Klaus Freiherr von der Ropp: Der Nachruf von Botschafter a. D. Frank Elbe auf Hans Dietrich Genscher.

Klaus Freiherr von der Ropp: Der Nachruf von Botschafter a. D. Frank Elbe auf Hans Dietrich Genscher. Foto: Roelof Botha (r.), südafrikanischer Außenminister und Gegenspieler Genschers, im Mai 1981 mit Ronald Reagan bei einem Fototermin im Oval Office, Washington, DC. Fotograf: Fackelman © WHITE HOUSE PHOTOGRAPHIC OFFICE COLLECTION

Klaus Freiherr von der Ropp: Der Nachruf von Botschafter a. D. Frank Elbe auf Hans Dietrich Genscher. Foto: Roelof Botha (r.), südafrikanischer Außenminister und Gegenspieler Genschers, im Mai 1981 mit Ronald Reagan bei einem Fototermin im Oval Office, Washington, DC. Fotograf: Fackelman © WHITE HOUSE PHOTOGRAPHIC OFFICE COLLECTION

Ergänzungen des Zeitzeugen Klaus Freiherr von der Ropp zu dem Nachruf von Botschafter a. D. Frank Elbe auf Hans Dietrich Genscher in Form eines Leserbriefes an Welt Trends.

Dr. Klaus Freiherr von der Ropp, Potsdam

Der Nachruf von Botschafter a. D. Frank Elbe auf Hans Dietrich Genscher bedarf einiger Ergänzungen, die ich aus eigenem Erleben des Verstorbenen und seines beruflichen Umfelds vornehmen möchte. Genscher war ohne jeden Zweifel der bedeutendste und erfolgreichste Außenminister des geteilten Deutschlands. Allein seine gegen alle nur denkbaren Widerstände in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zunächst bei dem Wirtschaftsgipfel Davos vorgetragene Aufforderung, der Westen möge den 1985 ins Amt gewählten Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, beim Wort nehmen, sichert ihm einen Platz in jedem Geschichtsbuch. Dasselbe gilt natürlich für seine herausragende Rolle bei der Vorbereitung 2+4 Verhandlung. Zu alledem gibt es heute eine unüberschaubare Menge vortrefflicher Literatur. Verschwiegen werden allerdings die äußerst bescheidenen, teils misslungenen Ergebnisse seiner frühen Amtsführung. Bei Amtsantritt war Genscher ausschließlich ein nicht immer erfolgreicher Innenpolitiker. Noch nachteiliger war für ihn, dass er mit Helmut Schmidt unter einem Bundeskanzler diente, der bereits damals als Außen- und Sicherheitspolitiker weltweites Ansehen genoss. Die vom Grundgesetz vorgesehene Richtlinien-Kompetenz des Bundeskanzlers nutzte Schmidt gerade in diesen beiden Politikbereichen voll aus. So blieb für seinen Außenminister nur, was ihn selbst langweilte. Das waren der von Schmidt sehr zu Unrecht geringgeschätzte KSZE-Prozess, die UNO sowie, dies als eine bessere ABM, Subsaharaafrika. In der letztgenannten, ihm völlig fremden Region suchte sich der Außenminister einen Namen zu manchen. Daher war er, ab Anfang 1977 mit dem afroamerikanischen Botschafter Andrew Young, im Westen die treibende Kraft in dem Bemühen, die weißafrikanischen Mmderheitsregime in Namibia und anschließend in Südafrika zugunsten eines demokratischen Neubeginns zu stürzen. Genschers Stellung im Bonner Kabinett festigte sich Mitte der 70er mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte in Helsinki. Sie geriet jedoch schon wenig später ins Wanken, als seine Namibia- und Südafrikapolitik am 17. Oktober 1978 kläglich misslang. Er hatte sich in seinem Bemühen, die dort in Jahrhunderten gewachsenen Unrechtsregime zu überwinden, auf die Ratschläge von von ihm selbst handverlesenen Laienschauspielern (G. Verheugen und HL J. Vergau), verlassen. So musste er hinnehmen, dass er an dem besagten Tag zunächst von dem südafrikanischen Außenminister Roelof Botha im Konferenzraum in Pretoria laut ausgelacht wurde und die gleichfalls anwesenden Außenminister David Owen (UK) und Cyrus Vance (USA), statt sich mit ihm zu solidarisieren, ihn und damit die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer aus allen Verhandlungen über die Zukunft Namibias und Südafrikas ausschlossen. Nie würd sich klären lassen, ob die südafrikanische und britische Regierung ihr Vorgehen zuvor abgestimmt hatten. Dafür spricht allerdings vieles! Denn beide sahen den Erfolg ihrer Politik durch Genschers Dilettantismus gefährdet! Auch London und Washington konnten in der Folgezeit allerdings nicht verhindern das Südafrika seit 1994 mit zunehmender Geschwindigkeit mit allen für die Gesamtregion südliches Afrika desaströsen Folgen implodiert, m.a.W. der dortige Transformationsprozess mit großer Wahrscheinlichkeit misslang. Als Genscher am 19. Oktober 1978 mit seiner Delegation mit leeren Händen zurückkehrte, war der Empfang durch den Bundeskanzler für ihn entsprechend verletzend. Dank der legendären Geschicklichkeit Genschers im Umgang mit den Medien wurden sein Scheitern von Mitte Oktober 78 und seine anschließenden Tobsuchtsanfälle in der deutschen Botschaft in Pretoria keinem Unbefugten bekannt. In dem Maße, in dem Schmidt den Rückhart in Partei und Fraktion der SPD in den späten 70er verlor, rückte Genscher in den Vordergrund. Und er vermochte es im Rahmen der Bonner „Wende" (17. September bis 01. Oktober 1982) durchzusetzen, dass der neu ins Amt gewählte Bundeskanzler Helmut Kohl sein Recht, die Richtlinien der Bonner Außen-und Sicherheitspolitik zu bestimmen, nicht wahrnahm. Von nun an herrschte der Despot Genscher mit denkbar großem Können und Erfolg! Das änderte sich erst mit dem Beginn der 2+4 Verhandlungen, da Kohl, nicht aber Genscher das Vertrauen der US-Regierung besaß.


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