Südwest. Ein afrikanischer Traum, von A. E. Johann
Südwest: Ein afrikanischer Traum ist der Roman einer außergewöhnlichen Frau und die Geschichte einer Familie, die über drei Generationen einer harten, feindlichen Umwelt ein Stück Land abtrotzte und kultivierte.
Sollte das wahr sein? War man deshalb so weit und so lange gefahren, um schließlich nichts weiter zu erreichen als dies jämmerliche Ziel? So sah es also aus, dies Südwestafrika, das die einundzwanzig Mannschaften und Unteroffiziere unter dem Hauptmann Kurt von Francis »beschützen« sollten, das heißt, es war eigentlich nicht viel zu sehen, was sich zu sehen oder zu beschützen lohnte. Tagelang war das englische Frachtschiff, halb unter Dampf, halb unter Segeln, wie es das Wetter erforderte, an der Südwester Küste südwärts gescheppert, nicht eben schnell; mehr als acht, höchstens zehn Seemeilen in der Stunde waren nicht zu erwarten. Die deutschen Soldaten auf dem englischen Schiff, als »Forschungsreisende« getarnt, hatten an der schwankenden Reling gestanden und nach Osten geblickt, wo irgendwo im Dunst und kalten Nebel das Land liegen mußte, für das sie sich in einem Anfall von Wagemut - oder war es Übermut gewesen? - gemeldet hatten. Ganz selten nur war Land in der Ferne erkennbar geworden als ein schmaler, blasser Streif am Horizont - es konnte genau so gut für eine ferne Wolkenbank gehalten werden. In dem kleinen Speisesaal des Schiffes war eine simple Seekarte der Westküste Afrikas an die Wand geheftet gewesen, damit die Passagiere, an die fünfzig Männer, nur wenige Frauen, etwa verfolgen konnten, welche Fortschritte auf der langwierigen Reise von London nach Kapstadt am »Kap der Guten Hoffnung« man Tag für Tag zuwege brachte! Wilhelm Korthinrichs, einer der verkappten deutschen Kavalleristen, war es, der bei eingehendem Studium der Seekarte entdeckte, daß der langgestreckte Nordabschnitt der südwestafrikanischen Küste den Namen »Skeleton-Küste« führte, also »Gerippe« oder »Knochenküste«. Weiß der liebe Himmel, das klang nicht sehr einladend! Manch einer der Kameraden des Reiters Korthinrichs, der bis dahin den Mund ziemlich voll genommen hatte - für Korthinrichs selbst galt das jedoch nicht -, wurde danach recht still. Der Bootsmann des Schiffes stammte von der Waterkant, fuhr aber schon so lange auf englischen Schiffen, daß er sein Plattdeutsch beinahe verlernt hatte. Immerhin vermochte er dem deutschen »Forschungsreisenden« Korthinrichs zu erklären, daß die Küste so hieße, weil manch ein Schiff an ihr gestrandet war und viele Schiffbrüchige in der wasserlosen Wüstenei dahinter verdurstet wären. Dort würden also immer wieder menschliche Gerippe aus dem Sand gewaschen oder vom ewigen Westwind aus den wandernden Dünen geweht. Die Namib - so hieße die langgestreckte Wüste hinter dem Streifen der schweren, unpassierbaren Brandung - die Namib stellte eine gnadenlose Landschaft dar; sie legte eine schwer überwindliche Barrikade zwischen das Ufer des Meeres und das Hochland im Innern. Und Häfen, die diesen Namen verdienten - so der Bootsmann zu Korthinrichs -, die gäbe es an der ganzen langen Küste nicht, von der Kunene-Mündung im Norden, wo das portugiesische Angola aufhörte, bis zur Oranje-Mündung im Süden, wo das britische Kapland anfinge - abgesehen natürlich von Walvis-Bay, wo schon seit längerer Zeit die britische Flagge wehte, wo die deutschen »Forschungsreisenden« mit all ihren Kisten und Kasten an Land gehen wollten. Die beiden hatten Geschmack aneinander gefunden, der alte »Seebär« Pete Pettersson von der Unterelbe und der junge, ewig wißbegierige Passagier Wilhelm Korthinrichs, der dem Bootsmann das altvertraute Plattdeutsch wieder ins Gedächtnis zurückgerufen hatte. So erkundigte sich denn der Bootsmann nach dem Gespräch über die Knochenküste. (...)
Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Südwest. Ein afrikanischer Traum, von A. E. Johann.
Buchtitel: Südwest. Ein afrikanischer Traum
Autor: A. E. Johann
Typ: Roman
Verlag: Herbig
München, Berlin, 1989
ISBN 3776613238 / ISBN 3-7766-1323-8
Original-Leinen, Original-Schutzumschlag, 13 x 21 cm, 527 Seiten
Johann, A. E. im Namibiana-Buchangebot
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