Meine Freunde die Buschmänner, von Elizabeth Marshall Thomas

Meine Freunde die Buschmänner, von Elizabeth Marshall Thomas. Verlag: Ullstein, Frankfurt a. M., West-Berlin 1962.

Meine Freunde die Buschmänner, von Elizabeth Marshall Thomas. Verlag: Ullstein, Frankfurt a. M., West-Berlin 1962.

Vom dritten Besuch bei den afrikanischen Freunden erzählt 'Meine Freunde die Buschmänner' von Elizabeth Marshall Thomas, ein von der damaligen Kritik einmütig gelobtes Buch.

Die Kalahari

In Südwestafrika und im westlichen Betschuanaland erstreckt sich eine riesige Buschwüste, die im Norden vom Ngami-See und vom Okowango-Fluß, im Süden vom Oranje-Fluß und im Westen von den Damara-Bergen begrenzt wird. Das ist die Kalahari, ein Teilstück eines großen Binnentafellandes Südafrikas, das im Westen zum Meer hin abfällt, ein Gebiet von niedrigen Sanddünen und weiten Ebenen, flach, trocken, sich dahinwellend über Tausende von Meilen hinweg, ein feindseliges Land des Durstes und der Hitze und der Dornen, dessen Gras rauh ist und oft stachelbewehrt und dessen Steine Skorpione verbergen. Von März bis Dezember, in der langen Dürrezeit des Jahres, backt die Sonne die Wüste zu pulvertrockenem Blattwerk und Staub. Es gibt überhaupt keine Oberflächengewässer, keine Wolken, die Kühle, keine hohen Bäume, die Schatten spenden, sondern nur niedriges Gestrüpp und Grasbüschel; und zwischen den Grasbüscheln wachsen dornige Disteln, Kräuter mit holzigen und stacheligen Stengeln, alle zu einem Wirrwarr verknüpft während der Regenzeit, aber jetzt trocken, zerknittert, tot. Die Kalahari stellte eine nackte, jeder Anhaltspunkte bare Landschaft dar, wären nicht die Baobabbäume. Und selbst die wachsen in großen Abständen voneinander, und manche Gebiete müssen auch auf sie noch verzichten. Wo aber einer steht, ist er der größte, höchste Gegenstand in der Runde, der das weite Veld beherrscht, eindrucksvoller noch, als ein Berg es vermöchte. Er kann sechzig Meter hoch werden und einen Durchmesser von neun Metern erreichen. Er hat große, dicke Äste, die aufs Geratewohl aus dem Stamm herauswachsen und gleich sich streckenden Armen zum Himmel hinauf- greifen. Die Rinde ist dünn und glatt und fast rosafarben und fällt faltig zum Fuß des Stammes hinunter wie die Haut an einem Elefantenbein, weshalb der Baobab manchmal auch Elefantenbaum genannt wird. Der Stamm ist weich und fleischig, nicht wie Holz, sondern eher wie eine Karotte, und wenn man sich an ihn lehnt, stellt man fest, daß er warm ist von der Sonne, und man erwartet fast, in ihm ein großes Herz schlagen zu hören. Im Frühjahr, von der Feuchtigkeit ermutigt, stellen diese Riesen große, weiße Blüten zur Schau, die Gardenien gleichen, weiß wie Monde sind und wohlriechend und mit dem Gesicht zur Erde hinuntersehen; während des Sommers tragen sie eßbare alaunähnliche trockene Früchte von Birnengestalt. In der Kalahari braucht man keine Berge. Die großen Baobabs in den Ebenen, der Wind und die Jahreszeiten genügen. Gewöhnlich wehen in den heißen Monaten nur leise Winde, die ein Geflüster von trockenem Laub und ein Kräuseln im Gras zurücklassen, als wäre eine Schlange vorübergeglitten, aber gelegentlich gibt es doch einen windigen Tag, und alle niedrigen Bäume des Velds sind in Bewegung und schwanken und neigen sich, und das Gras weht hin und her. Wenn kein Wind geht, speichert sich die Hitze in der Luft und steigt in dicken, zitternden Wellen empor, die alles verzerren, was man sieht; das Thermometer klettert auf fünfzig Grad Celsius und höher, und die Luft fühlt sich schwer an, sie drückt und ist nur mit Mühe zu atmen. Juni und Juli sind die Wintermonate. Stehengelassenes Wasser gefriert dann in der Nacht, und im ersten Morgenlicht sind alle Baume und Grashalme spröde vor Rauhreif. Die Tage erwärmen sich langsam bis auf etwas über fünfundzwanzig Grad Celsius am Mittag; aber abends, wenn die Sonne gelb und weit in der Ferne über dem flachen Veld untergeht, kommt die Kälte zurückgekrochen und läßt die Feuchtigkeit aus der dunklen Luft herausfrieren, so daß der schwarze Himmel von Sternen erglänzt. Im Winter weht der eisige Wind, der stetig von der Antarktis her über den Kontinent strömt, die ganze Nacht hindurch. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Meine Freunde die Buschmänner, von Elizabeth Marshall Thomas.

Titel: Meine Freunde die Buschmänner
Untertitel: Bei den Nomaden der Kalahari
Autorin: Elizabeth Marshall Thomas
Übersetzung: Hermann Stiehl
Verlag: Ullstein
Frankfurt a. M., West-Berlin 1962
Original-Leinenband, Original-Schutzumschlag, 15 x 22 cm, 240 Seiten, 27 Abbildungen, 1 Faltkarte

Marshall Thomas, Elizabeth im Namibiana-Buchangebot

Meine Freunde die Buschmänner

Meine Freunde die Buschmänner

Meine Freunde die Buschmänner: Ein Expeditionsbericht der 1950er Jahre über die San bzw. Buschleute der Kalahari.