Achtzehn Jahre Farmer in Afrika, von Otto Reiner

Achtzehn Jahre Farmer in Afrika, von Otto Reiner.

Achtzehn Jahre Farmer in Afrika, von Otto Reiner.

Kreuz und quer ist Otto Reiner durch Ost-, Süd- und Südwest-Afrika gezogen, bevor er als Farmer in Südwestafrika festen Fuß fassen konnte.

[...] In der Namib, 100 Kilometer landeinwärts, lebte ein alter weißhaariger Greis  unter   dem Namen „Der alte Berggeist". Er schürfte auf Gold, Kupfer, Wolframit und allerhand Mineralien, und ich wollte den Mann aufsuchen, um ihn näher kennenzulernen. So sattelte ich eines schönen Tages mein neu erworbenes Pferd und ritt dem Berggeist und seinem Mineralreichtum entgegen. Er lebte in einer klimatisch sehr guten Gegend von welligem Gelände, das durch spärlichen Graswuchs, einige Dornenbüsche und Aloebäume belebt wurde; ein Höhenzug durchzog die Fläche, und auf diesen Höhenzug hatte es der Berggeist abgesehen. Der sollte das viele Metall enthalten. Zeitweilig fuhr eine Schmalspureisenbahn durch die Gegend, das war seine Verbindung, die er mit der Außenwelt hatte. Als sie später auch abgebrochen wurde, war er gänzlich isoliert. Er hatte keine Tiere, keinen Angestellten, er lebte vollkommen allein. Ich hatte den Mann schon vor vielen Jahren persönlich kennen gelernt, hatte jedoch, wie alle andern, kein Vertrauen zu seiner Minensache und wollte nun dem alten Mann Vernunft einreden, er sollte ablassen von seinem Prospektieren, denn er war 70 Jahre alt und mutterseelenallein. Für wen wollte er die Schätze heben, die obendrein nicht vorhanden waren? Er war einer von den alten Prospektoren, die sich in ihre Idee verrannt haben, nur noch Schätze in der Erde kennen und für nichts anderes Interesse haben. Er war ein alter gebückter, klein gewordner Greis; das Gesicht bestand beinahe nur aus einem weißen Vollbart, daher der Name Berggeist. Er war holländischer Abkunft, sprach aber leidlich deutsch. Der Mann empfing mich sehr liebenswürdig und wurde noch viel freundlicher, als er merkte, daß ich ihm eine Packtasche voll Proviant mitbrachte. Nun sah ich mir seine Aufschließungsarbeiten an. Er hatte einige Schächte in die Erde getrieben, etwa 20 Meter tief, und auch mehrere Stollen gemacht. An einem Seil kletterte der alte Mann in den Schacht und zurück. Für mich, als jungen Mann, war es keine allzugroße Leistung, 20 Meter am Seile hoch zu klettern, aber von dem alten Manne war es einfach fabelhaft, und das machte er täglich. Im Umkreis von 50 Kilometern keine Menschenseele; versagen ihm einmal die Kräfte, war mein Gedanke, dann muß der arme alte Mann elend in seinem Schachte verhungern! Natürlich machte ich den alten Mann auch darauf aufmerksam, aber er hatte für all das kein Verständnis. Er zeigte mir seine Erzgänge, die so bescheiden waren, daß selbst ein Laie an keine Rentabilität glauben konnte; nach seiner Meinung hatte er aber die beste Mine der Welt in den Händen. Ich war froh, als ich aus seinen sehr korrekt und fachmännisch ausgeführten Löchern wieder heraus war. Der alte Mann hatte eine staunenerregende Arbeit geleistet; schade um die viele Arbeitskraft, war mein Gedanke. Dabei lebte er kümmerlich wie ein Buschmann, war selbst total abgemagert und sah elend aus. Alles Reden war zwecklos, er war in seine Idee verrannt; jede Frage nach irgend etwas beantwortete er mit einem mineralogischen Schlagwort. Er besaß alle Mineralien, die existieren. Meine leergewordene Packtasche stopfte er mit Gesteinsproben voll. Mit Rücksicht auf mein Pferd habe ich dann in einem Abstand von 1000 Metern noch einmal alle Steine unter die Lupe genommen, um nur das beste mitzuschleppen, aber ich mußte alles fortwerfen, es war nichts wert. Der Mann war verloren, für den gab es nur noch eine Erlösung, den Tod; er wollte es nicht anders. Später, im Großen Kriege, haben ihn die Engländer trotz aller Proteste auf ein Schiff gesetzt und weggeschafft. Ich glaubte damals, hinter dem Manne stecke irgendeine interessante Geschichte, die ihn einsam gemacht hätte; aber es war nichts aus ihm herauszuholen, er sprach nur von Kupfer, Gold usw., und nannte alle dumm, die nicht an seine Fundstelle glauben wollten. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Achtzehn Jahre Farmer in Afrika, von Otto Reiner.

Buchtitel: Achtzehn Jahre Farmer in Afrika
Autor: Otto Reiner
Genre: Erinnerungen
Erstauflage, Leipzig 1924
Verlag: Paul List Verlag   
Original-Halbleinen, 13x21 cm, 362 Seiten, etliche sw-Fotos, Übersichten und Federzeichnungen

Reiner, Otto im Namibiana-Buchangebot

Achtzehn Jahre Farmer in Afrika

Achtzehn Jahre Farmer in Afrika

Achtzehn lange Jahre hat der abenteuerlustige Thüringer Otto Reiner seit 1903 im Osten, Süden und Südwesten Afrikas zugebracht, unter anderem als Farmer.

Weitere Buchempfehlungen

Erinnerungen aus zwanzigjährigem Händler- und Farmerleben in Deutsch-Südwestafrika

Erinnerungen aus zwanzigjährigem Händler- und Farmerleben in Deutsch-Südwestafrika

Spannend und hochinteressant! Lebenserinnerungen eines der ersten Händler und Farmer in Deutsch-Südwestafrika.

Lorang. Ich Die Seefahrt Der Krieg am Waterberg Meine Farm in Südwestafrika

Lorang. Ich Die Seefahrt Der Krieg am Waterberg Meine Farm in Südwestafrika

Wilhelm Lorangs Lebensfahrt in vier Schwerpunkten: Ich - Die Seefahrt - Der Krieg am Waterberg - Meine Farm Okawaka in Südwestafrika.

Das waren noch Zeiten. Südwester Erinnerungen 1909-1925

Das waren noch Zeiten. Südwester Erinnerungen 1909-1925

Das waren noch Zeiten sind die Erinnerungen des Farmer, Schutztrupplers und Südwesters Hans-Dietrich Moldzio aus 1909-1925.