Das Gesicht neben dem Feuer, von Laurens van der Post

Das Gesicht neben dem Feuer, von Laurens van der Post. ISBN 9783257229806 / ISBN 978-3-257-22980-6

Das Gesicht neben dem Feuer, von Laurens van der Post. ISBN 9783257229806 / ISBN 978-3-257-22980-6

Laurens van der Post und sein Beharren auf der Bedeutung des Individuums rührt aus seinem Vermögen der Introspektion, die das große Ganze, und dessen Gefährdungen, im eigenen Innern wiedererkennt. Das Gesicht neben dem Feuer ist ein meisterhafter Südafrika-Roman.

Laurens van der Post  

Als es in David Alexander Michaeljohns Leben zur "Krise" kam, wie er später selbst zu sagen pflegte, hätte ihm vermutlich niemand helfen können außer mir; und da war ich weit weg, in Südafrika. Doch trotz dieser räumlichen Entfernung hat es in unser beider Leben keinen Augenblick gegeben, da wir nicht nahe Freunde gewesen wären. Wir waren Nachbarskinder in einem Dorfe tief im Innern Afrikas; und weil unsere Eltern eng befreundet waren und ich nur drei Tage nach David zur Welt kam, beschlossen sie, ihn David Alexander und mich Alexander David zu taufen. Der Wahl dieses Namens waren bei seinen Eltern beträchtliche Debatten vorausgegangen. In der Familie Michaeljohn hatte es anscheinend nie einen Alexander gegeben, und Albert Michaeljohn - ein ungewöhnlich willensstarker Mann mit heftigen, undurchsichtigen Vorurteilen - mißfiel der Name so sehr, daß er ihn nicht in seiner Nähe hören wollte. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal eines Nachmittags als kleiner Junge weinend nach Hause kam und meine Mutter fragte, warum mich Vater Michaeljohn, halb betrunken, wie er es in den letzten Jahren seines Lebens vielfach war, als ,den jungen Mann mit dem Unterland-Namen bezeichnet hatte, eine Bemerkung, deren eigentlicher Sinn mir dunkel geblieben war, obschon sie in einem Ton vorgebracht wurde, den ich nicht mißverstehen konnte. Hingegen gab es bei uns, in der Familie Fräser, kaum eine Generation ohne einen Alexander. Auch mein Großvater führte diesen Namen, und so bestand nicht der geringste Zweifel, wie man mich nennen sollte. Glücklicherweise gelang es Mary Michaeljohn, die Meinungsverschiedenheit zwischen ihr und ihrem Mann vor meinen Eltern zu verberge. Und da sie nicht nur eine Frau von großer Schönheit und bezaubernder Liebenswürdigkeit war, sondern auch Charakter und Willenskraft besaß, wurden David und ich am gleichen Tage, so wie es unsere Mütter vereinbart hatten, im großen Michaeljohnschen Speisezimmer getauft. In späteren Jahren fand ich es bedeutsam, daß schon vom Tage seiner Geburt an ,so eine Sache’, wie wir es als Kinder genannt haben würden, zwischen David und seinen Eltern schwebte. Ich war das einzige Kind, David das sechste von sieben, die alle in einem Abstand von je anderthalb Jahren zur Welt kamen. Von den sieben Geschwistern haben nur die beiden jüngsten auf Davids Entwicklung Einfluß gehabt: die einzige Tochter Anna Maria, die vor ihm, und Edward George, der nach ihm geboren wurde. Die vier älteren Brüder hatten keine wesentlichere Bedeutung in seinem Leben, als daß sie lediglich die Bürde vergrößerten, die ihm von Menschen auferlegt wurde, mit denen er nach Ansicht unserer Gemeinschaft auf innigem und vertrautem Fuße hätte stehen sollen; in Wahrheit blieben sie ihm jedoch fremd, und diese Fremdheit war ebenso entschieden wie unerklärlich. Anna Maria nahm in seinem wie im Leben aller anderen Familienmitglieder eine Sonderstellung ein. Ich hatte immer die Empfindung, ihr Vater liebe sie mehr als die ganze übrige Familie zusammen. Es war überraschend, was für ein weicher, lichter Ausdruck in seine Augen trat, wenn er sie betrachtete, und mit welcher Zartheit, fast wie ein Liebender, er dieses kleine Mädchen behandelte. Es verging - sofern er daheim war - kein Morgen, an dem er sie nicht mit einem Sträußchen, das er selbst in seinem herrlichen Blumengarten für sie gepflückt hatte, aus ihrem Zimmer holte. Es war, als hielte in solchen Momenten die Zeit für Albert Michaeljohn den Atem an und gestatte ihm, über allen Wechsel und Verfall hinweg, die unseren Tagen unerbittliche Grenzen setzen, in ein unvergängliches Wunderland zu schauen, an dessen leuchtender Schwelle sein Töchterlein wie ein geflügelter Bote stand, um ihn hineinzuführen. […]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Das Gesicht neben dem Feuer, von Laurens van der Post.

Buchtitel: Das Gesicht neben dem Feuer
Autor: Laurens van der Post
Originaltitel: The Face Beside the Fire
Übersetzung: Anna M. Riedel; Eduard Thorsch
Diogenes Verlag
Zürich, 1997
ISBN 9783257229806 / ISBN 978-3-257-22980-6
Broschur, 11x18 cm, 416 Seiten

van der Post, Laurens im Namibiana-Buchangebot

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