Namibias Heilkunde im Wandel, von Eberhard von Koenen
Eberhard von Koenens Leben für die Heilkunde Namibias: Der Heilkundler und Pflanzenkundler Eberhard von Koenen gewährt einen Einblick in seine Erforschung der Heilpflanzen von Namibia und den Wandel in der traditionellen Heilkunde.
Einige Heilpflanzen Namibias und ihre Biotope
Nachdem die Heilpflanzenforschung ein erstes Ziel erreicht hatte und wichtige Erkenntnisse nach praktischer Tat riefen, seien hier durch ein paar Beispiele nicht nur das Land Namibia und seine Flora, sondern auch speziell einige Heilpflanzen vorgestellt, um dem Leser ein Verständnis, eine Beziehung zu Land und Pflanze zu erleichtern. Inmitten des zentralen Hochlandes von Namibia, vierzig Kilometer ostwärts des Bezirkstädtchens Omaruru, am Ufer des gleichnamigen Trockenflusses gelegen, finden wir das Waldhäuschen von Omburo, Zentrum unserer Forschung. Geborgen im Uferwald des großen Flusses, gibt es den notwendigen Schutz und Rahmen für die „Heilmittel, Licht im Walde", HELIWA . Hier wurden und werden die Erkenntnisse jahrelanger Forschung zusammengetragen und sinnerfüllend ausgewertet. Es hätte sich wahrlich kein schöneres Plätzchen für diese Aufgabe anbieten können: Hier gibt es gutes Wasser, reine Luft, eine gesunde Umwelt. Und über allem ruht jener lichtoffene Geist, wie er für das Zusammenwirken himmlischer und irdischer Werte nicht würdiger gedacht werden könnte. Es müsste Sinn und Rahmen dieses Büchleins sprengen, wenn hier eine allumfassende Schilderung von Namibias Heilpflanzen erfolgen würde. Das ist bereits in meinem Buch „Heil,- Gift- und essbare Pflanzen in Namibia" geschehen. Beschränken wir uns deshalb auf folgenden bescheidenen Rahmen: Aus schaumgekrönter Brandung des atlantischen Meeres wird die Küste Namibias geboren. Das Auf und Nieder oft wild bewegter Wasserberge und -täler gerinnt zu einem ausgedehnten Dünenmeer oder zerflimmert in Luftspiegelungen an blassblauen Bergsilhouetten. Namibias Küstengebiet trägt nicht zu Unrecht die Bezeichnung „Skelettküste". In seiner bewegten Brandungszone hat nicht nur mancher Fischkutter Havarie erlitten, sondern auch stolze Ozeanriesen haben hier ihre große Reise jämmerlich beendet. In der sich bis weit in den Osten ausdehnenden Wüste künden Gerippe von Tieren, dass dieses gnadenlose Gebiet seine Opfer gefordert hat und noch fordern wird. Klimatisch herrschen in der Wüste extreme Gegensätze: In der meteorologischen Station der Forschungsstation Gobabeb, rund 60 Kilometer von der Küste entfernt, wurden während des Winters bei nebeltropfenden Dächern morgens 100% Luftfeuchtigkeit gemessen. Wenn am nächsten Tag die glutheißen Fallstürme aus dem Hochland zur Küste hinabfegten, sich laufend erhitzend, waren mittags die Werte der Präzisions-Messgeräte bei über 40 Grad im Schatten auf minus 7% Lufttrockenheit abgesackt. Umgeeicht auf null Prozent, zeigten sie am nächsten Nebelmorgen 107% Luftfeuchtigkeit. Während dieser Oststürme fanden erstaunliche Umschichtungen der Dünenprofile statt: Thermometer, welche die Temperaturen der verschiedenen Bodentiefen des Westhanges messen sollten, waren im Handumdrehen unter Sandmassen verschwunden. Erst viele, viele Tage später wurden sie durch anhaltende Südwestwinde wieder freigepustet. Ein erfrischendes Bild zeichnen die großen Trockenflussbetten (Kuiseb, Swakop, Omaruru, Ugab, Uniab) in das leblose Einerlei der Wüste. Durch abfließende Niederschläge aus dem Hochland und durch flaches Grundwasser bilden sie semihumide Grünstreifen, welche durch das Goldgrau der Wüste mäandern. Eine Besonderheit finden wir an Felsen von Inselbergen, wenn sich in Taschen Sand und Reststände toter Pflanzen und Tiere mit an den Klippen herabrinnenden Nebel- oder seltener Regentropfen zu fruchtbarem Mutterboden speichern für Kräuter, Sträucher, selbst kleine Bäume, die im Grunde genommen gar nicht hierher gehören: semihumide Inseln in arider Wüste. Wohl gedeihen in küstennaher Nebelzone einzelne Kräuter, von denen wir auf medizinische Fragen noch keine Antworten erhielten; oder gelingt es Flechten, hier und dort bunte Teppiche über dunkle Doloritfelsen oder das Tot der Sandmassen zu breiten. Die Lebensdauer alter Flechten wird auf bis über 1000 Jahre angegeben. Doch in weiten Teilen wehrt sich die Wüste gegen das Sichvortasten selbst des bescheidensten Lebens. Einmal jedoch kann das Wunder geschehen, dass ein segenspendender Regen die trockene Erde durchfeuchtet und über Nacht in einen blühenden Garten verwandelt. Das Land wird für den Heilpflanzenforscher interessant, wenn die Namib zur Vornamib aufsteigt. Hier, in etwa 1000 Meter Höhe über dem Meeresspiegel mit einem Jahresdurchschnitt von 50 bis 100 Millimeter Regen, erreichen wir auch die so genannte Randstufe. Unvermutet sehen wir uns südlich des Brandbergmassivs in ein Feld der Welwitschia mirabilis versetzt und lernen eine der ältesten Pflanzen unserer Erdengeschichte kennen. Durch C14 Untersuchungen wurde die Lebensdauer sehr alter Pflanzen auf bis zu 2000 Jahren errechnet (Herre). Das Vorkommen der Welwitschia erstreckt sich auf ein begrenztes Gebiet zwischen Südangola und Nordwest-Namibia. Durch ihre Abgelegenheit blieb die Pflanze dem Interesse der einheimischen Bevölkerung entzogen, so dass uns Angaben von dieser Seite über Heilwirkungen nicht vorliegen. Untersuchungen, die in der Schweiz durchgeführt wurden, deuten auf eine diuretische Wirkung (R. Leroi). Die Pflanze ist zweihäusig. Zwei lederartig derbe Blätter entspringen einem kurzen unverzweigten Stamm, welcher in die Wurzel übergeht. In Zeiten großer Trockenheit werden die Blätter von Wildtieren befressen und oft so zerrupft, dass die Zweiblättrigkeit beim späteren Nachwachsen der Blätter den Eindruck einer Vielblättrigkeit hervorruft. Interesse in diesem Gebiet erregt neuerdings die Hoodia currori, welche von den Einheimischen bei Diabetes verwendet wird. Dem westlichen Menschen wird sie als Appetitzügler angepriesen. Myrothammis flabellifolius, die ostwärts bis in die Granitburgen um Kamanjab und die Dolomithügel bei Karibib vorkommt, reagiert selbst auf langanhaltende Trockenheit bei Zufuhr auch nur geringer Feuchtigkeit so spontan durch Ergrünen (Auferstehungspflanze), dass in ihr hochwertige Lebenskräfte erwartet werden können. Ihre Heilwirkung weist auf Lungen und Nieren. Eine Pflanze, die sich in diesen Randgebieten wohl fühlt und die in der Gipfelregion des Brandberges gesammelt wurde, sich aber auch bis in die Hügel- und Berggebiete ostwärts Windhuk vorwagt, ist die Sutherlandia frutescens. Nach bisherigen Erfahrungen haben wir es in ihr mit einer vielversprechenden Pflanze zu tun, deren Wirkung auf das menschliche Immunsystem zu zielen scheint. Ostwärts der großen Randstufe gelangen wir in das Hochland von Namibia. Artenreichtum und Vegetationsdichte hängen hier weitgehend von den jährlichen Niederschlägen ab. Diese betragen im Süden und Südwesten des Landes 50-200 Millimeter. In der Landesmitte erreicht Windhuk etwa 350 Millimeter. Im hohen Norden kann es bis weit über 600 Millimeter im Jahre regnen. Nach Bodenart, Niederschlägen und Vegetation unterteilte der Botaniker Willy Giess Namibia in verschiedene Vegetationsgebiete: Den Süden und Südosten in Wüste, Zwergstrauch-Strauchsavanne und Strauch-Baumsavanne. […]
Dies ist ein Auszug aus: Namibias Heilkunde im Wandel
Buchtitel: Namibias Heilkunde im Wandel
Autor: Eberhard von Koenen
Klaus Hess Verlag Göttingen, Windhoek, Namibia 2008
ISBN 9783933117403 / ISBN 978-3-933117-40-3
Kartoneinband, 17 x 24 cm, 114 Seiten, 46 Farbfotos
Koenen, Eberhard von im Namibiana-Buchangebot
Lass Bäume sprechen. Eine künstlerische Charakterstudie namibischer Baumtypen
Lass Bäume sprechen wurde von Eberhard von Koenen als künstlerische Charakterstudie namibischer Baumtypen gestaltet.