Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze

Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze. Kuiseb-Verlag. Windhoek, Namibia 2009. ISBN 9789991640877 / ISBN 978-99916-40-87-7

Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze. Kuiseb-Verlag. Windhoek, Namibia 2009. ISBN 9789991640877 / ISBN 978-99916-40-87-7

Fotoauszug aus: Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze.

Fotoauszug aus: Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze.

Aus dem Kapitel "Veränderungen" des Reiseberichtes Meine namibische Schwester - Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze, stammt der folgende Auszug:

„Kalt!" hörte ich als erstes deutsches Wort von der schwarzhäutigen Frau auf dem Sitz neben mir. Und daraus entwickelte sich ein eifriges Gespräch über das Woher und Wohin. Ihre Kenntnisse der deutschen Sprache waren etwas besser als meine lückenhaften Englischkenntnisse. Die Stunde Fahrzeit im Linienbus war spannend und mühsam zugleich. Für mich war das die erste persönliche Begegnung mit einer Afrikanerin, auch der erste schwarz-weiße Händedruck, bevor ich an meiner Haltestelle ausstieg. Eine Woche später rief sie mich an, wir verabredeten uns, gingen auf Besichtigungstour durch Potsdam, und Monate später saß sie bei meinem Mann und mir am österlich gedeckten Kaffeetisch. Weihnachten dann klang „Stille Nacht, heilige Nacht" in Deutsch und Oshivambo durch unser Wohnzimmer. Meine Mutter war neugierig genug, diese Fremde als Familienmitglied anzunehmen und mit ihr auch die Probleme ihrer schulpflichtigen Tochter im tschechischen Internat und die ihres Ehemannes an seinem jeweiligen Aufenthaltsort in Afrika zu teilen. Zögerlich nahmen auch einige unserer Freunde persönlichen Kontakt zu unserer neuen Freundin auf. Den meisten genügte es, Kleiderspenden für sie und ihre elf Landsleute im hiesigen Wohnheim abzugeben. Ich war gerade dabei, meine eigene Befangenheit zu überwinden, daher war zwar Zeit für Erklärungen, aber nicht um Bedenken auszuräumen und darauf zu warten, dass meine Freunde es mir gleich taten. Selbst in der Verwandtschaft stieß ich auf abwartendes Unverständnis, auf Schweigen. Ich begab mich also in andere Kreise, an deren Grenzen ich bis heute noch nicht gestoßen bin. Mit der wachsenden Freundschaft zwischen Okka und mir begann für mich ein Prozess des Staunens, Lernens und Helfens. Die Weltgeschichte ließ meiner Freundin Okka gerade noch Zeit, ihre Berufsausbildung zu beenden und ihre Facharbeiterprüfung abzulegen. Eine Folgeoperation ihrer Verletzungen aus dem Unabhängigkeitskampf - wieder an der Charite in Berlin - wurde auf später verschoben. Dann reiste sie zur Registrierung für die ersten freien Wahlen nach Namibia. Für mich war das im Juni 1989 ein Abschied ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen. Sie sah das anders: Namibia würde für Honecker ein Gästehaus bauen und dort könnte auch ich mich dann im Urlaub aufhalten. Sie verstand mein bitteres Lachen nicht. Ein paar Monate später hatte sich der Gedanke an eine von der Republik Namibia gelebte Freundschaft mit Honecker dann zerschlagen. Der Staat DDR ging seinem Ende entgegen. Reisebeschränkungen für mich gehörten der Vergangenheit an. Ich schickte Pakete mit Überresten aus einer Betriebskantine und aus einem Internat an meine Freundin für ihren ersten Haushalt. Während der aufregenden Veränderungen des Lebens in Deutschland verband ein unsichtbares Netz die von den Afrikanern Zurückgelassenen - Lehrer, Freunde, Freundinnen. Wenn sich jemand von ihnen schon eine Reise nach Namibia leisten konnte, übertrug sich die Aufregung auf alle. Neuigkeiten wurden ausgetauscht und Briefe, kleine Geschenke wurden hin und her befördert. Die Reiseberichterstattungen - mit Spannung erwartet - glichen kleinen Festen. Wenn jemand namibischen Besuch hatte, dann bedurfte es schon einer guten Organisation, damit jeder jeden sah und alle gemeinsam etwas aßen. Ein jahrelanger Briefwechsel mit meiner Freundin in Windhoek und mit einem Freund in Ondangwa, der seine Ausbildung zur gleichen Zeit wie sie in der DDR durchlief, hielt mich mit Neuigkeiten auf dem Laufenden. Meine Freundin war inzwischen bei der Air Namibia angestellt, also nutzte sie einen vergünstigten Personalflug nach Deutschland und kam 1993 mit ihrer einjährigen Tochter zu Besuch. Ein Jahr später reisten mein Mann und ich dann endlich erstmals nach Namibia. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen, von Gertrud Hintze.

Titel: Meine namibische Schwester
Untertitel: Begegnung über Grenzen
Autorin: Gertrud Hintze
Kuiseb-Verlag
Windhoek, Namibia 2009
ISBN 9789991640877 / ISBN 978-99916-40-87-7
Broschur, 15 x 21 cm, 96 Seiten, zahlreiche sw-Fotos

Hintze, Gertrud im Namibiana-Buchangebot

Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen

Meine namibische Schwester. Begegnung über Grenzen

Meine namibische Schwester ist ein einfühlsamer Bericht über erlebte Freundschaft und gibt Einblicke in Beziehungsverständnis und Familienleben in Namibia.