Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl, von Ingrid Kubisch

Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl, von Ingrid Kubisch. Selbstverlag Ingrid Kubisch. Witvlei, Namibia. ISBN 9991630058 / ISBN 99916-30-05-8

Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl, von Ingrid Kubisch. Selbstverlag Ingrid Kubisch. Witvlei, Namibia. ISBN 9991630058 / ISBN 99916-30-05-8

Um das lebenswichtige und meist strapaziöse Thema der Wassersuche und dem Bohrloch schlagen geht es in der Farm-Erzählung aus dem Buch Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl, von Ingrid Kubisch, "Die mächtige Helena".

Es war eine sehr schöne Farm, die Kurt von Molto sich erworben hatte, wirklich, sehr schön. Doch leider, leider gab es auf dieser Farm nur ein Bohrloch, das Wasser lieferte. Das war natürlich zuwenig, wenn man als moderner Farmer Weidewirtschaft betreiben wollte. Sein Haus, es bestand aus Küche, Schlafzimmer, Dusche und Wohn-Eßzimmer, hatte er mit seinen Arbeitern selbst gebaut. Zuletzt, als noch Backsteine und Zement übrig waren, bauten sie eine kleine Veranda. Da saß er oft und rechnete und kalkulierte. Eines Tages hatte er genug gerechnet und kalkuliert, und, nachdem er eine Ladung Beester verkauft hatte, beschloß er, auf Wassersuche zu gehen. Zumindest - er beschloß einen Wünschler kommen zu lassen. Der sollte ihm die großen, reichen Wasser, die sich so hartnäckig unter der Erde verborgen hielten, anzeigen. Der erste Wünschler war ein Meneer van der Merwe, der seine Ledertasche voller Dankesschreiben von erfreuten Farmern und Siedlern hatte, denen er zu ertragreichen Quellen verholfen hatte. Meneer van der Merwe ließ sich häuslich auf der Veranda nieder und entdeckte zunächst die ertragreiche Bierquelle Kurt von Moltos. Vor allem dürfe man nichts überstürzen, sagte er. Das Wassersuchen sei eine hochgeistig, anspruchsvolle Kunst, die erst einer Phase des In-sich-Aufnehmens und der Einwirkung der Umgebung als Ganzes bedürfe. Nach einer zweitägigen Phase des In-sich-Aufnehmens und der Einwirkung war die Bierquelle versiegt, und vom Gemsbock-Rücken lagen nur noch zwei Scheibchen in einer Lache angetrockneter Soße. Kurt von Molto blickte trüben Auges auf die Uberreste und begab sich dann leise schwankend (er konnte ja unmöglich bei der Aufnahme- und Einwirkungsphase nur zuschauen) auf die Veranda, um sich zu erkundigen, ob Meneer van der Merwe nun die geistige Einstellung erreicht habe, um zur Tat schreiten zu können. Van der Merwe sprang forsch auf - er wollte forsch aufspringen -, fiel dabei jedoch über den Tisch, sodaß alle Bierflaschen, Aschenbecher und was sonst noch so auf und um den Tisch herumstand, mit höllischem Getöse auf der Veranda umherkullerte. Kurt von Molto wollte ihm aufhelfen, aber van der Merwe starrte gebannt auf eine um sich selbst drehende Bierflasche. Endlich lag sie still. Van der Merwe ergriff von Moltos helfende Hand, zog ihn zu sich herab und zeigte auf die Flasche. Sie wies mit der Öffnung genau nach Osten. Nach einer trächtigen Stille, in der von Molto abwechselnd auf van der Merwe und dann wieder auf die Bierflasche blickte, ächzte van der Merwe sich hoch und sagte feierlich: „In diese Richtung gehen wir." Dann bückte er sich und nahm die Bierflasche hoch. Auf von Moltos zögernden Einwand, ob eine Wünschelrute nicht doch angebrachter wäre, meinte er, so einen Fingerzeig, so einen eindeutigen, unmißverständlichen Fingerzeig Gottes, wie ihn die Flasche gegeben habe, hätte er noch nie erlebt. Es würde an ein Sakrileg grenzen, wenn sie das Zeichen der Flasche mißachteten. Ursprünglich hätte er ja vorgehabt nach Süden zu gehen, aber nun würden sie in die Richtung gehen, die die Flasche angezeigt habe. Jeder setzte sich seinen Hut auf den Kopf und dann marschierten sie, immer noch etwas unsicher auf den Beinen, gen Osten. Nach einer halben Stunde hob Meneer van der Merwe die Hand und bedeutete von Molto stehen zu bleiben. Dann stellte er die Flasche in den Sand, nahm einen Zollstock heraus und maß die Länge des Schattens, den die Flasche warf. Alsdann nahm er ein Stöckchen und stellte, mathematische Formeln murmelnd, komplizierte Berechnungen im Sande auf. Kurt von Moltos Achtung vor Meneer van der Merwe, die so ziemlich gesunken war, stieg wieder an. Fast hielt er den Atem an, um van der Merwe bei seinen Berechnungen nicht zu stören. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl, von Ingrid Kubisch

Titel: Vom Bohrloch bis zum Riempiestuhl
Autorin: Ingrid Kubisch
Illustrator: Gerd Wehnert
Selbstverlag Ingrid Kubisch
Witvlei, Namibia
ISBN 9991630058 / ISBN 99916-30-05-8
Broschur, 15 x 212 cm, 90 Seiten

Kubisch, Ingrid im Namibiana-Buchangebot

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