sturzflug eine Schlucht überquert. Ich lande sicher und ohne zu straucheln auf dem gegenüberliegenden Pfosten. Dann wieder zurück und noch einmal von vorn.

Die Gäste meiner Eltern kommen zum Nachmittagstee. Sie haben Gillian mitgebracht. Sie ist ein Jahr jünger als ich. »Nimm Gillian mit und geht im Garten spielen.« Ich zeige ihr das Seil und führe ihr den Adlerschwung vor. Dann helfe ich ihr, auf einen der Pfosten hinaufzuklettern. Sie greift nach dem Seil, die Schleife in ihrem Haar ist weiß und steif vor Angst.

»Du musst dich fest abstoßen«, sage ich. Ihre Hände rutschen an dem Seil herunter und sie prallt mit dem Gesicht gegen den Pfosten auf der anderen Seite.

Schreie, Blut und Erwachsene, die den Weg von der Veranda herbeieilen, Gillian ins Auto verfrachten und mit ihr zum Arzt rasen - sie hat eine Platzwunde am Kinn. Ihre Eltern machen mir Vorwürfe: »Wie konntest du das nur zulassen? Sie ist doch noch ein kleines Mädchen!«

Ich bin vier. Meine Brüder und ich verbringen drei Monate bei meinen Großeltern, während meine Eltern auf einer Urlaubsreise im Ausland sind. Am Tag ihrer Rückkehr holen wir sie am Flughafen ab. Wir stehen früh auf und starten bei Dunkelheit und Kälte - meine Großmutter, mein Großvater, mein ältester Bruder William, klug und ernsthaft mit seiner großen Brille, und mein Bruder Charles, der sich vordrängt, um als Erster bei unseren Eltern zu sein.

Als sie durch die Tür der Ankunftshalle kommen, erkenne ich meinen Vater, nicht aber die Frau neben ihm, meine Mutter. Niemand außer mir scheint etwas merkwürdig zu finden, aber ich habe diese Person noch nie gesehen. Die nächsten Tage folge ich ihr durchs Haus und versuche, sie wiederzuerkennen, versuche, die Erinnerung an sie in mir zu finden. Aber es gelingt mir nicht.

Mit der Zeit bleibt sie mir jedoch weniger fremd und allmählich entsteht eine Beziehung zu ihr. Jetzt, nachdem über fünfzig Jahre vergangen sind, schaue ich in den Spiegel, und langsam erkenne ich sie. Ich sehe sie in der Form meines Gesichts entstehen, in der Art, wie sich meine Mundwinkel nach unten ziehen. Ich beobachte, wie mein eigenes Gesicht verschwindet und das ihre auftaucht.

Vielleicht verlieren wir alle unsere Mütter irgendwann, um sie dann wiederzufinden, wenn sie uns nach und nach aus dem Spiegel entgegenstarren. Ich habe zwei Brüder, William und Charles Bertrand. Unser Vater, Harry Bertrand, heiratete unsere Mutter, May Davies, 1939. Die Eltern meiner Mutter sind nicht in Südafrika geboren - ihr Vater, David Davies, kam aus Wales, und ihre Mutter, Eva Green, wurde in Australien geboren. Ich konnte bisher mütterlicherseits keine weiter zurückliegenden Fakten finden.

Der Vater meines Vaters hieß Hermann Bertrand, geboren in Kapstadt. Mir wurde erzählt, dass mein Großvater seinen Nachnamen von Schultz in Bertrand, den Mädchennamen seiner Mutter, geändert hatte. Das war während des Ersten Weltkrieges, als südafrikanische Truppen gegen die Deutschen kämpfen mussten und es in Kapstadt hätte gefährlich werden können, einen deutschen Namen zu tragen.

Die Mutter meines Vaters hieß Anna Piltz, geboren in Österreich. Ich konnte diesen Zweig meines Stammbaumes nicht weiter zurückverfolgen, aber die Eltern meines Großvaters Hermann waren Traugott Schultz, geboren in Deutschland, und Maria Bertrand, geboren in Kapstadt.

Liebe Maria,
ich bin deine Urenkelin, Anna Bertrand.

Es ist das Jahr 2004. Ich sitze gerade in der stillen, muffigen Atmosphäre des South African Archives in Kapstadt, um mehr über dich zu erfahren. Ich mache nämlich einen Kurs in autobiografischem Schreiben. Eine der Übungen der ersten Lektion besteht darin, dass ich etwas über meine Vorfahren herausfinden soll.

Eine beklemmende Grabesstille hängt über diesem Ort. Vor mir liegt ein Band, der eine Kopie deiner Sterbeurkunde enthält. […]