Dornenzweige und Mopaneblätter, von Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen

Dornenzweige und Mopaneblätter, von Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen.

Dornenzweige und Mopaneblätter, von Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen.

Das Buch Dornenzweige und Mopaneblätter berichtet über die Erlebnisse dreier Schulkinder auf einer Farm in Südwestafrika, anheimelnd und kindgerecht geschrieben von Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen, einem der Altmeister der Erzählkunst in Südwestafrika.

Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen  

Die Kinder kommen: Hell liegt der Sonnenschein über dem ganzen Land, und blau wölbt sich der Himmel wie eine riesige Glocke darüber hin; ein kaum merklicher Luftzug läßt die hohen Kasuarinen vor dem stattlichen Farmhaus leise rauschen. Es fängt schon an warm zu werden, dabei ist die Sonne erst vor einer halben Stunde aufgegangen. Die Nacht war angenehm kühl, aber tagsüber wird es doch immer noch recht warm. Herbert Hobel, der Farmer, tritt auf die Veranda seines Hauses; sein Blick schweift über den Vorgarten zum Motorenhäuschen hin, das nur fünfzig Schritte von der Gartenpforte entfernt steht. Daneben ragt der Windmotor in die Luft, starr und bewegungslos. Besorgt schaut der Farmer auf das Windrad. Ob es wieder so windstill bleibt wie die Tage zuvor? Schon seit fast einer Woche stehen die Windmotore still und rühren sich nicht. Das kann ein ernstes Problem werden. Hier, beim Haus, ist es nicht so schlimm, hier hat er den Dieselmotor mit dem er das Wasser aus dem Bohrloch hochpumpen kann. Aber draußen, auf den Viehposten, da stehen die Windmotore, und das Wasser in den Bassins wird immer weniger. Er schüttelt den Kopf und geht durch den Garten zur Pforte hinaus. Er will noch einmal zu den Krälen hinübergehen und sehen ob alles in Ordnung ist. Das Vieh ist schon raus, dafür sorgte er bereits vor Sonnenaufgang. Aber die Pferde hat er in den Kral stellen lassen, denn heute kommen die Kinder in Ferien und das erste, was sie sehen wollen, sind die Pferde und dann wollen sie auch gleich reiten.

Nun will er sehen, ob sie auch versorgt sind, ob sie Futter und Wasser bekommen haben. Rasch geht er hinüber. Dabei kreuzt er den kleinen künstlichen „Dorfweiher" , wie er ihn nennt, den er neben einem alten Brunnen angelegt hat, aus dem ein großer Windmotor das Wasser hochpumpt und in eine ausgebaggerte Mulde laufen läßt, die den Weiher ausmacht. Um diesen Weiher herum wächst der Prosopisbusch in üppiger Form bis zu Baumgröße und gibt einen herrlichen Schattenplatz im Umkreis um die kleine glitzernde Fläche ab. Schöne weiße Gänse und eine Schar domestizierter Stockenten tummeln sich wohlig auf der Flut, gründeln und schnattern und fühlen sich putzwohl. Wohlgefällig schaut Hobel zu ihnen hin. Sie sind seine ganze Freude, und er liebt sie so, daß er noch nie eine von ihnen gegessen hat. Bei den Pferden findet er alles in Ordnung, zufrieden dreht er sich um und geht zum Haus zurück.

Breit und hochgieblig liegt das Haus nun vor ihm und sieht aus wie ein rechtes deutsches Forsthaus. Der Mittelteil ragt ein gutes Stück über die beiden Seitenflügel empor. Im Verputz des Giebels ist Fachwerk ausgespart, und in der Mitte hängt ein ausladendes Kudugehörn. Die schmalen hohen Fenster haben grüngestrichene Fensterläden, und die soliden Holztüren haben schöne alte Messingklinken. Auf dem Dach gurren eine Menge Tauben, und durch den Vorgarten kommen ein Deutsch-Kurzhaar und ein schwarzer Dackel stürmisch ihrem Herrchen entgegen gerannt. Freudig umtänzeln sie ihn. Nun kommt ein etwas stärkerer Luftzug auf, und die beiden Windmotoren fangen an sich zu drehen. Voll Erleichterung nimmt Hobel dieses wahr. Die Kasuarinen rauschen vernehmlich und wiegen ihre weichen Spitzen leise hin und her. Sie umstehen das ganze Farmhaus wie ein Tann, durch den das rote Dach, die weiße Mauer und die grünen Fensterläden lustig hindurchschimmern.

Mit langen Schritten geht Hobel auf das Farmhaus zu und stößt die Tür auf. Im Wohnzimmer ruft er: „Helga, Helga, - der Wind kommt auf!" Eilig kommt Frau Hobel herbei. Sie ist groß, aschblond und hat lebhaft blitzende Augen. „Wie schön!" ruft auch sie erleichtert, „hoffentlich bleibt's dabei und werden die Bassins auf den Posten wieder voll. Aber nun komm' frühstücken." Das Haus ist geräumig, hat viele Zimmer und im rückwärtigen Teil einen Anbau, der Büro und Arbeitszimmer birgt. In Wohn- und Eßzimmer hängen überall Gehörne an der Wand, ein Gewehrschrank, ein neben dem Kamin hängendes Plesshorn und ein Hirschfänger verraten, daß wir es bei Herrn Hobel mit einem passionierten Jäger zu tun haben. So paßt das Ehepaar Hobel nur allzugut in dieses „Forsthaus in Südwest" hinein.

Herbert Hobel setzt sich gemächlich an den gedeckten Frühstückstisch und Frau Helga bindet geschwind ihre Küchenschürze ab und setzt sich zu ihrem Mann, um die Frühstücksstunde mit ihm zu genießen. Es ist das typische Farmerfrühstück. Jeder hat einen Teller Maispapp vor sich stehen, dazu frische Milch vom Rinderkral, hausgebackenes Farmerbrot und auf einem Holzbrett liegt ein Stück Rauchfleisch mit einem scharfen Messer. Jeder langt zu wie es ihm behagt. In der Kanne dampft würzig der Kaffee. Bei der letzten Tasse steckt Hobel sich eine Zigarre an. Dies ist der Augenblick, in dem die beiden Farmersleute das vorliegende Tagewerk besprechen und einteilen. Heute dreht sich aber das Gespräch fast ausschließlich um die Kinder. Heute kommen sie mit dem Zug von der Schule in Swakopmund. Es ist der Beginn der Ferien, und lange drei Wochen sind einundzwanzigtausend Hektar ihr ungestörtes Reich. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Dornenzweige und Mopaneblätter, von Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen.

Buchtitel: Dornenzweige und Mopaneblätter
Untertitel: Erlebnisse dreier Schulkinder auf einer  Farm in Südwestafrika
Autor: Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen
Verlag: Kuiseb-Verlag
Windhoek, Südwestafrika o. J. (1980er Jahre)
ISBN 0949995401
Originalbroschur, 15x21 cm, 216 Seiten, zahlreiche Farbillustrationen

Castell-Rüdenhausen, Hubertus Graf zu im Namibiana-Buchangebot

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