12.02.2013

Namibia: Endlos-Verfahren gegen Caprivi-Separatisten eingestellt

Namibia: Endlos-Verfahren gegen Caprivi-Separatisten eingestellt.

Namibia: Endlos-Verfahren gegen Caprivi-Separatisten eingestellt.

Nach über 13 Jahren in Untersuchungshaft hat am 11.02.2013 für 43 der 109 mutmaßlichen Caprivi-Separatisten mit einem vorzeitigen Freispruch die Freiheit begonnen. 20 sind bereits in Untersuchungshaft verstorben.

Windhoek, Namibia: Das gestern ergangene Urteil, das einigen der Angeklagten die Rückkehr zu ihren Familien ermöglicht, geht auf einen kollektiven Antrag der 10 Verteidiger zurück, das Verfahren gegen ihre Mandanten vorzeitig einzustellen. Diesem Gesuch war Richter Hoff im Falle von 43 der Beschuldigten nachgekommen, die er aus Mangel an Beweisen von den jeweils 278 Anklagepunkten gegen sie freisprach. In seiner rund acht Stunden andauernden Urteilsbegründung ging Hoff zunächst auf die Vorbereitung und Durchführung der bewaffneten Erhebung vom 2. August 1999 ein, bei der 11 Menschen getötet wurden und auf der die Anklage des Hochverrats gegen die Beschuldigten beruht. Diese ergibt sich aus dem Vorwurf, dass die Angeklagten Teil einer separatistischen Bewegung waren, deren Mitglieder die Caprivi-Region gewaltsam vom Rest Namibias abspalten wollten. Laut Staatsanwaltschaft haben die Beschuldigten dabei in gemeinschaftlicher Absicht gehandelt und sich dadurch unabhängig von ihrer individuellen Rolle bei dem gescheiterten Aufstand alle des Hochverrats schuldig gemacht. Die Verteidigung hatte dem entgegen gehalten, dass ein Großteil der Beweise gegen die mutmaßlichen Separatisten durch Folter, Einschüchterung und Drangsalierung von Zeugen erlangt worden und dadurch unverwertbar seien. In seiner Urteilsbegründung bewertete Hoff die Aussagen aller 379 vernommenen Zeugen in Relation zu jedem einzelnen der Angeklagten um dadurch individuell festzustellen, in wie weit jeder von ihnen mit der separatistischen Gesinnung der Rebellen sympathisiert oder sich mit diesen assoziiert hat. Im Falle der gestern Freigesprochenen kam er dabei zu dem Ergebnis, es gebe keine Hinweise dafür, dass jene die Aufständischen moralisch, finanziell oder logistisch unterstützt bzw. an der Vorbereitung und Durchführung der Revolte beteiligt gewesen seien. Im Falle der meisten Freigesprochenen wurde das Verfahren gegen sie eingestellt, da sie von Staatszeugen entweder nicht eindeutig identifiziert, oder ihnen die aktive Teilnahme an konspirativen Treffen nicht einwandfrei nachgewiesen werden konnte, bei denen die geplante Loslösung des Caprivi besprochen wurde. Außerdem konnte ihnen die Staatsanwaltschaft nicht belegen, dass sie an der Rekrutierung oder Ausbildung von Rebellen beteiligt waren, bzw. diese beherbergt, mit Nahrungsmitteln oder Waffen versorgt oder ihnen Transport bereitgestellt haben. Für 50 der Angeklagten, darunter mutmaßliche Anführer der Revolte wie der ehemalige DTA-Parlamentarier Geoffrey Mwilima, endete das gestrige Urteil hingegen in einer Enttäuschung. Bei ihnen sah Hoff zumindest einen Anfangsverdacht gegeben, dass sie an der bewaffneten Erhebung mitgewirkt, oder zumindest von deren Vorbereitung gewusst und darüber nicht die Behörden informiert hätten. Für diese Angeklagten wird das Verfahren nun am 13. Februar weiter gehen. Dasselbe gilt für 16 weitere Beschuldigte, die ohne Rechtsvertretung sind und die deshalb nicht Teil des gestrigen Antrags auf einen vorzeitigen Freispruch waren. Seit Beginn des Verfahrens sind bereits 20 Angeklagte in Untersuchungshaft verstorben. Die gestrige Urteilsbegründung wurde von zahlreichen Familienmitgliedern der Angeklagten verfolgt, von denen sich nun einige auf eine baldige Rückkehr ihrer Angehörigen freuen können. Das von Foltervorwürfen überschattete Verfahren ist das mit Abstand längste in der Justizgeschichte von Namibia und wird von Menschenrechtsorganisationen im Ausland aufmerksam verfolgt.

Bild: Max Mubita (rechts), Wilson Mutumuswana (2.v.l.), Aggrey Muamba (2.v.r.), Shane Mattupelo (rechts), Oscar Libuo (hinten links) und John Masake (hinten rechts), Rechtsanwalt Patrick Uaurikirua Kauta.

Marc Springer

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Namibia. Endlos-Verfahren gegen Caprivi-Separatisten eingestellt.

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