Herero, von Gerhard Seyfried

Herero, von Gerhard Seyfried. Aufbau Verlag. Berlin 2007. ISBN 9783746620268 / ISBN 978-3-7466-2026-8

Herero, von Gerhard Seyfried. Aufbau Verlag. Berlin 2007. ISBN 9783746620268 / ISBN 978-3-7466-2026-8

Aus dem Roman 'Herero' von Gerhard Seyfried, stammt folgender Textauszug aus dem Kapitel 'Hauptmann Franke'.

12. Januar (Dienstag): Steine und ein paar kümmerliche Akazien und Dornsträucher säumen die Ufer des Großen Fischflusses. Trotz der brütenden Hitze führt der Fluß Wasser, wenn auch nur ein Rinnsal. Ringsum Hügel und öde, steinige Wüste. Auf einer Anhöhe thront eine stattliche Festung mit Zinnen, darunter da und dort verstreut ein paar Häuser und Schuppen, eine Kirche, ein alter Wachtturm, eine kleine deutsche Schule und ein Baum. Am Ufer ein paar dürftige Gärten und ein wenig staubiges Grün. Das ist Gibeon, im Tal des Großen Fischflusses. Die aus Omaruru kommende berittene 2. Feldkompanie der Schutztruppe unter Hauptmann Victor Franke, siebenundachtzig Mann stark, bezieht Lager im Ort. Die Kompanie ist auf dem Weg nach Süden ins Aufstandsgebiet der Bondelzwarts. Männer und Pferde sind verstaubt und erschöpft; der Tag war sehr heiß, und sie sind seit zwölf Tagen unterwegs. Die Truppe reitet die kleine Anhöhe zur Feste hinauf und sattelt ab. Wüst und verfallen wirkt der Ort aus der Nähe, staubig und trostlos, fast verlassen. Oberleutnant Griesbach, der mit dem Geschützzug vorausmarschiert war, hat hier auf die Kompanie gewartet, um sich wieder zu unterstellen. Der Geschützzug besteht aus einem alten 8-Zentimeter-Feldgeschütz C.73, mit zwei Pferden und sechs Mauleseln bespannt, vier Reservepferden und der Nachschubkarre mit zehn Maultieren. Hauptmann Franke überläßt sein Pferd seinem schwarzen Pferdepfleger Otto, einem Bergdamara. Er erwidert Oberleutnant Griesbachs Gruß, hört sich die Meldung des hier stationierten Polizei-Unteroffiziers an und dankt dem Mann. Steif und müde nach dem langen Ritt, sehnt er sich nach einem Glas Bier, aber erst wollen Männer und Tiere versorgt sein. Der Hauptmann ist ein Pferdeliebhaber und kennt beinahe jeden einzelnen Gaul in seiner Kompanie, mit den zurückgelassenen Reservepferden immerhin zweihundert Tiere. Er selbst hat fünf eigene Reittiere dabei, seinen schönen Schimmel »Bleßbock«, den Fuchswallach »Adler«, den Rappen »Kaiser« und den braunen »Darius«, dazu den Schimmelwallach »Wallenstein«, den Leutnant v. Wöllwarth reitet. Hauptmann Erich Victor Carl August Franke, geboren bei Troppau im österreichischen Teil Schlesiens, ist siebenunddreißig Jahre alt, mittelgroß und drahtig. Das Gesicht ist braunverbrannt, die Augen sind gegen die Sonne verkniffen. Die Schnurrbartenden sind nach oben gebürstet. Seiner großen, gebogenen Nase wegen nennen ihn die Hereros in seinem Bezirk »das Nashorn«. Der Hauptmann ist seit Juli 1896 im Land, ein erfahrener und energischer Mann, der das Reiter- und Soldatenleben liebt und hier in Südwest seine wahre Berufung gefunden hat. Ein »scharfer Hund« ist er für seine Reiter, einer, der schon mal die Beherrschung verliert und furchterregend grimmig werden kann, aber die Leute achten ihn und lieben ihn sogar. »Der Hauptmann ist schon in Ordnung«, sagt Wachtmeister Wesch, »er behandelt uns nicht schlechter als die Gäule, und die können sich nicht beklagen.«

13. Januar (Mittwoch): Oben auf dem Hügel und so vor dem Eingang der Feste, daß er seine Truppe im Auge behalten kann, hat Hauptmann Franke einen Tisch und ein paar Stühle aufstellen lassen und bespricht beim Frühstück mit den Offizieren den Tagesplan und Einzelheiten des Weitermarsches nach Keetmannshoop. Oberleutnant Paul Griesbach führt den zweiten Zug und ist nach Franke der älteste Offizier und Stellvertreter des Hauptmanns. Leutnant Erich Freiherr v. Wöllwarth, ein gutaussehender junger Mann, führt den ersten Zug; Leutnant Paul Leutwein, der Sohn des Gouverneurs, befehligt den dritten Zug. Der Mediziner der Kompanie, Stabsarzt Dr. Hummel, sitzt mit verschränkten Armen dabei und blinzelt in die Sonne. Hartes Brot und aufgeschnittene Büchsen mit Corned beef stehen auf dem Tisch, dazu Streifen von luftgetrocknetem Kudufleisch und eine große Kruke mit Pflaumenmus. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Herero, von Gerhard Seyfried.

Titel: Herero
Autor: Gerhard Seyfried
Genre: Roman
Verlag: Aufbau Verlag
4. Auflage, Berlin 2007
ISBN 9783746620268 / ISBN 978-3-7466-2026-8
Originalbroschur, 12 x 19 cm, 640 Seiten

Seyfried, Gerhard im Namibiana-Buchangebot

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'Herero' ist ein breit angelegter, detailreicher Historienroman über den Hereroaufstand von 1904 in Deutsch-Südwestafrika.

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