Gut und Blut für unsern Kaiser, von Karl Waldeck
In diesem zweiten Band der Lebenserinnerungen des Karl Waldeck, Gut und Blut für unsern Kaiser, erzählt der Unteroffizier Karl Waldeck über seine Erfahrungen aus Alltag und Gefechten in Deutsch-Südwestafrika zur Zeit des Ersten Weltkrieges und der Kriegsgefangenschaft.
[...] Aber schon am 14.09.1914 wurden wir plötzlich alarmiert, um sofort nach der inzwischen geräumten Missionsstation Haib zu marschieren, um näher am Feind zu sein. Die Unionstruppen hatten nach der Einnahme der deutschen Polizeistation Ramanstrift am Orange, wo ihnen die gesamte Besatzung von zwei Mann in die Hände gefallen waren, nunmehr die nächste Wasserstelle Sperlingspütz in Eskadronstärke besetzt. Um halb 12 Uhr nachts hatten wir wieder Alarm, blieben aber in Bereitschaft. Die Tommys waren beim Anrücken einer unserer Kompanien wieder über den Orange zurückgegangen. Wir blieben in Haib und verschanzten uns nach Süden zu. Bei Tage wurden unsere Pferde und Maultiere auf Weide getrieben und nachts im Lager angebunden. Wir mußten dann am Tage alle Mann Gras rupfen für die Nacht. Morgens war gewöhnlich Alarm, es wurde angespannt oder aufgepackt, und dann ging's immer so 6 bis 8 km nach Süden zu, wo gerade etwas Weide war. Daselbst wurden dann die Geschütze schußbereit aufgestellt und die Tiere geweidet. Außer der Weidewache und einer Sicherung nach vorne, mußten alle Mann Gras rupfen, damit es für die kommende Nacht ausreichte. Abends ging's wieder ins Lager nach Haib, wo die Geschütze wieder in den Schanzen aufgestellt wurden. Es gab da kaum Zeit zum Essenkochen oder Brotbacken, denn Feldküchen und Bäckereiabteilungen gab es bei uns nicht. Fleisch hatten wir im Gegensatz zu andern Lebensmitteln immer reichlich, aber nie Zeit zum Zubereiten. In der fürchterlichen Hitze fing es dann an zu stinken, daß wir es fortwerfen mußten. Die Lebensmittel empfingen wir alle im Rohzustande und mußten sie uns selbst zubereiten, wozu wir nur das Kochgeschirr besaßen. Ein weiterer großer Mangel war das Fehlen von Brennmaterial hier im Süden. Wir halfen uns, indem wir mit getrocknetem Ochsendünger heizten, der so ähnlich wie Torf brennt. Das wenige Holz sparten wir auf zum Brotbacken. Dies war noch umständlicher. Wir bekamen täglich einen Becher Mehl pro Schnauze. Hatte man soviel zusammen, daß es sich lohnte, konnte Brot gebacken werden. Mit Backpulver ging es noch, aber meist hatten wir keins. In die Erde gruben wir ein knietiefes Loch, legten das Holz hinein und ließen es verbrennen. Inzwischen wurde der Teig gemacht, ein Brot geformt und in das Kochgeschirr gelegt. Das Kochgeschirr kam dann auf die Glut, etwas Glut oben drauf und die Erde wieder aufgeschüttet. Nach zwei Stunden holt man das Kochgeschirr wieder hervor und das Brot war mehr oder weniger schön gebacken. Oft war auch nur ein Häufchen Asche im Kochgeschirr. So ging es meist den Kriegsfreiwilligen, die ja sehr unbeholfen waren, dazu übermüdet und oft krank. Der viele Dienst, die große Hitze, die vielen Fliegen im Lager und nur halbe Portionen führten dazu, daß wir alle einen ruhrähnlichen Darmkatarrh bekamen. Wir „Alten" halfen uns schon über die Schwierigkeiten hinweg, wir waren das Padleben gewöhnt, aber die jungen Muttersöhnchen, meist von besserem Herkommen und an Selbständigkeit nicht gewohnt, müde vom schweren Dienst, legten sich oft abends schlafen, ohne überhaupt zu kochen. Magen- und Darmkrankheiten waren die Folge. Wenn wir dann auf dem Marsche waren und diese Jungens hatten den „Dünnerich", dann war oft die Zeit zu kurz, vom Pferde abzusteigen. Und wenn es dann in die Hose ging... ich sehe heute noch die Gesichter dieser armen Teufel. Am 21.9. waren wir wieder mit etwa 30 Mann unter Leutnant v. Oppen beim Grasrupfen, als plötzlich Gewehrfeuer aus südlicher Richtung zu hören war. Ich war zufällig bei den weidenden Pferden und bekam deshalb vom Leutnant den Befehl, mein Pferd einzufangen, zu satteln und in Richtung der Schüsse vorzureiten, um die Ursache derselben festzustellen. Meinen „Gauner" hatte ich schnell gesattelt, und ich ritt ab. Ein Mann, ein alter Landwehrmann rief mir noch nach, er habe hinter der nächsten Düne ganz deutlich 19 Tropenhelme gezählt. [...]
Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Gut und Blut für unsern Kaiser, von Karl Waldeck.
Titel: Gut und Blut für unsern Kaiser
Autor: Karl Waldeck
Bearbeitung: Bernd Kroemer
Glanz & Gloria-Verlag
Windhoek, Namibia 2010
ISBN 9789994571550 / ISBN 978-99945-71-55-0
Broschur, 15x21 cm, 117 Seiten, 55 sw-Abbildungen
Waldeck, Karl und Kroemer, Bernd im Namibiana-Buchangebot
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