Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen, von Fritz Spiesser

Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen, von Fritz Spiesser

Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen, von Fritz Spiesser

In seinem Buch 'Heimkehr: Roman der Südafrikadeutschen' beschreibt der in Südwestafrika aufgewachsene Fritz Spiesser, wie sich Nachfahren deutscher Einwanderer auf ihre Herkunft besinnen und wie dies ihr Leben bestimmt.

Fritz Spiesser  

[…] Er hatte sich lange gegen ein Studium gesträubt, aber im Vater mußte ein verborgenes Wollen brennen, das dem Sohn einen Weg zu gehen vorschrieb, der ihn über seine umwohnenden burischen Gespielen führen sollte. Oft hielt er dem alten Vater vor, daß er nunmehr ganz allein und einsam auf seiner Farm sitzen müßte, aber jedesmal wurde er kurz und manchmal heftig abgefertigt, ob er denn glaube, einen alten Herrn vor sich zu haben, dessen Muskeln und Sehnen erlahmt seien? Er könne mit der Arbeit noch fertig werden. Mattis hatte in der High School gute Erfolge aufzuweisen gehabt, und dies bestärkte den Vater in der Wahl des Berufsweges. Als der Sohn nun widerwillig in Kapstadt begonnen hatte, als er nach einem Monat durch Bücher und Vorlesungen die zuerst so verwirrenden, verschlungenen Pfade des Wissens zu überblicken begann, da öffnete sich ihm ein neuer Bereich des Lebens. Staunend erst, dann gepackt, getrieben, erschüttert und wieder getrieben entdeckte und betrat er eine ganz neue Welt, eine Welt ungeahnter Landschaften, mit Aussichten, Weitblicken, Schauen, die er auf „Elandsvley" - so hieß die väterliche Farm - niemals als existent geglaubt hätte. Dies also war die Welt der Wissenschaft, des Forschens. Er sah sich auf einem mühseligen Wege, einem steilen Pfad einen Berg hinan. Dort oben durfte er einmal stehen, dann würde er weithin sehen können: Es mußte sich vor ihm entschleiern, was jetzt noch die oder jene Schroffe, dieser oder jener Busch verbarg: Er würde Einblick gewinnen in das Wesen der Dinge, in ihr Beieinander, in ihr Gegeneinander und Übereinander. Und da hatte ihn also das Denken übermannt. Er gab sich dem ersten Rausch hin und die Ferien daheim verbrachte er fast mehr hinter seinen Büchern als hinter den flüchtigen Kudus. Woher dieser Drang zu wissen kam, das konnte er noch nicht sagen, bis er eines Tages in den Ferien in einem Schuppen eine alte Kiste entdeckte. Es war eine merkwürdige, hierzulande nie gesehene Kiste fester Bauart, nein, es war ein Blechkoffer. Er fand sie unter allerlei Gerumpel, Säcken, staubverkrusteten Brettern und wunderte sich, daß er als Kind niemals jenen geheimnisvollen, dunklen Winkel gefunden hatte. Auf der Kiste fand er in schwarzer Ölfarbe mit deutschen Buchstaben eine Inschrift: Gefr. Johann Grobler, 4. Komp., 1. Feldregiment. Dies war zweifellos sein Vater, von dem er wußte, daß er nach seiner Teilnahme am Burenkrieg in der Kaiserlichen Schutztruppe von Deutsch-Südwestafrika wider die Hereros und Hottentotten gefochten hatte. Sie sprachen ja im Hause auch deutsch miteinander. Doch war dies nicht das Besondere, was er entdeckte, vielmehr war es der Inhalt: Bücher, viele und verschiedene Bücher. Selbst ein umfangreiches Tagebuch des Vaters mit Notizen über seine Tage hinter Maherero und Witboi. Er blätterte verstohlen in den vergilbten Seiten - er spürte unbehaglich, daß er zum Vater von seiner Entdeckung nicht sprechen durfte. Die Notizen waren nicht ohne Reiz, eigenwillig abgefaßt, aber nicht unbeholfen, wie man hätte meinen können, wenn man des Vaters klobige Hände betrachtete. Und welche Bücher: Frenssen, Raabe, einen Band Schiller, Eichendorffs Gedichte und der „Taugenichts". Sie waren gelesen worden. Hier und da fand er zwischen den Blättern einen Fettflecken oder ein Tabakstäubchen, vom steten Wind Südwests aus der Pfeife gesogen und nun nach fünfundzwanzig Jahren Zeugnis von besinnlichen Stunden irgendwo unter der Sonne im Busch. Er sah ihn vor sich, seinen wortkargen Vater, wie er da vor langer Zeit gesessen haben mochte, ein deutsches Buch auf den übergeschlagenen Beinen, von Worten und Gestalten der Dichter bewegt. Und diese Bewegung faßte nun den Sohn. Was wußte er eigentlich von seinem Vater? Recht wenig. Die Mutter war einige Jahre nach seiner Geburt gestorben, der Vater sprach nicht oft von ihr. […]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen.

Titel: Das Konzentrationslager
Untertitel: Roman der Südafrikadeutschen
Autor: Fritz Spiesser
Reihe: Soldaten-Kameraden! Band 20/21
Verlag: Fichte-Verlag, Paul Wustrow
Erstauflage. München, 1943
Original-Karton, 16x21 cm, 171 Seiten

Spiesser, Fritz im Namibiana-Buchangebot

Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen

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Der Roman Heimkehr ist einer der wenigen fiktiven Werke über die Südafrikadeutschen und handelt von der Rückbesinnung der Nachfahren deutscher Einwanderer auf ihre Wurzeln.

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