Menschen und Tiere in Südwestafrika (Neuausgabe Südwester Texte), von Adolf Fischer und Andreas Vogt.

Menschen und Tiere in Südwestafrika (Neuausgabe Südwester Texte), von Adolf Fischer und Andreas Vogt. Reihe: Südwester Texte, Band 12. Selbstverlag Dr. Andreas Vogt. Windhoek, Namibia 2020. ISBN 9789991689128 / ISBN 978-99916-891-2-8

Menschen und Tiere in Südwestafrika (Neuausgabe Südwester Texte), von Adolf Fischer und Andreas Vogt. Die Reihe 'Südwester Texte' nimmt sich als Ziel, vergessene oder seltene Schriften und Manuskripte in deutscher Sprache bezüglich der Geschichte Namibias erneut in Druckform zu verlegen.

Adolf Fischer  Andreas Vogt  

Was wäre das Feld ohne den Springbock! Es ist, als sei die Steppe in ihm zu höherem Dasein erwacht. Wie sie ist sein Kleid. Der rötliche Rücken gibt den Farbton des Sandes wieder. Rechts und links am Rand der Schabracke liegt eine zimtbraune Leiste, wie ein Akazienzweig. Brust und Bauch überzieht blendendes Weiß, die Farbe des Kalks, der dem Sand unterlagert ist. Es zieht in breitem Streif über die Kehle zum Gesicht, brandet um das Gehörn, wogt gegen das rotbraune Schädeldach. Über die Lichter hinweg zu den Geäsewinkeln zieht sich ein lustiger brauner Strich, ein gleicher von der Stirn zum Windfang, der fein und zierlich das schmale Geäse überdacht. Die Linien täuschen Falten vor, nicht von Sorgen gemeißelt, sondern von Freuden frischester Jugend. Zwei Finger breit unter dem Gehörnansatz springen die Lichter hervor, groß, glänzend, mit tiefblauer Iris, wie zur Regenzeit die blauen Augen der Vleys aus Buschwimpern zum Himmel blicken. In stumpfem Winkel zur Gesichtsebene setzt das Gehörn an, biegt dann zurück und steht als Leier über dem Haupt. Seitlich rückwärts sind die Lauscher aufgestellt, spitze Blätter, beweglich, als führe der Wind durch Mopane-laub. Schlank und rank, glatt und glänzend spannt sich der Rücken. Ihn tragen hohe, drahtige Läufe mit kristallklaren Sehnen. Unten klirren stahlharte Schalen. Und der frechste Wedel, der zu denken ist, wippt wie ein Scherz hinterdrein. Die Decke birgt noch eine Überraschung. Eingebettet in sandfarbene Haare, von der Mitte des Rückens bis an die Wedelwurzel, liegt längs des Rückgrats ein Kamm schlohweißer Haare. Sie flattern hervor, stellen sich auf, wehen als weiße Wolke über dem Springbock, wie blühendes Aristidagras über rotgelbem Kalaharisand. Wird dieses Signal gehißt, so ist es das Zeichen der Erregung: Übermut, Freude, Schreck und Entsetzen tun sich kund, und auch der Tod zieht diese Fahne auf. Der verendende Springbock entfaltet noch einmal die Pracht seines weißen Rückenkamms. Einst waren Springböcke über die offenen Flächen von ganz Südafrika gebreitet. Vom Kernland der Kalaharisenke, kamen sie südwärts über den Oranje nach Kleinnamaland, nach Großbuschmannland, in die Hantam, die Kleine und Große Karru, bis ins Bockefeld nördlich der Kapstadt. Ostwärts liefen sie über das Burenhochland zwischen Oranje und Limpopo, westwärts über die Küstengegend Angolas und Benguellas bis zum Shellagebirge und über das Feld. Sie waren rein südafrikanisches Wild, Südafrikas ureigene Antilope. Die Rudel erreichten unglaublich hohe Kopfzahl. Hier einige Zeugen:

Hardeland, 1849, für die Hantam: „Springböcke gibt es sehr häufig. Kleine Herden von fünfzig bis einige Hundert sah ich oft, und einmal sah ich einen ihrer großen Züge, die hinter den Gewitterregen her die afrikanische Wüste durchstreifen. Nun habe ich Schafherden gesehen, die fünftausend zählen sollten, und danach, um ja nicht zu übertreiben, muß ich jenen Springbockzug auf mindestens fünfzigtausend schätzen."

Barrow, 1798, für die Große Karru: „In keinem Teil von Afrika hat man eine so ungeheure Zahl von Tieren zusammen gesehen, als hier. Unsere Gesellschaft, die im Schätzen geübt war, und die die Geschicklichkeit besaß, ziemlich genau die Anzahl von Schafen in einer Herde zu treffen, schätzte einen Trupp Springböcke auf fünftausend. Wenn man den Erzählungen dieser Leute Glauben schenkt, so hat man in Zeiten, wo sie wegziehen, mehr als zehnmal so viele beisammen gesehen."

Cumming, 1843, für die Große Karru, westlich Colesberg: „Als ich, nachdem es hell geworden, aufstand und mich umschaute, sah ich die ganze Gegend buchstäblich mit einer dichten Masse von Springböcken bedeckt." Ein andermal: „Soweit das Auge reichte, wimmelte die Landschaft von ihnen, bis sie endlich in eine undeutliche rote Masse lebendiger Geschöpfe verschwammen. Ich nehme keinen Anstand zu behaupten, daß einige Hunderttausende sich innerhalb meines Gesichtskreises befanden."

Frederick Courtney Selous, 1897, für die Nordkalahari: „Auf einer Trockenpfanne, an der wir ausspannten, sahen wir eine große Herde Blaugnus und Zebras und unzählbare Springböcke." [...]

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Dies ist ein Auszug aus: Menschen und Tiere in Südwestafrika (Neuausgabe Südwester Texte), von Adolf Fischer und Andreas Vogt.

Titel: Menschen und Tiere in Südwestafrika
Autor: Adolf Fischer
Reihe: Südwester Texte, Band 12
Herausgeber: Andreas Vogt
Selbstverlag Dr. Andreas Vogt
Windhoek, Namibia 2020
ISBN 9789991689128 / ISBN 978-99916-891-2-8
Broschur, 15 x 21 cm, 244 Seiten