Ihr und Wir in Südwestafrika, von Marga Vaatz

Ihr und Wir in Südwestafrika, von Marga Vaatz: Raunard Publications: Windhoek, Südwestafrika o. J. (ca. 1962).

Ihr und Wir in Südwestafrika, von Marga Vaatz: Raunard Publications: Windhoek, Südwestafrika o. J. (ca. 1962).

Ihr und Wir in Südwestafrika, von Marga Vaatz: Aus dem Kapitel "Jägersprache".

Marga Vaatz  

Was hatten wir nicht alles zu lernen auf unserer neu aus der Taufe gehobenen Jagd- und Gästefarm. Naiv glaubten wir, daß wir uns im schlichten Deutsch mit unseren Gästen unterhalten konnten. Weit gefehlt. Wir beweisen abgrundtiefe Unbildung, wenn wir von Ohren statt von Lauschern sprachen, vom Hals eines Kudus, anstatt von einem Ständer, wenn wir ihn abhäuten ließen, anstatt das gefallene Wild aus der Decke zu schlagen. Als ein Direktor aus dem Ruhrgebiet von der Jagd zurück kam (Verzeihung: Pirsch!), sah ich den Bruch an seinem Hut (einen Zweig, den der Jagdführer in das Blut des erlegten Tieres taucht und mit einem „Weidmannsheil" dem Jäger überreicht). Ich lief zum Geländewagen und rief spontan: „Oh, gratuliere, das ist ein schöner Kudu." Wie Kanonenkugeln aus einer Stalin-Orgel schlug mir seine Antwort gegen die Brust: „Schön ist ein Frauenarsch, ein Kudu ist kapital oder gut!" Am Boden vernichtet kroch ich in die Küche zurück. Wir saßen mit einem anderen Gast, einem großen, schlanken Wissenschaftler eines deutschen wissenschaftlichen Instituts beim Sun-downer (sprich deutsch: Abendschoppen) auf der Terrasse. Im Westen versank die Sonne und warf rotes Feuer über den Horizont. Dunkelblau standen die Windhoeker Berge gegen den südlichen Himmel, der mit hellblau, rosa, gold und hellgrauen Farbschleiern herumspielte. Eine leichte Brise fuhr durch die Blätter des Pfefferbaumes, der haushoch neben der Terrasse stand. Die schönste Stunde des Tages, diese kühle, kurze Stunde der Dämmerung. Zirka zwanzig Meter unter uns schimmerte der weiße, feine Sand des Riviers (Trockenfluß) und verlor sich, nach Süden immer schmaler werdend, zwischen den fernen Hügeln. Ein Schakal huschte wie ein flüchtiger Schatten über das Rivier. „Da läuft ein Schakal", rief ich, stolz, daß ich ihn zuerst gesehen, Verzeihung! ausgemacht hatte. „Ein Schakal läuft nicht, gnädige Frau, er schnürt!" „Warum schnürt er denn?" Wenn schon, dann will ich es auch genau wissen! „Ein Schakal setzt genau wie ein Fuchs seine Pfoten so dich nebeneinander, daß sie wie Perlen aussehen. Die Spitze seines Schwanzes gleitet mitten durch diese Spur und reiht die Perlen wie eine Schnur auf. Deshalb sagt man: er schnürt." Aha! Am nächsten Tag fuhr ich mit auf die Jagd: Verzeihung, Pirsch. Unser junger Gelehrter schoß einen kapitalen Kudubullen weidwund und nahm mit einem schwarzen Spurensucher die Nachsuche auf. Mein Mann (das war Edgar Vaatz) und ich kletterten auf einen Berg und verfolgten im Fernglas, wie die zwei hinter den Kudu hertigerten, der immer wieder hinter dem nächsten Khomashochlandberg verschwand. Da sich der Kudu in Richtung des Hauses absetzte, hatten wir nach zwei Stunden das Beobachten satt und kehrten zum Farmhaus zurück. Nach 4—5 Stunden mühsamster Nachsuche: bergauf, bergab, über mit losem Geröll und großen Klippen bedeckter Erde, unter einem blaßblauen Himmel, der Hitzewellen gegen den Boden warf — hatte unser Doktor der Chemie endlich den Schuß anbringen können, der das Tier zu Boden gehen ließ. Unsere schwarzen Arbeiter brachten das Wild auf zwei Donkey-Rücken nach Haus. In der Dämmerung — oh, wie köstlich schmeckte das Bier, wenn der Durst die Kehle bis in die Magenschleimhäute ausgetrocknet hatte — saßen wir wieder auf der Terrasse. Unser Jäger entspannt, glücklich, aber mit Schatten der körperlichen Ermüdung unter den Augen. "Ja, Herr Doktor", sagte ich samtweich, „wir haben von oben beobachtet, wie Sie über die Berge - geschnürt sind." Er warf den Kopf herum, in seinen Augen blitzte es auf, unsere Blicke verhakten sich, dann sagte er mit einer leichten Verbeugung im Sitzen: „Gnädige Frau, Sie überschätzen mich." Gut pariert! 1:0 für ihn!

Dies ist ein Auszug aus: Ihr und Wir in Südwestafrika, von Marga Vaatz:

Titel: Ihr und Wir in Südwestafrika
Autorin: Marga Vaatz
Verlag: Raunard Publications
Windhoek, Südwestafrika o. J. (ca. 1962)
Original-Kunstledereinband mit goldgeprägtem Deckeltitel, 15 x 20 cm, 210 Seiten

Vaatz, Marga im Namibiana-Buchangebot

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