Meßlatte und Bischofsstab. Ein Leben für Namibia, von Leonard Auala und Kirsti Ihamäki

Meßlatte und Bischofsstab. Ein Leben für Namibia, von Leonard Auala und Kirsti Ihamäki. Verlag der VEM Wuppertal Verlag der Ev.-Luth. Mission. Erlangen, 1988.

Meßlatte und Bischofsstab. Ein Leben für Namibia, von Leonard Auala und Kirsti Ihamäki. Verlag der VEM Wuppertal Verlag der Ev.-Luth. Mission. Erlangen, 1988.

Meßlatte und Bischofsstab. Ein Leben für Namibia, von Leonard Auala und Kirsti Ihamäki. Auf dem Titelfoto ist Bischof Leonard Auala (links) und sein Nachfolger, der spätere Bischof Kleopas Dumeni abgebildet.

Nangolo

[...] Der sonnenerhitzte Sand um das Haus herum kühlte im Laufe der Nacht ab. Der hohe Pfahlzaun umgab die Hütten, die Kochstelle, das Viehgehege, die Schuppen und die leeren Getreidebehälter. Die Türöffnung in dem festen Zaun war mit einem dornigen Akazienzweig verschlossen. Es war der 25. September im Jahre 1908. In dem Dämmerlicht der strohgedeckten Lehmhütte kündigte gegen Abend ein Neugeborener sein Kommen mit einem Schrei an. Die Hebamme steckte ihren Kopf aus der Tür und rief dem draußen wartenden Vater zu: Vilho, du hast einen Froschfänger bekommen, einen Sohn. Unserem Gott sei gedankt! Dank dem Allmächtigen in der Höhe! Wir bekamen einen Sohn. Unsere Gebete sind erhört. Die erschöpfte Mutter seufzte mit leiser Stimme: Danke, Vater! Danke, Gott! Der Froschfänger, Nangolo-Junge, ersehnt und erwartet, war geboren als eine Antwort auf die innigen Gebete seiner Eltern. Mutter und Kind ruhten auf einer Palmenmatte, als der Abend sich zu einer warmen schwarzen afrikanischen Nacht verdichtete. Der Vater blies an der Kochstelle in die Glut, um das Feuer zu entfachen. Es war Zeit, den Hirsebrei, die Hauptmahlzeit des Tages, zu kochen. Außerhalb des Pfahlzauns umgaben die harte, verbrannte Erde, die trockenen, staubigen Felder, das dürre Gras und die bleichen Strohhalme den ruhigen Schlaf des Neugeborenen. Die zarten, gelben Blütenbälle der kahlen Akazienbäume verströmten süßen Honigduft. Nangolos Eltern, Vilho Auala und Loide Shikongo, waren verwitwet gewesen, bevor sie sich begegneten. Als sie Gott um einen Sohn baten, versprachen sie ihn Gott. Nun war der Sohn geboren. Südlich des Hauses von Vilho und Loides Haus, etwa einen halben Kilometer weiter, lag eine europäisch anmutende Häusergruppe, die Missionsstation von Onipa. Es waren insgesamt sieben viereckige, aus Lehmziegeln gemauerte Häuser mit Vorratskammern und Wagenschuppen. Dazu gehörten die Kirche, die Schule und drei runde Lehmhütten für die afrikanischen Lehrer. Alle Gebäude waren von außen und innen mit weißem Lehm verputzt. Die Strohdächer waren da und dort mit neuem Stroh ausgebessert worden. Das gab hellere Flecken im Dach. Die Missionsstation war wie ein kleines Dorf. Die gut gepflegten Felder umrahmten sie. Sogar der Wein wuchs gut. Doch wegen der großen Dürre war in diesem Jahr nichts recht gediehen. Schon im Vorjahr war die Ernte wegen der Heuschreckenschwärme mager gewesen. So breitete sich Anfang 1908 der Hunger über das ganze Land aus. Die Hungersnot wurde im Laufe des Jahres immer ärger. Wegen der Dürre vertrocknete das Getreide schon auf den Halmen, bevor es erntereif war. Es gab nichts, um die Getreidespeicher zu füllen, denn das Korn wurde von der Tenne gleich zu Mehl gestampft und gegessen. Bald nach der ausgefallenen Ernte kamen die von Hunger geschwächten Menschen auf die Missionsstation, um Essen zu erbitten. Auch die Vorräte der Missionare waren bald zu Ende, als sie diesen lebenden Skeletten halfen. Zuerst wurden die Hungernden ganz faltig, und dann fingen sie an, aufzuquellen wie Leute, die viel Bier trinken. Sie konnten sich nicht mehr bewegen und, wenn keine Hilfe kam, starben sie bald. Es wurde erzählt, daß es schon im August so war, wenn die Vorratskammern gewöhnlich voll Hirse und Durra waren. Die Menschen verließen ihre Häuser und Felder und versuchten, in Gegenden zu flüchten, wo es noch etwas zu essen gab. Die Bewohner der Häuser verstreuten sich dahin und dorthin. Jeder versuchte, sein eigenes Leben zu retten. Wo die Verhungernden hinkamen, breiteten sie die Not aus - auch in der Umgebung der finnischen Missionsstationen. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Meßlatte und Bischofsstab. Ein Leben für Namibia, von Leonard Auala und Kirsti Ihamäki.

Titel: Meßlatte und Bischofsstab
Untertitel: Ein Leben für Namibia
Reihe: Erlanger Taschenbücher, Band 85
Autoren: Leonard Auala; Kirsti Ihamäki
Verlagsgemeinschaft Weltmission mit dem Freimund-Verlag Neuendettelsau
Verlag der VEM Wuppertal Verlag der Ev.-Luth. Mission
Erlangen, 1988
ISBN 3872141856 / ISBN 3-87-214185-6
Originalbroschur, 13 x 20 cm, 232 Seiten

Auala, Leonard und Ihamäki, Kirsti im Namibiana-Buchangebot

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