Namibia. Grenzen nachkolonialer Emanzipation, von Henning Melber et al.

Namibia. Grenzen nachkolonialer Emanzipation, von Henning Melber et al. Brandes & Apsel. Frankfurt, 2003. ISBN 386099784X / ISBN 3-86099-784-X / ISBN 9783860997840 / ISBN 978-3-86-099784-0
Namibia, Grenzen nachkolonialer Emanzipation, von Henning Melber et al., stellt die erste kritische Zustandsbeschreibung der politischen Kultur im nachkolonialen Namibia vor. Aus unterschiedlicher Perspektive werden die Möglichkeiten und Grenzen sozialer und politischer Emanzipation in der einstigen deutschen Kolonie ausgelotet.
Reimer Gronemeyer Matthias Rompel Henning Melber André du Pisani
Christopher Saunders: Befreiung und Demokratie: die »Autobiografie« von Sam Nujoma
Gegen Ende des Jahres 2002 hat die südafrikanische Zeitung Mail and Guardian ein bemerkenswertes Interview mit dem Präsidenten von Namibia gebracht. Obwohl das Interview als ein Beispiel dafür präsentiert wurde, wie sehr der namibische Präsident »die Kunst, absolut nichts zu sagen, perfektioniert« habe, haben anschließende Leserbriefreaktionen darauf hingewiesen, dass Nujoma seine Irrationalität und Vorurteile mehr als deutlich gemacht habe. Statt auf die Fragen zu antworten, habe er den Journalisten, der ihn interviewte, nur angeraunzt. Das war nicht das erste Mal, dass der namibische Präsident so reagiert hat. Er war (Simbabwes Präsident) Robert Mugabe in dessen abfälligen Äußerungen gegenüber Schwulen und Lesben gefolgt, er sagte, die Namibier hätten ihren eigenen Gott (der Gott des Viehs), und auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im September 2002 zog er mit harten Tönen über Tony Blair her und verteidigte Mugabe. Kein Wunder, dass der Mail and Guardian die Briefe zu dem Interview überschrieb mit »Another Adventure in Nujospeak« (»Ein weiteres Abenteuer in den Reden von Nujoma«). Solche Ausfälle lassen Nujoma selbst nicht nur in einem extrem schlechten Licht erscheinen; sie führen auch dazu, dass die Menschen seine hunderte von nachdenkenswerten Reden seit der Unabhängigkeit (Nujoma 2000) vergessen. Sie ermuntern Kommentatoren dazu, in ihm lediglich einen anderen Mugabe zu sehen, der sein Land womöglich in den katastrophalen Abgrund treiben wird, in den Simbabwe gegen Ende des Jahres 2002 geraten war. Die Einweihung einer gewaltigen Heldengedenkstätte (»hero's acre«) im August 2002 außerhalb von Windhoek, praktisch identisch mit der von denselben Nordkoreanern nach dem Ende des simbabwischen Befreiungskampfes außerhalb Harares errichteten Gedenkstätte, leistete der Auffassung Vorschub, Namibia würde den selben Kurs einschlagen. Doch es gab viele wichtige Unterschiede zwischen den beiden Ländern, nicht zuletzt was ihre Geografie und Geschichte betrifft. Obwohl Namibias Befreiungskampf in gewisser Hinsicht Ähnlichkeiten mit dem Simbabwes aufweist, hat er doch in anderen Aspekten einen gänzlich unterschiedlichen Verlauf genommen. Ein historiografischer Unterschied ist, dass Simbabwes Präsident - auch wenn einige der Reden Mugabes während des Befreiungskampfes erschienen sind - keinen eigenen Erfahrungsbericht des Kampfes veröffentlicht hat. Sam Nujoma hingegen präsentiert substantielle Memoiren (Nujoma 2001). Sie wurden im Katutura Independence Youth Sport-Gebäudekomplex von Windhoek vorgestellt, als der Präsident seinen 72. Geburtstag feierte. Dieses Kapitel setzt sich kritisch mit den Memoiren auseinander und fragt danach, ob sie uns, wenn überhaupt, etwas über Befreiung und Demokratie sagen. Nujoma behauptet zwar, er habe das Buch schon seit langem im Kopf gehabt, doch es ist gut möglich, dass hinter seiner Veröffentlichung der Wunsch stand, ein Bild von der Geschichte des namibischen Befreiungskampfes zu präsentieren, das sich von dem kritischen Bericht zweier ehemaliger SWAPO-Unterstützer unterscheidet. (Leys/Saul 1995)108 Von ihnen, aber auch aus anderen Quellen wissen wir, dass die SWAPO sich während der 70er und 80er Jahre in ihren Lagern in Sambia und Angola in ihrem Vorgehen als im höchsten Maße autoritär gebärdete und dass kritische Stimmen innerhalb der Bewegung unterdrückt wurden. Wer sich in den Jahren 1975 und 1976 in der SWAPO für die Abhaltung eines repräsentativen Kongresses eingesetzt hatte, wurde ins Gefängnis geworfen. Und ein Jahrzehnt später hat die Führung die Basismobilisierung, die damals in Namibia stattfand, aktiv unterbunden. Dies war Teil ihrer Geschichte, mit der die SWAPO bis heute nicht ins Reine gekommen ist. Was sagt Nujoma zu dieser Geschichte und zu den Zielen der SWAPO, als sie für die Unabhängigkeit Namibias kämpfte? Wirft dieses Buch ein neues Licht auf die Frage, wie und warum Namibia sich im Jahre 1990 auf eine demokratische Ordnung zubewegte? [...]
Dies ist ein Auszug aus: Namibia. Grenzen nachkolonialer Emanzipation, von Henning Melber et al.
Titel: Namibia. Grenzen nachkolonialer Emanzipation
Herausgeber: Henning Melber
Autoren: siehe Inhaltsangabe
Verlag: Brandes & Apsel
Frankfurt, 2003
ISBN 386099784X / ISBN 3-86099-784-X
ISBN 9783860997840 / ISBN 978-3-86-099784-0
Broschur, 14 x 20 cm, 224 Seiten
Melber, Henning und Heuva, William und Bukurura, Sufian Hemed und Daniels, Clement und Saul, John S. und Leys, Colin und Saunders, Christopher und Kössler, Reinhart und Gronemeyer, Reimer und Mans, Minette E. und du Pisani, Andre und Rompel, Matthias im Namibiana-Buchangebot
Namibia. Grenzen nachkolonialer Emanzipation
Kritische Betrachtung der Grenzen der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung sowie der nachkolonialen Emanzipation in Namibia 1900-2003.
Journal 62-2014 (Namibia Scientific Society / Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft)
A scientific series published by the Namibia Scientific Society, this is the Journal Volume 62 dating from 2014.
Security and democracy in Southern Africa
Examines the relationship between democratisation, character of democracy and its deficits, and national security practices and perceptions of eleven southern African states.
Verborgenes Afrika. Alltag jenseits von Klischees
Verborgenes Afrika ist ein Buch über Afrika und über Europa. Es lädt ein zu einer Pilgerreise in ein weithin unbekanntes Afrika, in einen Alltag jenseits der üblichen Klischees.
Decolonization and empire. Contesting the rhetoric and reality of resubordination in Southern Africa and beyond
Examines the grim reality of postliberation southern Africa
Koloniale Vergangenheit – Postkoloniale Zukunft? Die deutsch-namibischen Beziehungen neu denken
Koloniale Vergangenheit – Postkoloniale Zukunft? Die deutsch-namibischen Beziehungen neu denken. Beiträge zur Komplexität von Erinnerungskultur, Verantwortungsübernahme und gesellschaftlichen Ungleichheiten.
Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte
Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte: ein 'postkolonialer' Reisebegleiter in die deutsche Kolonialgeschichte.
Perspektiven 2018/2019: Namibias schwieriger Umgang mit seiner Kolonialgeschichte
Als Nachfolger des Afrikanischen Heimatkalenders bringt Perspektiven 2018-2019 als Doppeljahrgang aktuelle Beiträge zu Kirche, Gesellschaft und Zeitgeschehen in Namibia: Namibias schwieriger Umgang mit seiner Geschichte.
Here we stand. Reflecting on 500 years of Reformation in Namibia
Here we stand: Reflecting on 500 years of Reformation in Namibia includes articles by Namibian bishops, theologians, pastors, academics and lay members of the Lutheran community.
Völkermord – und was dann? Die Politik deutsch-namibischer Vergangenheitsbewältigung
Ein kritischer Beitrag zum aktuellen Namibia-Thema: Völkermord – und was dann? Die Politik deutsch-namibischer Vergangenheitsbewältigung.
Namibia: Gesellschaftspolitische Erkundungen seit der Unabhängigkeit
Kritische Analyse der Politik der SWAPO in Namibia als einer Befreiungsbewegung an der Macht und gesellschaftspolitische Erkundungen seit der Unabhängigkeit Namibias.
Hauptsache Windhoek
Die Sammlung Hauptsache Windhoek enthält drei Dutzend Geschichten und Gedichte über die Hauptstadt Namibias.
Afrikanischer Heimatkalender 2008
Afrikanischer Heimatkalender 2008: Seit 1930 Botschafter christlicher Werte in Namibia, mit vielen interessanten landeskundlichen, geschichtlichen, politischen und kulturellen Beiträgen.
Perspektiven 2013 / Afrikanischer Heimatkalender 2013
Dieser Jahrgang der Perspektiven 2013, dem ehemaligen Afrikanischen Heimatkalender, behandelt gesellschaftliche und politische Themen Namibias.
Katutura. Alltag im Ghetto
Versuch einer Alltagsbeschreibung der damaligen Neubausiedlung für schwarze Namibier, Katutura, für die in den 1980ern der Begriff 'Ghetto' gebraucht wird.
Afrikanischer Heimatkalender 2009
Afrikanischer Heimatkalender 2009: Seit 1930 Botschafter christlicher Werte, mit vielen interessanten landeskundlichen, geschichtlichen, politischen und kulturellen Beiträgen um Namibia.
Ein Land, eine Zukunft. Namibia auf dem Weg in die Unabhängigkeit
'Ein Land, eine Zukunft. Namibia auf dem Weg in die Unabhängigkeit' will mit zahlreichen Beiträgen über Ideologie und Praxis des Kolonialsystems in Namibia sowie über politische und gesellschaftliche Utopien und Alternativen informieren.
Afrikanischer Heimatkalender 2007
Afrikanischer Heimatkalender 2007: Seit 1930 Botschafter christlicher Werte in Namibia, mit vielen interessanten landeskundlichen, geschichtlichen, politischen und kulturellen Beiträgen.
Genozid und Gedenken. Namibisch-deutsche Geschichte und Gegenwart
Genozid und Gedenken: Namibisch-deutsche Geschichte und Gegenwart ist ein Beitrag zur aktuellen Standortsuche und -bestimmung der deutsch-namibischen Beziehungen im Schatten der Kolonialgeschichte.
It is no more a cry. Namibian Poetry Exile Essays Literature Resistance Nation Building
It is no more a cry introduces to Namibian Poetry in Exile and Henning Melber's Essays on Literature in Namibian Resistance and Nation Building.
Völkermord in Deutsch-Südwestafrika
Die Beitragssammlung Völkermord in Deutsch-Südwestafrika stellt die Ansichten verschiedener Autoren zum Herero- und Namaaufstand in dar.
In Treue fest, Südwest!
In Treue fest, Südwest! Von der Eroberung Namibias über die deutsche Fremdherrschaft bis zur Kolonialapologie der Gegenwart.
Vom Schutzgebiet bis Namibia 2000
Mit 62 Beiträgen zur älteren und jüngsten Geschichte bis 2000 des ehemaligen Schutzgebiets und des heutigen Namibia.