Pad. Aufzeichnungen aus Südwest, von Annemarie Berg

Pad. Aufzeichnungen aus Südwest, von Annemarie Berg, d. i. Ursula Ewest. Margarethe Freudenberger. Erstauflage. Faulbach am Main, 1985. ISBN 3924711054 / ISBN 3-924711-05-4

Pad. Aufzeichnungen aus Südwest, von Annemarie Berg, d. i. Ursula Ewest. Margarethe Freudenberger. Erstauflage. Faulbach am Main, 1985. ISBN 3924711054 / ISBN 3-924711-05-4

Pad. Romanhafte Aufzeichnungen aus Südwest, von Annemarie Berg. Annemarie Berg war das Pseudonym der Farmerin Ursula Ewest auf Farm Halali in Namibia.

Ursula Ewest  Annemarie Berg  

Der Brief

Mit großen, ausholenden Schritten ging Inge Helldorff durch den strömenden Regen. Unaufhörlich rann er ihr von der Stirn herab über Nase, Wangen, Kinn, tropfte weiter auf den hellen Trenchcoat und verteilte sich in unzählige kleine Bächlein, die schnell und eilig — ungehindert jetzt auf dem glatten Untergrund — zu Boden strebten. Alles an ihr troff vor Nässe. Selbst das Haar, auf dem nur die Andeutung einer winzigen roten Baskenmütze saß, lag glatt und glänzend wie eine Badekappe dem Kopf an. Dennoch war durchaus keine Eile in Inge Helldorffs Bewegungen. Die langen, festen Schritte, die sie machte, und die sie schnell vorwärts brachten, hatten nichts Unruhiges, Unregelmäßiges an sich, wie es bei hastenden Menschen der Fall ist. Sie schienen eher natürlich und altgewohnt, entsprachen wohl den langen Beinen, dem schlanken, sportlich durchtrainierten Körper und überhaupt der ganzen Art des jungen Mädchens. Man hätte sich schlecht einen andern Gang zu Gesicht und Gestalt denken können. Die Mappe hatte sie unter den rechten Arm geklemmt, die Hände tief in den Taschen vergraben. So schritt sie durch das Rauschen um sie. Ein weiter Weg war es von der Universität nach Hause, dennoch legte sie ihn gern zu Fuß zurück, auch bei solchem Wetter wie heute. Regen schreckte sie nicht. Im Gegenteil, Inge liebte ihn und empfand ihn als wohltuend. Sie verstand nicht, daß es Menschen gab, die auf dies Wetter schimpften und nicht fähig oder willens waren, ihm auch nur den kleinsten Lichtpunkt abzugewinnen. Gewiß, die sonnigen Tage waren vielleicht angenehmer, froher, aber auch diese trüben, verhangenen hatten zweifellos ihre Schönheiten und verdienten es nicht, nur als notwendiges Übel hingenommen zu werden. Wie schön war die Stimmung, die das monotone Geräusch des Regens schuf, diese nachdenkliche, fast ein wenig melancholische Stimmung, die einen zu sich selbst zurückführte und ureigenste Gedanken und Empfindungen wachrief. Wie wunderschön der Duft, den er hervorzauberte, wenn er am Abklingen war, dieser unvergleichliche, herb würzige Duft, der aus feuchter Erde und nassem Asphalt aufstieg, und der einen immer wieder mit dem gleichen Entzücken, dem gleichen starken, lebensfrohen Gefühl erfüllte. Ach, es gab noch hunderterlei andere Dinge, die ihr dies Wetter liebenswert machten. Ab und zu ließ Inge die Zunge flink über die Lippen gleiten, um das kühle Naß zu kosten. Es schmeckte herrlich, viel viel schöner als Leitungswasser. Es war genau wie mit den Eiszapfen, die man früher so gern lutschte, und die einem schmackhafter als die besten Bonbons erschienen. Wenn sie an einer Straßenkreuzung aufgehalten wurde, beobachtete sie ein paar Augenblicke den Aufprall der Regenschnüre auf dem spiegelblank gewaschenen Asphalt des Fahrdamms. Schon als Kind hatte ihr das Spaß gemacht und sie war nie müde geworden, diesem ewig gleichen und doch wechselvollen Spiel der fallenden Tropfen zuzusehen, wenn sie bei der wuchtigen Berührung mit dem Boden in schneeweißem Gischt noch einmal aufschnellten, ehe sie sich endgültig ergaben und mit ihm eins wurden. Wie winzig kleine, am Boden huschende Wesen sahen sie aus. Zu Tausenden, Millionen flohen sie dahin, vom Wind getrieben, um sich in der gleichen Sekunde wieder aufzulösen, den nächsten Platz machend. Wie Elfen sahen sie aus, Irrwische, irgendwelche Wesen aus der Fabelwelt, und ihre Phantasie wob damals Märchen und bunte Bilder um sie. Inge mußte ein wenig lächeln über diese kindlichen Träumereien, aber einen Augenblick später hatte sie ihre Gedanken davon losgerissen, und lag wieder der gleiche nachdenkliche Ausdruck über ihren Zügen. Es galt jetzt anderes zu denken und zu überlegen. Sich nur nicht wieder ablenken lassen. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Pad. Aufzeichnungen aus Südwest, von Annemarie Berg.

Titel: Pad
Untertitel: Aufzeichnungen aus Südwest
Autorin: Annemarie Berg
Verlag: Margarethe Freudenberger, Selbstverlag für Jedermann
Erstauflage. Faulbach am Main, 1985
ISBN 3924711054 / ISBN 3-924711-05-4
Originalbroschur, 15 x 21 cm, 212 Seiten

Berg, Annemarie und Ewest, Ursula im Namibiana-Buchangebot

Pad. Aufzeichnungen aus Südwest

Pad. Aufzeichnungen aus Südwest

Pad. Aufzeichnungen romanhafter Art einer Farmerin aus Südwestafrika.