Kurze Geschichten aus einem langen Leben erzählt von Dr. H. Vedder, Missionar, von Heinrich Vedder.

Kurze Geschichten aus einem langen Leben erzählt von Dr. H. Vedder, Missionar, von Heinrich Vedder. Rheinische Missions-Gesellschaft. Wuppertal-Barmen, 1953

Kurze Geschichten aus einem langen Leben erzählt von Dr. H. Vedder, Missionar, von Heinrich Vedder. Rheinische Missions-Gesellschaft. Wuppertal-Barmen, 1953

Kurze Geschichten aus einem langen Leben erzählt von Dr. H. Vedder, Missionar, von Dr. Heinrich Vedder, Okahandja, Südwestafrika 1953.

Heinrich Vedder  

In Swakopmund

Als ich im Januar 1905 nach Swakopmund kam, war die Stadt zehn Jahre alt. Sie liegt am Atlantischen Ozean. Wegen des kühlen, oft sogar kalten Klimas sagte man, sie sei ein Vorort von Hamburg. Dort landeten ja auch die zahlreichen Schiffe der Wörmann-Linie in Hamburg. Ich erinnere mich, daß ich einmal 32 Schiffe vor Anker liegen sah. Wegen des hohen Wellenganges war die Landung sehr schwierig. Personen und Güter mußten vom Schiff auf kleine Boote verladen werden. Mit viel Geld und großer Mühe hatte man eine breite Mole aus Bruchsteinen und Zement ins Meer hinausgebaut. An ihr landeten die Boote. Die meisten Häuser der Stadt waren aus Brettern, andere aus Wellblech errichtet. Aber das Wellblech verrostete leicht in der immer feuchten Luft. Die Bretterhäuser boten keinen befriedigenden Schutz vor den gefürchteten Sandstürmen aus dem Osten. Man ging daher bald dazu über, aus Sand und Zement Bausteine zu formen. Die Dächer wurden mit geteerter Dachpappe bedeckt, die in gewissen Zeitabständen frisch geteert werden mußten. In Swakopmund gab es eine große Kaserne, ein geräumiges Krankenhaus, viele Kaufläden, Hotels und Privatwohnungen. Aber ein bescheidenes Zimmer für mich war nirgends aufzutreiben. Missionar Hammann, dessen Station wegen des Krieges hatte aufgegeben werden müssen, und der vor mir nach Swakopmund gekommen war, hatte bereits für mich eine Bretterbude errichtet, die aus einem einzigen Raum bestand. Ich war ihm sehr dankbar für diese Hilfe. Von Anfang an hatte ich ein Eigenheim. Eine Dachbedeckung war allerdings noch nicht vorhanden. Wenn ich abends im Bett lag, und der Lärm der tanzenden und trinkenden Soldaten mich nicht einschlafen ließ, konnte ich den Gang der Sterne, die am Nachthimmel vorüberzogen, mit Muße beobachten. Noch etwas anderes aber störte empfindlich die Nachtruhe. Nicht weit von meiner Hütte wohnten in einer Baracke über hundert Ovambo. Sie wurden von Flöhen übel geplagt; denn Swakopmund erlebte in diesem Jahr eine große Flohplage. Die Ovambo wußten sich zu helfen. Sie breiteten ihre Schlafdecken vor meiner Tür aus. Ich konnte mich nur durch eifrige Jagd auf dies Kleinwild schützen. Um eine Übersicht zu gewinnen, beschloß ich an einem Abend, den Jagdertrag einer Viertelstunde zu zählen. Als die Viertelstunde vorüber war, bedeckten 40 Erschlagene einen Papierbogen. Nicht gezählt wurden die Entronnenen. Hammann und ich vereinbarten, daß er sich der kriegsgefangenen Herero bis zu seiner Abreise nach Deutschland annehmen wolle, ich aber solle zu den zahlreichen Bergdama gehen. Gehen — wohin denn? Das Hafenamt hatte für seine Bergdamaarbeiter Holzbaracken am Meeresstrande errichtet. Die Bahnverwaltung ließ ihre Arbeiter in selbsterrichteten Hütten wohnen, die man aus Latten, Holzstücken, verrostetem Wellblech und leeren Säcken hergestellt hatte. Hier wohnten die meisten Menschen. Zu ihnen ging ich zuerst und suchte nach Christen. Ich fand nur wenige, und die ich fand, eigneten sich nicht zum Zusammenschluß zu einer Gemeinde. Es war in damaliger Zeit Brauch geworden, daß Leute, die in den Christengemeinden des Inlandes sich gar zu sehr an den Ordnungen der Gemeinde vergangen hatten, nach Swakopmund gingen. Dort gab es ja keine Gemeinde; man konnte unangefochten leben, wie man wollte. Ich fand aber einen alten Heiden, der tagsüber Kohlen schaufelte und des Abends außergewöhnlich zugänglich war. Er wurde von den andern Bergdama respektiert. Vor seinem Hause hatte er einen Windschutz aus leeren Zementtonnen errichtet. Je zwei Tonnen hatte er aufeinander gestellt und mit schwerem Sand gefüllt. Im großen Halbkreis umgab dieser Windschutz seine ärmliche Hütte. Ich fragte den Alten, ob er erlauben wolle, daß wir in seinem geschützten Hof jeden Sonntag Kirche hielten. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Kurze Geschichten aus einem langen Leben erzählt von Dr. H. Vedder, Missionar, von Heinrich Vedder.

Titel: Kurze Geschichten aus einem langen Leben
Autor: Heinrich Vedder
Verlag: Rheinische Missions-Gesellschaft
Wuppertal-Barmen, 1953
Originalleinen, 14 x 19 cm, 246 Seiten, 1 sw-Abbildung, 1 Karte im Anhang

Vedder, Heinrich im Namibiana-Buchangebot

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