Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika, von Otto von Weber

Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika, von Otto von Weber.

Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika, von Otto von Weber.

Webers Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika ist ein nützliches und spannendes Nachschlagewerk über die deutsche Zeit Südwestafrikas.

3. Kapitel: Lüderitz

Adolph Lüderitz wurde 1834 als Sohn eines Bremer Großkaufmanns im Tabakhandel in Bremen geboren. Nachdem er dort die Handelsschule durchlaufen hatte, trat er als Lehrling Ostern 1851 in das väterliche Geschäft ein. Nach Beendigung der Lehrzeit wollte er das Ausland kennenlernen und fuhr, 20 Jahre alt, 1854 nach Amerika. Er hatte aber dort kein Glück und kam arm und enttäuscht 1859 nach Bremen zurück, wo er wieder in das väterliche Geschäft eintrat. 1866 heiratete er Emmy von Lingen aus Bremen, die mit ihrer ruhigen und zarten Art eine gute Ergänzung zu Lüderitz' lebhaftem, zuweilen derben Temperament war. Es war eine harmonische Ehe, in die die Frau ein erhebliches Vermögen einbrachte. Nach dem Tode des Vaters (1878) betrieb Lüderitz das Tabakgeschäft allein mit gutem Erfolg. Der deutsche Reichskanzler Bismarck hatte in diesen Jahren den Plan eines staatlichen Tabakmonopols. Das hätte den hanseatischen Tabakhandel lahmgelegt. Lüderitz sah sich deshalb nach anderen Geschäftsmöglichkeiten um. Er wurde mit dem jungen Bremer Kaufmann Vogelsang bekannt, der ihn auf das südliche Afrika, das er kannte, hinwies. Lüderitz hatte eine Faktorei in Lagos betrieben, wegen ausländischer Konkurrenz aber nicht mit dem gewünschten Erfolg. Vogelsang schlug Lüderitz vor, er wolle für ihn nach Westafrika gehen, um dort eine Faktorei zu gründen. Während Lüderitz noch unschlüssig war, kam ein Kapitän Timpe nach Bremen, der Arbeit suchte. Er wollte für Lüderitz nach Südwestafrika fahren. Die drei berieten nun gemeinsam und stellten fest, daß Südwestafrika noch von keiner europäischen Macht besetzt sei. Als Lüderitz nun hörte, daß das Klima dort für Europäer erträglich sei, faßte er den Plan der Gründung einer deutschen Kolonie: „Nein, dorthin (das heißt nach West- und Ostafrika) gehen wir nicht. Diese Küsten sind so ungesund, und wenn wir eine Kolonie gründen und aus der Kolonie mal was werden sollte, will ich auch, daß der Deutsche dort leben kann" (1). Der Gedanke, daß Deutschland Kolonien brauchte, wurde damals lebhaft in Deutschland besprochen. Das Buch von Fabri habe ich schon erwähnt. 1882 wurde der „Deutsche Kolonialverein" gegründet. Nach der eben angeführten Äußerung scheint es, daß Lüderitz die Gründung einer deutschen Kolonie mit deutschen Siedlern erstrebte. Es waren also nicht nur kaufmännische Erwägungen, die ihn zu seinem Vorgehen veranlaßten. Die drei entschlossen sich, in Südwestafrika einen Versuch zu machen. Vogelsang sollte nach Kapstadt vorausfahren, um Erkundigungen einzuziehen. Kapitän Timpe sollte mit der „Tilly" nachkommen. „Tilly" war ein Schoner von 260 t, den Lüderitz gekauft hatte, um damit Waren und Material für die zu gründende Faktorei zu senden. Die Waren bestanden hauptsächlich aus Waffen und Munition, wofür man in Südwestafrika einen guten Markt erwartete. Am 10.12.1882 verließ Vogelsang Bremen und kam am 6.1.1883 in Kapstadt an. Vogelsang wurde in Kapstadt bekannt mit Dr. Theophilus Hahn, dem Sohn des Missionskolonisten Samuel Hahn, den ich schon erwähnt habe (S. 10). Theophilus Hahn kannte Namaqualand gut und behauptete, das Land sei reich an Mineralien, besonders Kupfer. Und es wurden ja auch nicht weit von der Grenze von Südwestafrika in Springbok reiche Kupfervorkommen abgebaut. Und nach Kupfer hat Lüderitz durch mehrere Expeditionen suchen lassen. Jäckel, dem sich Drechsler anschließt, meinte, Lüderitz habe gehofft, Gold zu finden (2). Er weist darauf hin, daß kurz vorher Gold in Südafrika entdeckt worden sei und daß gerade damals der Kupferpreis sehr niedrig gewesen sei. Auch wäre das Transportproblem nicht zu lösen gewesen bei dem Fehlen von Straßen und jeglichen Verkehrsmitteln. Lüderitz hätte also als Kaufmann von vornherein erkennen müssen, daß ein Kupferabbau nicht lohnend sein würde. Ich finde jedoch in den Quellen keine Andeutung davon, daß „die südwestafrikanische Unternehmung damals vorzugsweise Gold- und Diamantenspekulation war." Vielmehr berichtet Hans Schinz (3), „die unmittelbare Nachbarschaft der im Bereiche der Kolonie liegenden Kupferwerke in Ookiep ließen die Annahme einer Fortsetzung der erzführenden Schichten in das deutsche Gebiet hinüber als gerechtfertigt erscheinen, und die dort von englischen Reisenden und Händlern in früheren Jahren bereits tatsächlich gemachten Kupferfunde mußten den Unternehmer in jeder Ansicht nur bestärken." Vogelsang stellte in Kapstadt fest, daß der Hafen von Angra Pequena (später Lüderitzbucht genannt) noch von keiner europäischen Macht, insbesondere nicht von England, besetzt sei. Er entschloß sich daher, Angra Pequena als Ausgangspunkt zu nehmen. Den Versuch, Angra Pequena über Land zu erreichen, mußte er nach wenigen Tagen aufgeben und nach Kapstadt zurückkehren, wo er sich eingehend über Südwestafrika bei Hahn informierte. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika, von Otto von Weber.

Buchtitel: Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika
Autor: Otto von Weber
Verlag: Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft
9. Auflage, Windhoek 2007
ISBN: 99916-40-08-8 Namibia
ISBN: 3-936858-38-1 Deutschland
Broschur, 15x21 cm, 284 Seiten, zahlreiche sw-Fotos, 1 Faltkarte

Weber, Otto von im Namibiana-Buchangebot

Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika

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Otto von Webers Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika ist Nachschlagewerk über die deutsche Zeit Südwestafrikas.

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