Lüderitzland. Sieben Begebenheiten, von Hans Grimm
Die Metapher 'Lüderitzland' wählte Hans Grimm für die Umschreibung Südwestafrikas, aus dessen an Geschichten reichem Fundus, er hier sieben Begebenheiten erzählt.
Die Geschichte vom alten Blut und von der ungeheuren Verlassenheit
Es gibt ein Stück Erde im Nordwesten von Deutsch-Südwestafrika, das Stück Erde ist mit seinen Gebirgen und Tälern, mit Busch und Steppe und Sand und Wasserlöchern einsam und fremd gebüeben bis auf diesen Tag. Zuerst sah ein deutscher Missionar in die geheime Welt, aber es schien niemand dort zu leben. Dann polterten Burenwagen hinein und suchten den Weg nach dem Kunene und suchten das gelobte Land, darin Milch und Honig flösse und sagenhafte Jagdgelegenheit sei und ein richtiger Bin* keine unbequeme Arbeit tun, keine Steuern zahlen und keiner Obrigkeit gehorchen müsse. Sie fanden Jagd, und Obrigkeit und Steuern fehlten, aber Milch und Honig flössen nicht, und das Land war auch sonst schreckhaft. Dann kamen die Deutschen und gründeten Deutschsüdwestafrika und nannten auch das Kaokoland ihr eigen. Sie siedelten am Eingang an bekannten Quellen den Rest eines wandernden Hottentottenstammes an, sie ließen die Küste auf Landungsmöglichkeiten abtasten, sie statteten eine Gesellschaft mit Rechten aus; ein Deutscher erschien mehr aus zähem, eigenem Willen als im Dienste und kletterte viele Jahre hindurch auf die Gebirge und peilte sich durch den Sand und kreuzte durstend die trockenen Flußläufe, um eine mächtige, unvollendete Karte zu zeichnen, für die ihn niemand bezahlte; ein Norweger in Gesellschaftsdiensten prüfte neben ihm, wo allenfalls eine Eisenbahn herführen könne von Otavi an die Küste. Zuletzt wurden am Rande des Landes ein paar unvermessene Farmen verkauft, sie blieben außerhalb des Polizeischutzes. Dann ereignete sich der große Krieg. Als die Südafrikaner Deutschsüdwestafrika besetzt hatten, streifte in Teilen des Kaokolandes ein deutscher Jäger herum, er wollte für sich mit den Südafrikanern erst Frieden machen, wenn allgemeiner Frieden werde; er wurde verraten von Eingeborenen, am Wasser, wo der Mensch hin muß wie das Tier. Danach schrieben die Südafrikaner in ihren Zeitungen, daß es im Nordwesten von Südwestafrika ein Land gebe mit Gebirgen und Tälern, mit Busch und Steppe und Sand und Wasserlöchern, das einsam und fremd geblieben sei bis auf den neuesten Tag. Sie taten nach ihrer lauten Art, als hätten sie das Land gefunden und eigentlich auch erfunden. Sie malten die Karte des deutschen Kletterers ab, ohne ihn zu nennen, sie gaben einigen ihrer Politiker und Zoologen die Erlaubnis zu einem Jagdzuge, aber Gold und Diamanten fand keiner. Und also blieb das Land immer noch einsam und fremd. Es behielt Tafelberge von unglaubhafter Ausdehnung, über deren Rücken kein Weißer je gegangen ist, es behielt seine Furchen von Hunderten und Tausenden von Tälern und Tälchen, die keiner kennt, es behielt breite Senken mit üppigem Grase, darauf nie zahme Herden weideten, es behielt seine Giraffen und Elefanten und Löwen und schien mancherorts unglaubhaft wildreich und mancherorts miglaubhaft wildarm, wie die von der Natur angebotene Nahrung in den verschiedenen Jahren und zu den verschiedenen Jahreszeiten in einem Lande der Sonne und Härte und der ungezähmten Wildnis das mit sich bringt. [...]
Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Lüderitzland. Sieben Begebenheiten, von Hans Grimm.
Titel: Lüderitzland
Untertitel: Sieben Begebenheiten
Autor: Hans Grimm
Verlag: Albert Langen / Georg Müller
München, 1935
Original-Leinenband, 13 x 21 cm, 209 Seiten, Schrift: Fraktur
Grimm, Hans im Namibiana-Buchangebot
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