Afrikanischer Heimatkalender 2006

Seit 1930 Botschafter christlicher Werte mit vielen interessanten Beiträgen
DELK
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Afrikanischer Heimatkalender 2006

Autoren: Siehe Inhaltsverzeichnis
Herausgeber: DELK/Informationsausschuss der Ev.-Luth. Kirche in Namibia
Verlag: Afrikanischer Heimatkalender
Windhoek, 2005
ISBN: 99916-774-6-1(Namibia)
ISBN: 3-936858-86-1(Deutschland)
Broschur, 17x24 cm, 112 Seiten, zahlreiche sw- und Farbfotos


Hinweis:

Schon seit 1930 erscheint der Afrikanische Heimatkalender jährlich ohne Unterbrechung und ist, abgesehen von einer relativ kurzen Phase äußerlicher Änderung, sich selber treu geblieben und versteht sich als ein Träger der christlichen Botschaft in Namibia und nahm zeitgeistliche Strömungen bislang ausgewogen auf.

Der Afrikanische Heimatkalender bietet seinen Lesern, traditionell den Deutschsprachigen im Lande, Erbauendes und Besinnliches als Lebenshilfe im Alltag, aber auch seit eh und je interessante und oft nur dort erschienene historische und aktuelle Beiträge zu Land und Leuten.

Wir haben viele der letzten aber auch seltenen frühen Jahrgänge auf Lager und würden uns freuen, wenn Sie den Afrikanischen Heimatkalender einmal kennenlernen wollten.

Es ist kein Geheimnis, daß auch eine Institution wie der Afrikanische Heimatkalender die Existenz seinen regelmäßigen Lesern und Anzeigenkunden verdankt und wir hoffen sehr, daß uns dieses so weit in die Geschichte zurück reichende Periodicum noch lange erhalten bleibt.

 

Inhaltsverzeichnis:

Autorenverzeichnis
Zum Geleit
Kalendarium:
Meditationen zu den Monatssprüchen des Jahres 2006
Volker Faigle, Berlin:
„Lass alle, die regieren, ihr Amt getreulich führen", Weltverantwortung als Auftrag der Kirche
Veronica de Klerk, Windhoek:
Was haben Namibias Frauen 15 Jahre nach der Unabhängigkeit erreicht?
Bertchen Kohrs, Windhoek:
"Earthlife", eine umweltorientierte Nicht-Regierungs-Organisation (NGO)
Samson Ndeikwila, Windhoek:
"Forum For the Future" (FFF) - eine Organisation für freie Meinungsäußerung in Namibia
Dieter Esslinger, Windhoek:
Die Deutschnamibier im Spannungsfeld zwischen Vergangenheitserhaltung und Zukunftsgestaltung
Henning Melber, Uppsala:
Namibias Zivilgesellschaft
Edgar Hälbich, Göppingen:
100 Jahre danach: Der Deutsch-Herero-Krieg in den deutschen Medien
Wolfgang Reith, Neuss:
„ ... nie Streit und Hader der Rassen untereinander" - Beobachtungen des legendären Kapitäns James Cook in Südafrika
Sigrid Schmidt, Hildesheim:
Der Mensch und das Wetter, 2. Teil, Gebräuche der Nama und Damara zur Gewitterabwehr
Statistik


Zum Geleit:

Nun haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, wieder den Afrikanischen Heimatkalender in der Hand. In der Anrede merken Sie schon, dass wir als Redaktionsteam einen festen Leserkreis im Blick haben, wenn wir uns Gedanken darüber machen, welche Themen wir in den Kalender aufnehmen wollen.

Als Schwerpunkt finden Sie zu Beginn einen Aufsatz, dessen Inhalt zu bedenken, immer aktuell ist. In jeder Gemeinschaft ist es wichtig, dass Menschen sich für das Wohl der Gemeinschaft einsetzen. Finden sich mehrere Menschen zusammen, wird daraus eine Bewegung oder später auch eine Institution.

Welche Rolle die Kirche innerhalb der gesellschaftlichen Verantwortung haben soll (kann), darüber schreibt Herr Oberkirchenrat Dr. Volker Faigle aus Berlin. In drei Beiträgen von aktiven Bürgern und Bürgerinnen in Namibia lesen Sie Informationen über Aktivitäten von Bürgerinitiativen, die sich für bestimmte Bereiche in unserer Gesellschaft einsetzen. Die Direktorin des "Women's Action for Development" Veronica de Klerk gibt Einsicht in Projekte dieser Organisation. Pastor Samson Ndeikwila schreibt von der Arbeit des "Forum for the Future". Die Notwendigkeit des Umweltschutzes kommt im Beitrag von Frau Bertchen Kohrs zur Sprache.

Herr Dieter Esslinger nimmt in seinem Artikel das wichtige kulturelle Engagement von Organisationen auf, die sich um die Erhaltung von deutscher Sprache und Kultur in Namibia bemühen. Es handelt sich dabei um die drei zivilgesellschaftlichen Organisationen: Die Namibisch-deutsche Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit (NADS), die Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia (AGDS) und den Deutschen Kulturrat (DKR).

Dank sei Frau Erika von Wietersheim für die Übersetzung der ursprünglich englischsprachigen Beiträge. Herr Dr. Henning Melber vertieft die Schwerpunktthematik noch einmal in seinem Beitrag. Im Nachklang zu dem Thema, das uns im vergangenen Jahr bewegt hat, und das wir auch im Afrikanischen Heimatkalender 2005 in verschiedenen Aufsätzen bedacht haben, finden Sie eine interessante Zusammenstellung von Herrn Edgar Hälbich. Es geht in diesem Beitrag unter anderem darum, wie die Gedenkveranstaltung zum Widerstand der Herero gegen die deutsche Kolonialmacht in den Medien in Deutschland aufgenommen wurde.

Eine Fortsetzung der Ausführungen über Nama- und Damara-Bräuche finden Sie in dem Beitrag von Frau Dr. Sigrid Schmidt. Interessant ist die Geschichte von Captain James Cook, die Herr Wolfgang Reith uns zur Verfügung gestellt hat. Wir danken allen Laienpredigern und Laienpredigerinnen für ihre Beiträge zum Kalendarium. Den Sekretärinnen, Frau Anna-Luise Redecker und Frau Manuela Schmid dankt das Redaktionsteam für Schreibarbeiten und den Versand. Allen, die es möglich machen, den Heimatkalender durch die Anzeigen in finanziell erschwinglichem Rahmen verkaufen zu können, sei für die Unterstützung gedankt. Für diesen Arbeitsbereich ist Frau Uschi Preuer zuständig.

In bewährter Weise hat sich Frau Christiane Berger für die Erstellung des Afrikanischen Heimatkalenders für das Jahr 2006 verdient gemacht. Herr Dieter Esslinger hat neben seinem Beitrag auch im Redaktionsteam mitgearbeitet. Ich verabschiede mich als eines der drei Redaktionsmitglieder auf diesem Weg von Ihnen, liebe Leserinnen und liebe Leser. Zwölf Jahre konnte ich diese wichtige Aufgabe unserer Kirche mit gestalten. Ich meine, dass es auch in diesem Jahr wieder gelungen ist, eine lesenswerte, ja interessante Publikation vorzulegen. Meine Hoffnung ist, dass der Afrikanische Heimatkalender noch für viele Jahre erscheinen kann und immer wieder interessierte Leser und Leserinnen finden wird.

Im Namen der Redaktion Ihr Reinhard Keding
Bischof der ELKIN (DELK)


Die Deutschnamibier im Spannungsfeld zwischen Vergangenheitserhaltung und
Zukunftsgestaltung:

Die Deutschnamibier als Zivilgesellschaft

Der Begriff Zivilgesellschaft ist schillernd. Er bezeichnet alle Bemühungen, gesellschaftliche Ziele außerhalb der staatlichen, verfassungsmäßig legitimierten Strukturen zu erreichen. Bürgerrechtsbewegungen, außerparlamentarische Oppositionen, Bürgerinitiativen sind Formen der Zivilgesellschaft. Sie haben feste Ziele, sie wollen die Zustände verändern oder erhalten, und sie operieren parallel zu den politischen Parteien und Gremien und gelegentlich auch gegen diese. Ihre Legitimation beziehen sie einmal von den Mitgliedern, von deren Einsatz und finanzieller Unterstützung, und von dem Programm her, das aktuell und publikumswirksam sein muss. Bezeichnend ist, dass zivilgesellschaftliche Organisationen oftmals von Minderheiten oder von benachteiligten Gruppen ausgehen.

Zu den Minderheiten in Namibia zählen die Deutschsprachigen. Bis zur Unabhängigkeit 1990 gaben sie, zusammen mit den anderen Gruppen weißer Hautfarbe, vor allem den Afrikanern (Buren), den Ton an, allerdings schon damals nicht ohne Spannungen mit diesen. Damals entstanden die drei Organisationen, die hier beschrieben werden sollen. Nach der Unabhängigkeit verloren die Deutschnamibier ihre begrenzte politische Macht und ihre kulturelle Sonderstellung, und sie mussten sich als zweit-kleinste Sprachguppe Namibias (es gibt nur weniger tswanasprachige Namibier als deutschsprachige Namibier) auf dieselbe Ebene wie alle anderen namibischen Sprach- und Kulturgruppen einreihen.

Damit wandelten sich die Aufgaben und zusehends auch das Bild der deutschstämmigen Zivilgesellschaft Namibias. Im Spannungsfeld zwischen Vergangenheitserhaltung und Zukunftsgestaltung und zwischen apolitischem Vorgehen und Mitwirkung an der politischen Zukunft stehen diese drei Organisation. Sie werden von der deutschsprachigen Bevölkerung getragen, allerdings mit unterschiedlicher und in keinem Fall zahlenmäßig starker Beteiligung. Alle drei Körperschaften operieren innerhalb und aus der deutschsprachigen Tradition Namibias heraus. Aus räumlichen Gründen kann in diesem Beitrag nicht die Geschichte jeder Organisation beschrieben werden. Einzelheiten dazu finden sich in dem Band „Vom Schutzgebiet bis Namibia 2000", das im Klaus Hess Verlag (Göttingen) erschienen ist und auf dessen Angaben, neben den eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, der Verfasser diesen Beitrag stützt.

Kultur und Politik: Die Namibisch-Deutsche Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit

Die in diesem Aufsatz vorgestellten drei zivilgesellschaftlichen Organisationen Namibisch-Deutsche Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit (NaDS), die Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia (AGDS) und der Deutsche Kulturrat (DKR) residieren unter einem Dach im Estorff-Haus in der Fidel-Castro-Straße 1-5 im Zentrum Windhoeks, dessen Hausherr die NaDS ist. Von den drei genannten Organisationen hat die NaDS mit Abstand die bewegteste Geschichte.

ie Biographie der NaDS und der Interessengemeinschaft deutschsprachiger Südwester (IG), aus der die NaDS hervorgegangen ist, widerspiegelt die politische Entwicklung Namibias während der vergangenen knapp 30 Jahre und die Auseinandersetzung der Deutschnamibier mit dieser Entwicklung. Als zivilgesellschaftliche Körperschaft in Namibia und als kulturpolitische Organisation mussten sich die Vorstände beider Organisationen mit den politischen Entwicklungen und Persönlichkeiten in Namibia auseinandersetzen, zusätzlich waren sie auch auf die finanzielle und programmatische Unterstützung der Bundesregierung angewiesen.

Auf dem Gründungskongress der IG im Jahr 1977 wurden die Ziele in Paragraph 2.1 der Satzungen festgelegt: „Zweck der IG ist die Förderung und Vertretung gemeinsamer politischer, kultureller, sprachlicher, publizistischer und wirtschaftlicher Interessen."

Die IG war in den knapp 15 Jahren ihrer Existenz vor allem im politischen Bereich tätig. Dies geschah nicht unabhängig von politischen und anderen Vorgaben, aber ohne Lenkung von außerhalb. Die Finan-zierung der IG erfolgte über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Die Landesinteressen galten vorrangig vor den spezifisch deutschen sprach- und kulturpolitischen Belangen, obwohl letztere auch berücksichtigt werden sollten. So beteiligte sich die IG im Jahre 1979 an dem Arbeitskreis Deutsche Sprache und Kultur. In der sprachenpolitischen Szene konzentrierte sich die IG und später die NaDS auf die Förderung von Deutsch als Fremdsprache (DaF), während sich die AGDS laut ihren Satzungen um den muttersprachlichen Deutschunterricht (DaM) zu bemühen hatte.

„Wir sollten uns nicht in muttersprachliche Elfenbeintürme einschließen, sondern aktive, nach außen gerichtete Fremdsprachenpolitik betreiben", hieß es auf dem IG-Kongress 1987. Beide Organisationen, IG und AGDS, waren sich darin einig, dass der Erhalt der deutschen Sprache als Muttersprache der Deutschnamibier wesentlich davon abhängt, dass Deutsch als Fremdsprache gefördert wird; dieser Grundsatz gilt bis heute. Umgekehrt bietet die Deutschsprachigkeit Namibias, vor allem im Tourismussektor, Gelegenheiten für nicht deutschsprachige Namibier, Deutsch zu lernen und zu sprechen. So profitieren Schüler, die das Fach DaF belegen, von den deutschsprachigen Mitschülern, mit denen sie gemeinsam die Schule besuchen.

Die Verantwortlichen der IG bemühten sich mit großem Einsatz und persönlichen Opfern, von deutschnamibischer Seite zur Zukunftsgestaltung des sich auf die Unabhängigkeit hin bewegenden Namibias beizutragen, ohne in ein parteipolitisches Lager zu geraten. Ihre Begegnungen mit im Exil lebenden Führern der SWAPO wurden von Mitgliedern begrüßt und unterstützt, aber vor allem von Nichtmitgliedern kritisch beargwöhnt.

Um die kulturellen Aufgaben getrennt anzugehen, wurde auf dem 11. Jahreskongress der IG im August 1988 die Gründung der Namibisch-Deutschen Stiftung für kulturelle Zusammenarbeit unter der Trägerschaft der IG beschlossen. Die NaDS profitierte von den engen Kontakten zur Bundesregierung, die die IG schon immer gepflegt hatte. So begann die Tätigkeit der NaDS mit acht Sprachförderungs- und Kulturprojekten, die bis zu 90% aus dem Sonderfonds Südliches Afrika des Auswärtigen Amtes finanziert wurden. Im Bewusstsein der IG-Mitglieder und einer kleinen, aber interessierten Öffentlichkeit nahmen die gemütlichen Filmabende und die lebhaften Begegnungen zwischen Fremd- und Muttersprachlern im ehemaligen IG-Haus in der Bismarckstraße eine besondere Stellung ein.

Eine hervorragende Förderung des DaF-Unterrichts geschieht durch den jährlichen Sprachwettbewerb mit großzügigen Preisen (zweimal ein vierwöchiger Deutschlandaufenthalt einer Spenderorganisation), der seit 1987 von der NaDS ausgerichtet wird. Ferner hat sich die NaDS seit je um die Fortbildung von DaF-Lehrern bemüht, Lehrertreffen organisiert und sich schon vor der Unabhängigkeit erfolgreich um die Entsendung eines Fachberaters aus Deutschland über die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen bemüht.

Gegenwärtig bietet die NaDS eine Reihe von Deutschkursen für verschiedene Zielgruppen an, etwa für Mitglieder der Namibia Defence Force, die eine militärische Ausbildung in Deutschland absolvieren sollen. Anfangs planten und organisierten ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter alle Vorhaben und Projekte der IG und später der NaDS. Erst ab Mitte 1990 wurde eine bezahlte Halbtagskraft eingestellt. Später erforderte der Umfang der Arbeit weitere fest angestellte Mitarbeiter. Zur Zeit sind es drei ganztags- bzw. halbtags angestellte Fachkräfte.

Mit der Unabhängigkeit Namibias verlor die IG ihre auf die anfänglichen Zielsetzungen begründete Daseinsberechtigung. Einige Mitglieder wandten sich anderen Aufgaben zu und im Mai 1992 löste sich die IG auf. Damit wurde ein Kapitel intensiver, aufwändiger und anspruchsvoller zivilgesellschaftlicher Aktivität einiger Deutschnamibier abgeschlossen. Mit dem Deutsch-Namibischen Kulturabkommen, das im Januar 1994 in Kraft trat, ergab sich für die NaDS die Aufgabe, als kultureller Mittler zu fungieren. Die sprach- und kulturpolitischen Programme und Projekte wurden fortgesetzt und erweitert.

Schon bald wurde die Frage gestellt, ob diese Aufgaben nicht Sache des Goethe-Instituts seien. Die namibische Regierung mahnte in den Protokollen der beiden Sitzungen der Gemischten Namibisch-Deutschen Kulturkonferenz in Bremen (1995) und Windhoek (2000) die Gründung einer Zweigstelle des Goethe-Instituts in Windhoek an. Aber die Sparmaßnahmen der Bundesregierung beschnitten die Zuwendungen an die NaDS und so konnte dieser namibische Wunsch nicht erfüllt werden. 1994 kam es fast zur Auflösung der NaDS. Einigen mutigen alten und neuen Vorstandsmitgliedern gelang es, die Arbeit nach einem revidierten Programm weiter zu führen. Die zivilgesellschaftliche Funktion der NaDS wurde, den politischen Umständen angepasst, fortgesetzt.

Die Präsenz der Bundesrepublik Deutschland, sichtbar vertreten durch die Besuche des Kanzlers Kohl und des Bundespräsidenten Herzog, boten Anreize und Möglichkeiten zum kulturpolitischen Dialog. So stellt sich für kultur- und sprachpolitisch engagierte, nichtdeutschsprachige Namibier die Bundesrepublik Deutschland als NaDS und später als Goethe-Zentrum dar. Dasselbe gilt auch für die Deutschnamibier, die das von der NaDs vermittelte zeitgemäße Deutschlandbild unbefangen zur Kenntnis nehmen, während einige Deutschnamibier im Angebot der NaDS ein ihnen nicht sympathisches Bild des heutigen Deutschland erkennen, das sie davon abhält, die NaDS zu unterstützen.

Neben den Bemühungen um ein sinnvolles Programmangebot mussten und müssen die Mitarbeiter und der Vorstand den Umzug von dem alten NaDS-Haus in das Estorff-Haus und das Kooperationsabkommen mit dem Goethe-Institut durchführen bzw. sicherstellen. Am 12. September 2002 wurde das Goethe-Zentrum Windhoek eröffnet. Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Prof. Jutta Limbach, war eigens angereist. Als vordringlichste Aufgabe engagiert sich die NaDS nach wie vor auf sozialpolitischem Terrain. Der Begriff „Zivilcourage" wurde in einer Veranstaltungsreihe und als Publikation in die Öffentlichkeit getragen. Im Vorfeld des Gedenkjahres 2004 wurde das Thema „Nationale Versöhnung" öffentlich diskutiert. Im Gedenkjahr selber wurden zu diesem Themenfeld mehrere große Veranstaltungen durchgeführt, die in den kommenden Jahren eine Fortsetzung finden sollen. Im Kulturprogramm der NaDS sind die regelmäßigen Filmabende sowie Filmwochen, Ausstellungen, Theaterprogramme und Lesungen zu beachten.

Schließlich sind die Kulturprogramme (auch in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft, deutschen Mittlerorganisationen und dem Franco-Namibian Cultural Centre), die Fremdsprachenkurse und die Informationsarbeit durch die Mediothek wesentliche Instrumente zur Umsetzung der Ziele der NaDS und des Goethe-Zentrums. Im Bereich der Spracharbeit werden im Goethe-Zentrum alljährlich etwa 14 halbjährliche Sprachkurse und Sonderkurse in Deutsch als Fremdsprache durchgeführt, außerdem werden landesweite Lehrerfortbildungsprogramme mit personeller Expertise und finanziellen Mitteln unterstützt. Die NaDS als Verein kann über die Mitgliedsbeiträge nur einen geringen Teil der erforderlichen Finanzen abdecken, diese werden zu 90% vom Goethe-Institut getragen.

Zwischen der NaDS und dem Goethe-Institut besteht ein Kooperationsabkommen, das die Verantwortungen und Funktionen des Goethe-Zentrums in Windhoek regelt. Das Abkommen gründet auf dem Prinzip, dass die aus Deutschland bereitgestellten Ressourcen mittels einer bodenständigen Trägerorganisation in Programme umgesetzt werden. Während die drei hauptamtlichen Mitarbeiter der NaDS zur Zeit weitgehend die konzeptionelle und logistische Arbeit durchführen, soll diese in Zukunft von einem größeren Kreis an Mitgliedern und Sponsoren unterstützt werden. Auf der Mitgliederversammlung 2005 wurde vom Vorstand angeregt, die Satzungen der NaDS dahingehend zu ändern, dass diese dem Charakter einer Stiftung Rechnung tragen können. Auf diese Weise können auch Organisationen als korporative Mitglieder geworben und die Finanzlage der NaDS gestärkt werden.

Der Weg von der IG, wie sie vor fast dreißig Jahren gegründet wurde, bis zur angestrebten Struktur der NaDS als Stiftung ist gekennzeichnet durch ein verändertes Umfeld und verschiedene Versuche, die ursprünglich angestrebten Ziele den Gegebenheiten anzupassen.

Das Kooperationsabkommen mit dem Goethe-Institut ist für die Programme und den Fortbestand der NaDS unerlässlich. Die zivilgesellschaftliche Wirkung der NaDS wird von den hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Menschen betrieben, die, wie in der Vergangenheit, ihre Vorstellungen der Gesellschaft in mühsamer Arbeit und noch mühsamerer Zusammenarbeit mit anderen Menschen verwirklichen wollen. Die Erhaltung und Förderung der Deutschsprachigkeit in Namibia: Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia Als älteste der drei Organisationen wurde die AGDS im Jahre 1956 von den Schulvereinen der damaligen drei deutschen Privatschulen in Windhoek, Lüderitzbucht und Karibib gegründet.

Bis 1975 schlossen sich die Schulvereine aller anderen Orte, an denen deutsche Abteilungen oder deutsche staatliche Schulen existierten, der AGDS an. Ihre Zielsetzung war und ist die Erhaltung und Förderung der deutschen Sprache und Kultur durch den Schulunterricht. Die AGDS ist in ihren Zielsetzungen auf die Unterstützung der Eltern und darüber hinaus der Öffentlichkeit angewiesen. Sie ist keine politische Organisation, obwohl sie sich immer wieder an die politisch Verantwortlichen wendet. Im Laufe der Jahre unterstützte die AGDS bedürftige Schüler, aus Deutschland kommende Lehrer und hiesige deutschsprachige Studenten. Sie hat sich für eine Ausbildungsstätte für Heimerzieherinnen eingesetzt und das Heimerzieherinnenseminar in Karibib bis zu seiner Schließung 1983 unterstützt.

Die AGDS hat die Interessen der kleinen deutschen Abteilungen gegenüber den Behörden vertreten. Sie hat zu Beginn die Übersetzung von Lehrbüchern ins Deutsche durchgeführt. Vor allem die Einführung einer gleichwertigen Ausbildung für deutsche Lehramtsanwärter am Windhoeker Lehrerseminar (WCE) wurde von der AGDS betrieben. Im Jahre 1975 reiste der damalige Vorsitzende der AGDS, Herr Kurt Böhme, zusammen mit dem Fachberater für Deutsch nach Deutschland, um dort eine Werbeaktion für Lehrkräfte durchzuführen, die allerdings keine nachhaltige Wirkung hatte. Auf diese Aufbauphase, die ihren Höhepunkt Anfang der achtziger Jahre erreichte, folgte eine Zeit der Anpassung an veränderte politische und gesellschaftliche Gegebenheiten, die bis heute andauert.

Im Zuge der Gleichstellung aller Einwohner Namibias waren besondere Privilegien wie muttersprachlicher Unterricht bis zum 9. Schuljahr, deutsche Lehrbücher und kleine deutsche Abteilungen und die Ausbildung von deutschsprachigen Primarschullehrern nicht mehr zu vertreten. Hinzu kam, dass die Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland für das staatliche deutsche Schulwesen durch die Entsendung von Lehrern aus Deutschland schon Anfang der siebziger Jahre eingestellt worden war. Man hatte aber schon 1976 Vorsorge für diese als Stunde Null bezeichnete und erwartete Zukunft getroffen und eine Fördergesellschaft (FADS) gegründet, die Gelder sammeln und verwalten und dann für besondere Aufgaben in der Zukunft bereitstellen sollte.

Im September 2001 wurden die AGDS und die FADS zur Arbeits- und Fördergemeinschaft der Deutschen Schulvereine in Namibia zusammengeschlossen mit denselben Zielsetzungen und Strukturen. Es ist müßig zu fragen, wann die Stunde Null angebrochen ist. Mit der vom Erziehungsministerium durchgeführten Neuverteilung der finanziellen Mittel und mit der Einführung neuer Richtlinien im Hinblick auf vor allem die Schulsprachenpolitik ergab sich eine Entwicklung in der deutschen Grundschullandschaft in Namibia, die risikoreich und kostenaufwändig war und ist. Die kleinen deutschen Abteilungen in Omaruru, Grootfontein und Otavi konnten nicht mehr vom Staat getragen werden und die Eltern entschieden sich zur Gründung von Privatschulen. Auch in Otjiwarongo und in Swakopmund entstanden neben den ehemals als deutsch bezeichneten staatlichen Primärschulen deutsche Privatschulen.

Im Falle Otjiwarongos führte das dazu, dass die ehemalige Deutsche Schule Otjiwarongo (die wie alle anderen staatlichen Schulen die Bezeichnung der Sprachzugehörigkeit aus ihrem Namen entfernen musste und sich in Donatus School Otjiwarongo umbenannte) seit 2004 keine deutschsprachigen Schüler mehr unterrichtet. Zu den Schulgründungen kamen Internatsgründungen und die weitere Unterstützung der schon seit vielen Jahren bestehenden Schülerheime; auch dafür mussten Gelder bereitgestellt werden. Die Hauptverantwortung für die Finanzierung der Schulen und Internate liegt bei den Schulvereinen. Die Spendenfreudigkeit der Eltern und der Gemeinschaft wird immer wieder angesprochen, etwa durch Basare, Schlachtefeste, Rinderprojekte (das ist die kostenlose Bereitstellung von Weide, Wasser und Pflege für Rinder, die einem Schulverein oder der AGDS gehören und, wenn sie schlachtreif sind, verkauft werden).

Die AGDS verteilt den Ertrag ihrer Geldanlagen nach einem festen Schlüssel an die Mitgliedsvereine. Sie wird von ihren etwa 700 Mitgliedern und von Spendern aus Deutschland finanziell unterstützt. In eigener Verantwortung richtet die AGDS jährlich eine Fortbildungstagung für Lehrer und Erzieher aus, die seit zehn Jahren an der Minenschule Arandis stattfindet. Diese Tagung wird zu einem erheblichen Teil vom Goethe-Institut finanziert. Ferner bietet sie den Kurt-Böhme-Rednerwettbewerb sowie den Horst-Kreft-Vorlesewettbewerb an und führt in Zusammenarbeit mit dem Verein für Deutsche Auswärtige Kulturbeziehungen (VDA) einen Schüleraustausch zwischen Namibia und Deutschland mit jährlich etwa 80 Schülern durch. Die AGDS vergibt zur Zeit Stipendien an 8 Studenten, die sich als Deutschlehrer qualifizieren. Seit der Unabhängigkeit Namibias hat die AGDS es mit neuen Ansprechpartnern sowohl auf namibischer als auch auf deutscher Seite zu tun.

In einer Reihe von Eingaben zur Schulsprachenpolitik, zu den Gemischten Namibisch-Deutschen Kulturkonferenzen, zur Präsidialkommission über das Erziehungswesen und zum neuen Erziehungsgesetz hat die AGDS ihre Meinung dargelegt. Auch mit der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland pflegt die AGDS enge Kontakte. Dabei geht es vor allem um die Förderung des Deutschunterrichts, sowohl des muttersprachlichen als auch des fremdsprachlichen. Zu einem Konfliktstoff bei den Verhandlungen zwischen Vorstandsmitgliedern der AGDS und Vetretern der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland sowie der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes hat sich das Ringen um eine verstärkte Unterstützung vor allem des muttersprachlichen aber auch des fremdsprachlichen Deutschunterrichts entwickelt.

Die Förderprogramme für beides sind erheblich zurückgefahren worden, der Muttersprachenunterricht wird nicht mehr direkt, sondern nur noch dadurch unterstützt, dass Lehrkräfte von den Angeboten des Goethe-Instituts und des Pädagogischen Austauschdienstes Gebrauch machen können. Der Fremdsprachenunterricht wiederum soll über das Goethe-Institut Johannesburg personell betreut werden. Während Frankreich eine aufwändige und expansive Kultur- und Sprachförderungspolitik betreibt, beschränkt sich Deutschland auf zwar gute, aber wenige und begrenzte Programme.

Als Zivilgesellschaft erfüllt die AGDS alle Voraussetzungen: Sie hat feste Strukturen und wird von freiwilligen Mitgliedern getragen. Sie operiert nach eigenen Maßstäben und bewusst unpolitisch und tritt doch regelmäßig in Verbindung mit den politischen Behörden in Namibia und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die von ihr getroffenen Entscheidungen und die geförderten Maßnahmen haben einen Einfluss auf das gesellschaftliche Geschehen in Namibia. Sie vertritt eine Minderheit in der gesellschaftlichen Vielfalt Namibias. Der menschliche und kulturelle Austausch zwischen Jugendlichen der verschiedenen Gruppierungen Namibias geschieht heute an vielen, auf jeden Fall an allen von deutschsprachigen Schülern besuchten Schulen. Insofern trägt die AGDS zum Wohl aller Namibier bei.

Ein Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung ist aber nur dann möglich, wenn der Einzelne seine oder ihre eigene Indentität kennt und vertreten kann. Sorgen macht dabei den Verantwortlichen die Tatsache, dass das Hauptanliegen, nämlich die Erhaltung der deutschen Sprache, im Zuge der Einführung des Englischen als Unterrichtssprache ab dem 4. Schuljahr an staatlichen und ab dem 6. oder 8. Schuljahr an privaten Schulen die Beherrschung des Deutschen beeinträchtigt hat. Deutsch ist in Namibia eine Nischensprache geworden. Viele Deutschnamibier reagieren auf diesen Tatbestand, indem sie sich eher bemühen, ihren Kindern gute Kenntnisse der englischen Sprache zu ermöglichen und auch selber weniger Wert auf den in Deutschland anerkannten deutschen Sprachgebrauch legen.

So hat die seit mehr als 50 Jahren erörterte Frage, ob das in Namibia gesprochene sogenannte Südwester Deutsch eine gültige Mundart oder nur eine Umgangssprache ist, nicht an Aktualität verloren. Wer sich zielstrebig mit dem Thema des Spracherhalts befasst, ob auf schulischer oder auf örtlicher und nationaler gesellschaftlicher Ebene, ist zivilgesellschaftlich tätig.

Deutsche Kultur in afrikanischer Gesellschaft: Der Deutsche Kulturrat

Der Deutsche Kulturrat vertritt wahrscheinlich mehr Deutschnamibier als irgendeine andere Organisation, die Kirchen eingeschlossen. Die 32 Institutionen und Vereine zählen etwa 5600 Mitglieder. Bei seiner Gründung im Jahre 1989 wurden die Ziele in den Satzungen wie folgt festgeschrieben:

Die Erhaltung, Pflege und Förderung der deutschen Sprache und Kultur, die Koordination aller kulturellen Vorhaben, soweit diese die deutschsprachigen Namibier betreffen und die Vertretung der Interessen der Mitgliedsvereine gegenüber staatlichen und anderen Instanzen. Bei der Durchführung seiner Zielsetzungen betätigt sich der DKR nicht als politische Organisation. Die Mitgliedsvereine operieren selbständig und sind gehalten, ihren kulturellen Zielsetzungen ohne die Einbeziehung irgendwelcher politischen Mittel nachzustreben.

Die Grenze zwischen kultureller Betätigung und kulturpolitischen Bestrebungen ist fließend und die Bemühungen des Vorstandes des DKR, diese Unterscheidung einzuhalten, stößt immer wieder auf Kritik und gelegentlich auch Ablehnung. Die wichtigsten Ereignisse im Kalender des DKR sind das Kulturfest für Schüler der Grundschulen, die Schreibwerkstätten für junge und ältere bis alte Autoren und schriftstellerisch Interessierte, die Organisation von besuchenden kulturschaffenden Einzelpersonen und Gruppen. Seit einigen Jahren betreibt der DKR die Restaurierung von Möbeln aus den Beständen des staatlichen Museums.

Aktuell bemüht sich der DKR um die Umbenennung einer Straße in Windhoek, um dem ehemaligen Namensträger der Peter-Müller-Straße (die in Fidel-Castro-Straße umbenannt wurde) eine andere Straße zu widmen. Weiterhin unterstützt er die an einigen Orten vorhandenen privaten Museen und will dadurch deren Fortbestand sichern. Ferner subventioniert der DKR die Pläne einiger Autoren, eine deutschsprachige Literaturzeitschrift für Namibia ins Leben zu rufen. In Zusammenarbeit mit der AGDS beteiligt er sich an dem vom Vorstand des Schulvereins der Privatschule Karibib finanzierten Projekt Lilie, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Status des Lehrerberufs in der deutschsprachigen Gesellschaft Namibias aufzuwerten.

Mit der AGDS besteht eine enge Zusammenarbeit in logistischer Hinsicht, da sich beide ein Büro und eine Halbtagssekretärin teilen. Die Vorstandssitzungen werden gemeinsam veranstaltet, und der DKR unterstützt die von der AGDS bewilligten Schulbeihilfen. Der aus Deutschland kommende Besucher mag sich fragen, ob es überhaupt möglich ist, in Namibia die deutsche Sprache und Kultur sinnvoll zu pflegen und zu erhalten, zumal der Fortbestand der deutschen Sprache weltweit nicht auf die Unterstützung der wenigen Deutschnamibier angewiesen ist. Daraus ergibt sich die Überlegung, ob eine Minderheit nicht gut daran täte, sich in eine dominierende Kultur- und Sprachgruppierung zu integrieren.

Die Sprecher der Deutschnamibier haben sich diese Frage wiederholt gestellt, aber sind stets zu dem Ergebnis gekommen, dass es ein Verlust für den multikulturellen Charakter Namibias wäre, wenn das deutsche Element verschwinden würde. Zudem ist die Deutschsprachigkeit in Namibia das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung, die, so sehr sie für viele Namibier belastet erscheint und negativ belegt ist, nicht einfach eliminiert werden darf. Schließlich bestimmen Sprache und Kultur die Identität aller Namibier in jeweils besonderer Weise, und das trifft auch auf die Deutschsprachigen zu.

Zivilgesellschaft im deutschnamibischen Kontext

Anders als Vereine, politische Parteien und Stiftungen sind zivilgesellschaftliche Organisationen auf die freie Mitarbeit jener Menschen angewiesen, die sich ohne einen äußeren Anreiz (wie im Sport) oder eine geregelte finanzielle Absicherung (wie bei den Stiftungen) oder den Wahlerfolg (der politischen Parteien) um ein gemeinsam festgelegtes Ziel bemühen. Andererseits wird die Nachhaltigkeit ihrer Bemühungen auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Zuwendungen oder die Machtbasis oder die Mode sich verändern. Schließlich zeichnet das Bestreben Einzelner und der Gesellschaften, die etwas Sinnvolles, Nicht-Diskriminierendes und Humanes tun wollen, diese als zivilgesellschaftlich aktiv aus.