Herausgeber: DELK/Informationsausschuss der Ev.-Luth. Kirche in Namibia Verlag: Afrikanischer Heimatkalender Windhoek, 2005 Broschur, 17x24 cm, 151 Seiten, zahlreiche sw- und Farbfotos
Autoren: Siehe Aufstellung Schon seit 1930 erscheint der Afrikanische Heimatkalender jährlich ohne Unterbrechung und ist, abgesehen von einer relativ kurzen Phase äußerlicher Änderung, sich selber treu geblieben und versteht sich als ein Träger der christlichen Botschaft in Namibia und nimmt zeitgeistliche Strömungen bislang ausgewogen auf. Der Afrikanische Heimatkalender bietet seinen Lesern, traditionell den Deutschsprachigen im Lande, Erbauendes und Besinnliches als Lebenshilfe im Alltag, aber auch seit eh und je interessante und oft nur dort erschienene historische und aktuelle Beiträge zu Land und Leuten. Wir haben viele der letzten aber auch seltenen frühen Jahrgänge auf Lager und würden uns freuen, wenn Sie den Afrikanischen Heimatkalender einmal kennenlernen wollten. Es ist kein Geheimnis, daß auch eine Institution wie der Afrikanische Heimatkalender die Existenz seinen regelmäßigen Lesern und Anzeigenkunden verdankt und wir hoffen sehr, daß uns dieses so weit in die Geschichte zurück reichende Periodicum noch lange erhalten bleibt. - Autorenverzeichnis - Zum Geleit - Kalendarium: - Texte : Gleichnisse aus dem Neuen Testament der Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, revidierte Fassung von 1984, - Zeichnungen: von Schülern und Schülerinnen der Privatschule Swakopmund, der Deutschen Privatschule Grootfontein, der Deutschen Privatschule Omaruru und der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek - Günther Wittenberg, Bishopstowe/RSA: Die Führerrolle im Alten Testament - Manfred 0 Hinz, Windhoek: Traditional Authorities und demokratische Ordnung
- Willem Simon Hanse, Windhoek: Captain Rev Dr Hendrik Witbooi und die Verbindung von Religion und Politik
- Wolfgang Reith, Neuss: Das Königshaus Tjamuaha/Maharero und die Oberhäuptlingschaft bei den Herero (2. Teil)
- Helgard Patemann, Windhoek: Afrikanische Tradition, Christentum und rechtsstaatliche Demokratie: Grundlagen ethischer Orientierung in Namibia
- Sigrid von Hatten, Windhoek: Der Kreuzgang (Gedicht)
- Henning Melber, Uppsala: Macht und Minderheiten - Joachim Zeller, Berlin: Afrika(ner) in Berlin - Eine Spurensuche in Bilddokumenten
- Sigrid Schmidt, Hildesheim: Der Mensch und das Wetter Nama und Damara bitten um Regen (1. Teil)
- Erich Rust, Windhoek: Neuer Umgang mit dem Sterben
- Ute Fischer, Windhoek: Wie kommt die Kopie des verloren gegangenen Rubensbildes in die Christuskirche in Windhoek?
- Statistik In Südwestafrika war das Hererovolk nach dem Krieg von 1904 praktisch führerlos geworden. Sein Oberhäuptling befand sich im Exil, ebenso einige Häuptlinge; andere waren im Sandveld umgekommen, wieder andere waren im Kampf gefallen oder nach ihrer Gefangennahme von den Deutschen hingerichtet worden. Die Überlebenden aber wurden entmachtet und entrechtet, denn niemals mehr sollten die Herero von Häuptlingen regiert werden, was nur durch eine Zerschlagung ihrer bisherigen Herrschaftsstrukturen gewährleistet schien. So gab es in den Ansiedlungen der Herero hinfort nur noch „headmen" (Vormänner), eine Art Älteste, die Sprecher und Ansprechpartner gegenüber der Kolonialverwaltung waren. Als 1915 die Südafrikaner die Administration im Land übernahmen, schöpften viele Herero Hoffnung auf Rückkehr und Wiedereinsetzung ihres Oberhäuptlings Samuel Maharero. Dies lag jedoch nicht im Interesse einiger Headmen, die dadurch befürchteten, ihre inzwischen erworbene Machtposition - selbst wenn diese mit der eines Häuptlings nicht zu vergleichen war - wieder einzubüßen. Als sich 1916 auch der Windhoeker Headman (Vormann) Gerhard Kamaheke in diesem Sinne äußert, findet er in Hosea Kutako einen Gegensprecher. Dieser ergreift nämlich Partei für Samuel Maharero, den er nach wie vor - trotz seines Aufenthaltes im Exil - als rechtmäßigen Oberhäuptling des Hererovolkes betrachtet. Diese Ansicht wird offensichtlich von der Mehrheit der Windhoeker Herero geteilt, denn schon im Jahr darauf wird Hosea Kutako zum neuen Headman gewählt. Und weil Samuel Maharero ihn inzwischen schriftlich gebeten hatte, sich seines Volkes anzunehmen, geht man noch einen Schritt weiter, indem man ihn zugleich zum Regenten aller Herero in Südwestafrika bestimmt, der diese Funktion bis zur Wiederkehr des Oberhäuptlings ausüben soll. Eine Wahl zum „Paramount Chief" (Oberhäuptling) war deshalb nicht möglich, weil die südafrikanische Administration - ebenso wie schon zuvor die deutsche Kolonialverwaltung - ja keine Häuptlinge mehr zuließ, sondern nurmehr den Titel Headman bzw. Senior Headman akzeptierte. So wurde Hosea Kutako denn am 1. November 1917 offiziell zum „Headman of the Herero of Windhoek and Klein Windhoek" ernannt, wobei die Administration ihn zugleich als Sprecher aller Herero betrachtete. 1919 stimmte Samuel Maharero im Exil der Statthalterschaft Hosea Kutakos zu, und 1920 entsandte er seinen ältesten Sohn, Friedrich, nach Südwestafrika, der im Februar 1921 im Namen seines Vaters seine Hände auf Hosea Kutako legte, wodurch dieser symbolisch den Segen als „Stuhlhalter" des Oberhäuptlings und damit als „Acting Chief of the Herero" erhielt. Ein halbes Jahrhundert lang sollte er nun die Geschicke des Hererovolkes bestimmen. Als nach dem Tode und der Beisetzung Samuel Mahareros deutlich wurde, dass Hosea Kutako die unangefochtene Führungsrolle unter den Herero genoss und er sich überdies loyal gegenüber der Windhoeker Administration verhielt, ernannte diese ihn am 1. Juli 1925 zum „Senior Headman of the Herero" und damit zum Sprecher aller Herero in Südwestafrika. Außerdem wurde er Headman des Aminuis-Reservates, in das er im selben Jahr umgezogen war. Geboren wurde Hosea Kutako (Herero-Name: Katjikururume) um 1870 in Okakurimehe bei Etjo in der Nähe von Kalkfeld. Er wuchs im Kral seines Vaters, Mutanga, bei Omburo auf, der dort als Evangelist bei der Rheinischen Mission wirkte. Seine Mutter, Ngurao, war mit Samuel Maharero verwandt. Im Alter von acht Jahren besuchte Hosea deshalb die Missionsschule in Omburo, in den neunziger Jahren zog er in den Kral Samuel Mahareros nach Okahandja. Er nahm am Krieg 1904 teil, befehligte u.a. 150 Krieger beim Überfall auf Okahandja und wurde zweimal verwundet. Nach dem Ende der Kämpfe blieb er in Südwestafrika, wurde von den Deutschen gefangengenommen und in einem Sammellager bei Omaruru interniert, aus dem es ihm nach drei Jahren gelang zu fliehen. 1911 kam Hosea Kutako nach Windhoek, arbeitete dort zunächst als Vormann bei der Eisenbahn und war dann als Buchbinder beim deutschen Gouvernement tätig. 1918 siedelte er nach Orumbo am Weißen Nossob über, 1925 zog er schließlich - wie bereits erwähnt - nach Toasis ins Aminuis-Reservat um. Hosea war dreimal verheiratet - seine erste Frau, Natalia, starb während seiner Internierung - und hatte mindestens neun Kinder, die jedoch allesamt vor ihm starben, so dass er keine eigenen Nachkommen hinterließ. Hosea Kutakos erstes großes Auftreten in der Öffentlichkeit kam mit der Beisetzung Samuel Mahareros. Dieser war, wie oben beschrieben, ja am 14. März 1923 im Exil im Betschuanaland gestorben. Zuvor hatte er den Wunsch geäußert, an der Seite seines Vaters und Großvaters in Okahandja beerdigt zu werden. Nachdem alle bürokratischen Hürden genommen waren und die südafrikanische Administration ihre Zustimmung erteilt hatte, stand der Überführung des Sarges mit dem Leichnam des Verstorbenen nichts mehr im Wege. Bereits Anfang April 1923 hatte ein Bote die Kunde vom Ableben des Oberhäuptlings nach Okahandja gebracht. Traugott Maharero, der sich als Sohn Mahareros und seiner Nebenfrau Tjaumbana - und damit als (ältester) Halbbruder Samuels - als Repräsentant der Häuptlingsdynastie Tjamuaha/ Maharero in Südwestafrika betrachtete (er war überdies zu der Zeit auch Headman der Herero in Okahandja), sorgte nun dafür, dass die Todesnachricht so schnell wie möglich Verbreitung fand. Als feststand, dass die Beisetzung in Okahandja stattfinden sollte, wurden umgehend alle notwendigen Vorbereitungen getroffen. Am 19. August 1923 verließ der Sarg mit den sterblichen Überresten Samuel Mahareros per Bahn das Betschuanaland, begleitet von den beiden ältesten Söhnen des Toten, Friedrich und Alfred, sowie sechs weiteren Herero. Vier Tage später traf man in Okahandja ein. Ursprünglich sollte das Begräbnis schon am folgenden Tage stattfinden, doch verschob man es auf den 26. August, einen Sonntag, weil die Herero hofften, dass an einem freien Tag noch mehr Menschen erscheinen würden. Hosea Kutako, Statthalter des Oberhäuptlings und anerkannter Führer des Hererovolkes in Südwestafrika, leitete als Zeremonienmeister die Feierlichkeiten, den Trauergottesdienst hielt Missionar Dr. Heinrich Vedder ab. Es waren ungefähr 3.000 Herero anwesend, darunter 170 zu Pferde, außerdem rund 100 Weiße, wobei Friedrich Maharero die Anwesenheit Deutscher - mit Ausnahme der Missionare - ausdrücklich für unerwünscht erklärt hatte. Als Vertreter des Administrators verlas der Sekretär für Südwestafrika, P.F. Courtney Clarke, dessen Rede. Die meisten Herero waren in deutsche Schutztruppen-Uniformen gekleidet und hielten militärische Paraden ab, bei denen deutsche Befehle erschallten, was Friedrich Maharero zunächst sichtlich irritierte und missfiel. Gleichwohl geschah dies weniger aus einer deutschfreundlichen Haltung heraus, sondern man wollte den Toten vielmehr mit allen militärischen Ehren beisetzen, und die einzigen Vorbilder, die den Herero dafür zur Verfügung standen, waren nun mal die Trauerfeierlichkeiten für gefallene oder verstorbene deutsche Schutztruppen-Offiziere, die sie in früheren Jahren gesehen hatten und die sie nun nachahmten. Diese sogenannte „Truppenspieler-Bewegung", deren Anfänge bereits in den Jahren zuvor lagen, war es denn auch, die seither bis heute jährlich den Hererotag in Okahandja ausrichtet, der stets am Sonntag nach dem 23. August stattfindet und an dem der verstorbenen Häuptlinge an deren Gräbern gedacht wird. Das militärische Zeremoniell, das dabei veranstaltet wird, erinnert eben an die Beisetzungsfeierlichkeiten für Samuel Maharero im Jahre 1923. Bei soviel deutschen Militärbräuchen wünschte sich Friedrich Maharero denn wenigstens eine britische Flagge, mit welcher der Sarg seines Vaters bedeckt werden sollte, was dann auch geschah. Er begründete dies damit, dass der Oberhäuptling unter dem Union Jack gestorben sei und dass inzwischen ja auch Südwestafrika unter dieser Flagge regiert werde. [...]
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