Auf getrennten Wegen. Eine Rezension - Lutherische Missions- und Siedlergemeinden in Südafrika im Spannungsfeld der Rassentrennung 1652–1910

Auf getrennten Wegen. Eine Rezension - Lutherische Missions- und Siedlergemeinden in Südafrika im Spannungsfeld der Rassentrennung 1652–1910.

Auf getrennten Wegen. Eine Rezension - Lutherische Missions- und Siedlergemeinden in Südafrika im Spannungsfeld der Rassentrennung 1652–1910.

Auf getrennten Wegen. Lutherische Missions- und Siedlergemeinden in Südafrika im Spannungsfeld der Rassentrennung 1652–1910 ist 2011 im Harrassowitz Verlag erschienen. Die Rezension stammt von Frank Kürschner-Pelkmann.

Frank Kürschner-Pelkmann  

Dass es in Südafrika nach Hautfarben getrennte lutherische Kirchen gab und gibt, ist während der Apartheidzeit und danach zunehmend als Skandal wahrgenommen worden. Christian Hohmann hat in seiner Dissertation detailreich dargestellt, wie es schon sehr früh in der südafrikanischen Kirchengeschichte zu dieser Trennung gekommen ist. Er hat für seine Arbeit die Herrnhuter und die Hermannsburger Missionsarbeit als Beispiele ausgewählt. In beiden Fällen begann diese Arbeit mit der Vision eines Zusammenlebens von Christinnen und Christen aller Rassen in christlichen Gemeinschaften. Die Hermannsburger Missionare wurden von dem Gründer der Missionsgesellschaft, Ludwig Harms, mit dem Auftrag nach Südafrika entsandt, dort christliche Kommunitäten zu gründen, die sich am Ideal der urchristlichen Gemeinde in Jerusalem orientieren sollten. Als Nukleus dieser Gemeinschaften wurden nicht nur Missionare, sondern auch deutsche Kolonisten nach Südafrika entsandt. Aber obwohl eine antikoloniale Einstellung der Missionsleitung nicht zu bezweifeln ist, scheiterte die Vision eines »christlichen Kommunismus« unter den Bedingungen des bereits gefestigten rassistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems am Kap Mitte des 19. Jahrhunderts sehr rasch.

Es ist erschreckend, wie sich viele Missionare an die rassistischen Einstellungen und Verhaltensweisen der weißen Minderheit des Landes anpassten und darüber die befreiende Botschaft des Evangeliums für alle Menschen hintanstellten. Der erste Superintendent in Südafrika, A. Hardeland, sprach sich sogar dafür aus, die »Unterwerfung der Afrikaner zu rechtfertigen« und äußerte, die afrikanischen Völker seien nichts anderes als »Räuberbanden«. Es wäre zu einfach, diese Anpassung an das rassistische Unterdrückungs- und Ausbeutungssystem damit zu erklären, die Missionare seien „Kinder ihrer Zeit" gewesen, denn Christian Hohmann stellt auch dar, dass sich einzelne Missionare entschieden auf die Seite der unterdrückten schwarzen Bevölkerungsmehrheit stellten, was sie allerdings nicht nur in Konflikt mit den politischen Autoritäten und weißen Siedlern brachte, sondern nicht selten auch mit anderen Missionaren und der Missionsleitung.

Angesichts der Anpassung zahlreicher Missionen an die vorherrschenden rassistischen Verhältnisse war es dann nur konsequent, dass Hermannsburger Missionare die Entstehung getrennter deutschsprachiger Gemeinden weißer Christen nach Kräften förderten. Nicht nur übernahmen sie die pastorale Betreuung dieser Gemeinden und halfen bei deren Schulgründungen, sondern übereigneten ihnen in manchen Fällen auch die Kirchen der Missionsstationen. Für die schwarzen Gemeinden wurden in solchen Fällen neue einfachere Kirchen errichtet. Über die deutschsprachigen Gemeinden schreibt der Autor auf Seite 168 seines Buches: »Nachweislich hat sich jedoch das Anliegen der Bewährung der eigenen Sprache und Kultur mit einer rassistisch begründeten Exklusivität verbunden. In deren Folge wurde Menschen anderer Hautfarbe der Zugang zu den deutschsprachigen lutherischen Gottesdiensten und Schulen streng verboten.« Damit nahm die skandalöse Trennung der lutherischen Christenheit in Südafrika nach Rassenzugehörigkeit schon in einer frühen Phase der Missionsgeschichte ihren Anfang und ist bis heute nicht überwunden worden.

Schwierig wird die Argumentation des Autors immer dann, wenn er aus seinen historischen Forschungen Schlüsse für die Gegenwart und insbesondere das Verhältnis zwischen den weiterhin getrennten lutherischen Kirchen in Südafrika ziehen will. Es besteht schlicht eine historische Lücke in der Argumentation zwischen dem Ende des Untersuchungszeitraums 1910 und der Gegenwart. Es ist durchaus legitim, in einer Dissertation eine zeitliche Eingrenzung vorzunehmen, aber dann sollte man sehr, sehr zurückhaltend sein, sich auf dieser Grundlage zu aktuellen Fragen des Verhältnisses der lutherischen Kirchen in Südafrika zu äußern oder gar Vorschläge für die Verhandlungen zwischen diesen Kirchen zu machen. Die Vorschläge mögen durchaus sinnvoll sein, das will und kann ich nicht beurteilen, aber ich kann es eben auch deshalb nicht beurteilen, weil der Autor vorher im Buch keine Analyse dieser aktuellen Debatte liefert. Dennoch ist dieses Buch als fundierte Darstellung der Trennung der lutherischen Christenheit in Südafrika entsprechend der Rassenzugehörigkeit zu empfehlen.

Mit freundlicher Genehmigung der VEM veröffentlicht das Namibiana Buchdepot den Beitrag aus dem VEM-Infoservice Heft 6/2011: Auf getrennten Wegen. Eine Rezension - Lutherische Missions- und Siedlergemeinden in Südafrika im Spannungsfeld der Rassentrennung 1652–1910.

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