Auf dorniger Pad. Aus Deutsch-Südwestafrikas alten Tagen, von Bernhard Voigt

Auf dorniger Pad. Aus Deutsch-Südwestafrikas alten Tagen, von Bernhard Voigt.

Auf dorniger Pad. Aus Deutsch-Südwestafrikas alten Tagen, von Bernhard Voigt.

Für seine Erzählung 'Auf dorniger Pad' sammelte Bernhard Voigt während seiner Jahre in Deutsch-Südwestafrika, zahlreiche Geschichten und Erlebnisberichte im Zusammenhang mit historischen Ereignissen.

Bernhard Voigt  

[...] Der Gefreite Hans von Köckritz war Posten auf dem schmalen Pfade, der sich von der Wasserstelle Tsaobis zwischen den Klippen zur Wilhelmsfeste hinaufwand. Er stand unbeweglich. Über ihm traf das Mondlicht den breitkrempigen Schutztruppenhut, das Gesicht ruhte unerkennbar in dem tiefen Schatten darunter und nur eine Schnurrbartspitze guckte keck ins Licht. Die Augen waren nicht zu sehen, aber sie ruhten nicht in ihrem Versteck, sie bewachten das ganze Tal von Tsaobis, das sich vor dem Posten ausbreitete. Der Vollmond bestrahlte die Wellblechdächer der beiden Häuser, die Büsche und die Felsen. Eine herrliche Nacht! Aber keine ruhige, denn solch wildes Treiben hatten die Felsgruppen des Tales wohl noch nie gesehen. Zwei riesige Feuer flammten rechts und links von der Station. Das größere, zur Rechten, war umlagert von wilden Gestalten. Lachen, Geschrei und rauher Gesang klang von dort herüber. Am Spieße briet ein ganzer Ochse, flackernd beleuchtet von den Klammen. Digger, Händler, Herero und Kaffern lagen um die Scheite und ließen die Rumflaschen von Mund zu Mund gehen. Der Vorrat an Getränken war groß,- immer von neuem klomm eine wankende Gestalt auf den daneben stehenden Ochsenwagen und holte unter dem Verdeck die Flaschen heraus, hungrige Bergdamara bildeten einen weiten Kreis um die Gruppe, immer auf der Lauer, einen Brocken Fleisch, einen Knochen oder eine weggeworfene Flasche zu erhaschen. Dazwischen bewegten sich die eingeborenen Weiber in langer Kette; kreischend führten sie ihre Tänze auf. „Sieht wie die Hölle aus!" dachte Köckritz und blickte nach der anderen Seite. So wild ging es an diesem Feuer nicht zu, das von zwanzig Schutztrupplern umlagert war. Aber auch hier bewiesen die Kisten und die geleerten Flaschen, daß dem Trunke gehuldigt wurde. Auch hier sang und lachte man, und manchmal stahl sich wohl ein Reiter nach dem andern Feuer hinüber, das er schon lange mit lüsternem Blicke betrachtet hatte, aber er tat es heimlich, denn im Offiziershause brannte die Lampe, dort saß der Leutnant, und mit ihm war nicht zu spaßen. Der Köckritz oben, der sah wohl den Reiter zwischen den Büschen verschwinden, aber der sagte nichts, wenn er nicht auf Posten stehen mußte, so war er der wildesten einer. Köckritz schüttelte den Kopf. Er wunderte sich über sich selbst. Unmutig war er hierhergegangen, während die Kameraden die Rum- und Bierkisten von dem Wagen holten, aber jetzt fühlte er gar keine Sehnsucht danach, bei ihnen zu schlemmen, ihre Gespräche zu hören, die er alle schon kannte, und ihnen Schelmereien zu erzählen. Ganz recht war es ihm, hier als stiller Beobachter über die Fläche zu blicken. Soldaten, Digger und Eingeborene, die kannte er! Wenn ihn sonst ein Ekel überkam, weil er fühlte, daß er nicht in diese Gesellschaft paßte, so hatte er ihn stets abgeschüttelt und war doppelt laut gewesen, nur damit die andern ihm nicht in seine Seele blicken konnten, heut war das ganz anders! Er starrte geradeaus. Dort, wo das Tsaobistal wieder anstieg, brannte noch ein drittes Feuer, ein kleines und ruhiges. Dort weilten Menschen, die ihn heut aus der Fassung gebracht hatten. Eine ungewöhnliche Erscheinung, dieser große, vornehme Mann, den er neben dem Ochsenwagen schreiten sah. Und kurz vor der Feuerstelle war ein Mädchen vom Wagen herabgesprungen, leichtfüßig und anmutig, das nicht in diese Gegend gehörte. Mit seinen scharfen, blauen Augen hatte er ihre Gestalt in der Ferne verschlungen, ehe die Dämmerung hereingebrochen war. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Auf dorniger Pad. Aus Deutsch-Südwestafrikas alten Tagen, von Bernhard Voigt.

Titel: Auf dorniger Pad
Untertitel: Aus Deutsch-Südwestafrikas alten Tagen
Autor: Bernhard Voigt
Verlag: Safari-Verlag
Berlin, 1926
Original-Leinen, 13x20 cm, 238 Seiten, einige sw-Fotos

Voigt, Bernhard im Namibiana-Buchangebot

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Auf dorniger Pad erzählt von zahlreichen Begebenheiten und Erlebnissen aus den alten Tagen Deutsch-Südwestafrikas.

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