Steinland, von Bernhard Jaumann

Steinland, Namibia-Krimi von Bernhard Jaumann. Kindler, Reinbek 2012. ISBN 9783463405704 / ISBN 978-3-463-40570-4

Steinland, Namibia-Krimi von Bernhard Jaumann. Kindler, Reinbek 2012. ISBN 9783463405704 / ISBN 978-3-463-40570-4

Im Namibia-Krimi Steinland lässt Jaumann die aus Windhoek-Katutura stammende Kriminalinspektorin einen Fall von dramatischer Brisanz aufklären: den Mord an einem weißen Farmer.

Bernhard Jaumann  

Die Steine schrien aus dem Grau der Nacht. Sie seufzten nicht und jammerten nicht, es war kein Flüstern, kein Tuscheln, kein sachtes Wispern im Wind. Sie brüllten so laut, dass es in Elsa Rodensteins Ohren gellte und die sicher geglaubten Mauern ums eigene Ich ins Wanken gerieten. Elsa Rodenstein meinte zu spüren, dass auch der Boden unter ihren Füßen nachgab. Gleich würde sie im Sand zwischen den Steinen versinken, bis zu den Knöcheln, bis zur Hüfte, zum Hals, und dann wäre sie verschwunden. Sie nahm das Gewehr quer vor die Brust, tat zwei Schritte und setzte sich auf einen kniehohen Felsbrocken. Eine Kante drückte durch den Stoff ihrer Hose. So war es besser. Der Wind war frisch, die Winternacht klar, und das Mondlicht floss wie Wasser über den Abhang des Hügels im Südwesten. Dort oben war einer ihrer bevorzugten Sundowner-Plätze gewesen. Man konnte mit dem Bakkie* bis zum höchsten Punkt fahren und hatte dann einen weiten Blick fast bis an die westliche Grenze der Farm. Vor allem nach einer guten Regenzeit, wenn das Gras wogte und im sterbenden Sonnenlicht golden erglänzte, konnte man sich keinen schöneren Platz auf Erden vorstellen. Gregor hatte sich immer ein Windhoek Lager aus der Coolbox geholt. Für Elsa hatte er einen Gin Tonic gemixt. «Nicht so viel Gin», hatte sie protestiert, und Gregor hatte gelächelt. Dann hatten sie nichts mehr gesagt, sondern nur noch in die Ferne geschaut, bis die Sonne am Horizont versickert war. Elsa Rodenstein war sich nicht sicher, ob sie jemals wieder auf den Hügel hinauffahren würde. Doch, natürlich würde sie das irgendwann tun! Das Leben ging weiter, wie es immer weitergegangen war. Auch morgen würde für sie die Sonne aufsteigen. Und übermorgen. Und all die Jahre, die ihr noch blieben. Und wenn Elsa nicht mehr war, dann eben für die Generationen, die nach ihr kamen. Elsa durfte sich nicht gehenlassen, musste hart sein wie die Steine, die seit Ewigkeiten der Sommerglut und dem Winterfrost trotzten. Selbst wenn sie brachen, waren sie immer noch da. Und sie schrien nicht. In der Welt, die Elsa kannte, hatten sie nie geschrien. Sie wussten gar nicht, was das war: schreien. Elsa setzte den Kolben des Gewehrs vor ihren Füßen auf und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. «Geht jetzt!», sagte sie. «Wir lassen dich nicht allein», sagte Schroeder. Mit den anderen vier Männern bildete er einen Halbkreis, fast so, als stünden sie um ein offenes Grab und warteten darauf, eine Schippe Sand auf den Sarg zu werfen. Nur, dass sie statt der Schaufel jeweils ein Gewehr in den Händen hielten. Der Vollmond schien so hell, dass ihre Körper Schatten warfen.Schatten in der Nacht, dachte Elsa. Bewiesen sie nicht, dass es nie ganz dunkel wurde über diesem Land? Alles hatte seinen Zweck. Elsa sagte noch einmal:« Geht jetzt!» «Herrgott», sagte Schroeder, «Tatort hin oder her, jeder wird verstehen, wenn du Gregor ins Farmhaus bringst, selbst unsere Polizei.» Gregor? Elsa blickte auf den schwarzen Klumpen vor sich. Es hätte ein Felsbrocken sein können oder sonst etwas. Jedenfalls war es nicht ihr Mann. Höchstens ein toter Körper, der ihm zum Verwechseln glich. Elsa stellte sich vor, wie Gregor über ihnen schwebte und auf seinen Leichnam herabsah. Er würde es bei einem kurzen prüfenden Blick belassen, viel Aufhebens hatte er nie um sich gemacht. Er würde die Pumpe mustern. Die Sonnenkollektoren hatte er installiert, das Bohrloch war schon von seinem Großvater geschlagen worden. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Kriminalroman: Steinland, von Bernhard Jaumann.

Buchtitel: Steinland
Autor: Bernhard Jaumann
Genre: Namibia-Roman
Verlag: Kindler
Reinbek, 2012
ISBN 9783463405704 / ISBN 978-3-463-40570-4
Kartoneinband, Schutzumschlag, 13x21 cm, 320 Seiten

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