15.02.2013

Besucher aus Namibia und der deutsche Winter

Besucher aus Namibia und der deutsche Winter. Ist das auch wirklich mein Auto?

Besucher aus Namibia und der deutsche Winter. Ist das auch wirklich mein Auto?

Dieser Report zeigt, wie sich Besucher aus Namibia den deutschen Winter vorstellen und erleben.

Seine Freundin in Deutschland hatte ihn gewarnt, dass der Dezember ein sehr kalter Monat ist. Als Swakopmunder wisse er, was Kälte ist, hatte er abgewunken. Er wisse, welche Kleidung er für kalte Temperaturen brauche. Und trotz Vorwarnung war er mit Sandalen, ohne Socken, in Windhoek ins Flugzeug gestiegen. In München angekommen, wurde ihm bewusst, dass er die Kälte unterschätzt hatte. „Wer den Winter in Deutschland noch nicht erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, was Temperaturen unter null Grad bedeuten und wie sich das anfühlt“, meint Boetie Oxrub heute, sechs Jahre später. Dieser deutsche Winter war zwischen Weihnachten und Mitte Januar mit Temperaturen bis +10 Grad relativ mild. Doch Mitte Januar kam der Winter zurück, und manche Prognosen gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr ähnlich kalte Temperaturen wie im letzten Jahr, einem „Rekordwinter“, erreicht werden könnten. Da sank das Thermometer auf bis zu -30 Grad, und wochenlang schien das ganze Land eingefroren. „Ich lebe seit elf Jahren in Deutschland“, meint Caroline Winkler aus Windhoek, „aber das war das Kälteste, das ich je erlebt habe“. In Würzburg, ihrer Wahlheimat, war im vergangenen Jahr der Main zugefroren. „Ich war mit meinen Kindern viel spazieren. In dieser Wintersaison folgte sie allerdings der besten Strategie gegen die Kälte und verbrachte mit ihrer Familie einige Wochen in Namibia. Auch Vilho Kathindi geht wegen seines kleinen Sohnes täglich aus dem Haus. „Was mich nervt ist, dass man sehr lange braucht, um sich einzupacken, bevor man rausgeht. Ich ziehe erst mich an, dann ihn. Dann gehen wir raus. Und weil es so kalt ist, müssen wir nach 20 Minuten wieder rein.“ Sich einpacken bedeutet für ihn, dass beide eine lange Unterhose, eine Hose, ein langärmliges Unterhemd, einen dicken Pullover und eine warme Jacke tragen, mit Mütze, Schal und Handschuhen. „Hier muss man eine Schale haben, wenn man rausgeht. Das ist der Unterschied zur Kälte in Swakopmund. Dort kann man auch ohne Mütze rausgehen. Aber wenn man hier nicht richtig angezogen ist, dann friert man arg. Das fängt bei den Füßen an. Man braucht gefütterte Schuhe mit einer dicken Sohle.“ Für Boetie Oxrub sind es nicht die Füße, die besonderen Schutz brauchen, sondern vor allem die Hände. „Ich habe einmal meine Handschuhe zuhause vergessen. Anfangs taten mir die Hände ein bisschen weh, dann schlimmer. Plötzlich fühlte es sich so an, als ob ich sie in kochendes Wasser tauchen würde. Das war ein richtig brennender Schmerz. Und auf einmal konnte ich sie nicht mehr bewegen, ich fühlte meine Hände nicht mehr.“ Seine Kollegen hätten zuerst gelacht, dann aber doch Mitleid bekommen. „Ein Freund konnte es dann nicht mehr ertragen, mich leiden zu sehen, und hat mir seine Handschuhe geliehen. Und ganz langsam konnte ich meine Hände wieder spüren.“ Durch ähnliche Erfahrungen ist allen klar, dass diese Kälte gefährlich werden kann. Nicht nur die kalten Temperaturen verändern den Alltag, sondern auch die Schneemassen. Als Vilho Kathindi und seine Familie im Urlaub im Sauerland waren, konnten sie morgens ihr Auto nicht mehr finden. „Alle Autos auf dem Parkplatz waren über Nacht zugeschneit und sahen gleich aus. Ich habe es nach längerem Suchen gefunden und freigeschaufelt. Und dann wollte der Motor nicht anspringen, weil er über Nacht zu kalt geworden war.“ Als eine Pannenhilfe das Auto wieder gestartet hatte, kam Vilho doch noch auf die Skipiste. Nach zehn Jahren in Deutschland wagte er sich zum ersten Mal auf ein Snowboard. Am ersten Tag habe er blaue Flecken davongetragen und keinen Spaß gehabt. „Aber am zweiten Tag hatte ich die Tricks langsam raus, und es machte richtig Spaß. Vielleicht bin ich der erste von uns Namibiern hier, der das ausprobiert hat“, sagt er stolz grinsend. Der Skiurlaub für dieses Jahr ist schon wieder geplant. Vilho weiß jetzt, wie er dem Winter die schönen Seiten abgewinnen kann.

Kathrin Reikowski

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Besucher aus Namibia und der deutsche Winter.
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