Locker vom Hocker, Band 2, von Susann Kinghorn

Locker vom Hocker, Band 2, von Susann Kinghorn. Selbstverlag, Swakopmund 2013. ISBN 9789994578337

Locker vom Hocker, Band 2, von Susann Kinghorn. Selbstverlag, Swakopmund 2013. ISBN 9789994578337

Auf dem Foto aus dem Buch 'Locker vom Hocker 2' schiebt Lore Budack, die Mutter der Autorin Susann Kinghorn, das Farmtor nach Düsternbrook auf. Dieses Tor ist schon richtig snäzie.

Auf dem Foto aus dem Buch 'Locker vom Hocker 2' schiebt Lore Budack, die Mutter der Autorin Susann Kinghorn, das Farmtor nach Düsternbrook auf. Dieses Tor ist schon richtig snäzie.

Die meisten von Ihnen, liebe Leser/innen, haben wohl keen Kluh, wie schlapp auf den Beinen die ersten Farmtore in unserem ehemaligen Südwestafrika waren. Erfahren Sie es, und vieles mehr, von Susann Kinghorn in Locker vom Hocker, Band 2.

Susann Kinghorn  Carola Oelofse (geb. Röhrich)  

Farmtore (22. März 2013)

Liebe Leser/innen, man findet sie nur noch selten vor, weil auch Namibia dem Trend des immer-mehr-fancy-sein-wollens folgt, aber jedes Mal, wenn ich ein altes, vergammeltes Farmtor auf Pad irgendwohin sehe, muss ich anhalten. Dann überflutet mich eine Welle von Nostalgie, und plötzlich stehe ich als Siebenjährige vor solch einem Tor. Wenn meine Eltern mit uns Kindern an Wochenenden das Ehepaar Hans-Richard und Kunigunde Lühl nebst Sohn Richard und Tochter Irene auf der Farm Okuje in der Nähe des Weißen Nossob besuchten, dann galt es, Farmtore zu öffnen. Sobald man hinter Kappsfann von der Teerstraße zwischen Windhoek und dem J.G. Strijdom-Flugplatz (heute Hosea Kutako-Flughafen) auf die Gravelpad der M53 abbog, begann die undankbare Aufgabe. Die Seitentür unseres knatternden, knallroten VW-Kombis Typ 2 mit der schönen Nummer SW 7000 wurde aufgeschoben, man hüpfte hinaus und war der Angst eines siebenjährigen Mädchens vor der gnadenlosen Natur ausgesetzt. Die Panik äußerte sich in Visionen von ekligen Goggas und Schwarzen Mambas, die im hohen Gras neben der Farmpad nur darauf warteten, einem kräftig in den nackten Fuß zu beißen, der schutzlos in einem dürftigen Gummilatschen steckte. Wenn dann endlich die dicke Kette von dem Haken gelöst und das schwere Tor über den Schotter an die Seite der Sandpad gezerrt worden war, konnte der Kombi durchrauschen. Umnebelt von Staub und Abgasen, doch erleichtert, dass bisher kein Ungeziefer aus dem gelben Gras zugestochen oder -gebissen hatte, zog man das Ungetüm namens Farmtor wieder auf die Pad zurück. Nun war es eine Sache, im hellen Sonnenlicht ein Farmtor zu öffnen, eine andere, wenn man als Kind nachts aus dem sicheren Kombi springen musste. Da half es auch nichts, sich schlafend zu stellen. Jeder von uns fünf Kindern war mal dran, und Kinder haben bekanntlich einen extrem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Ja, das Grausen vor dem nächtlichen Sprung aus der Kombi-Seitentür ins Dunkel der Nacht, nicht wissend, ob die entblößten Füße just auf einem glitschigen Schlangenleib landen oder die giftige Sackspinne einem in den Zeh beißt! Wenn man erst am Tor stand, um den Draht vom Zaunpfosten loszubiegen (fancy Ketten mit Karabinerhaken gab es damals nur wenige!), dann war die Situation vorläufig gerettet, denn die scharfen Scheinwerfer des Familienvehikels spendeten genug Licht, um auch den gefährlichsten Löwen erstmal in Schach zu halten. Nur, lange dauerte das Wiegen in Sicherheit nicht! War das Tor endlich wieder knirschend über den Gravel auf die Farmpad gezerrt worden, galt es, mit zitternden Fingern im spärlichen Licht der roten Rücklichter den Draht wieder so um den Holzpfosten des Farmzauns zu biegen, dass das schwere Tor sich auch bei einem starken Wind nicht öffnen konnte. Und was man in diesen paar Minuten bis zum erlösenden Sprung in den Kombi alles sah und hörte: War das nicht ein zähnefletschender Schabrackenschakal, der da am Farmzaun entlanghuschte? Und ragten dort neben dem Blaubusch nicht die spitzen Hörner eines Gemsbocks heraus? Trotz der Angst hat man es nicht gewagt, um Hilfe zu bitten, geschweige denn zu rufen. Schließlich wurden wir Mädels, genau wie die Jungs im alten Südwestafrika, von Geburt an zum Taffsein erzogen. Wenn ich heute, etwa 40 Jahre später, vor solch einem Tor mit Kette und Karabinerhaken als Verschluss irgendwo zwischen Otjihokero, Omunjereke und Okaparakaha auf Pad nach Okuje stehe, kann ich mir nur noch schwer vorstellen, wie groß die Angst damals vor solch einem harmlosen blerry Farmtor war.

Ihre Susann Kinghorn

Dies ist ein Glosse aus dem Buch: Locker vom Hocker, Band 2, von Susann Kinghorn.

Titel: Locker vom Hocker, Band 2
Autor: Susann Kinghorn
Illustrationen: Carola Röhrich
Selbstverlag, 2013
ISBN 9789994578337
Broschur, 15 x 21 cm, 170 Seiten, zahlreiche sw-Karikaturen und Fotos

Kinghorn, Susann und Röhrich, Carola im Namibiana-Buchangebot

Locker vom Hocker, Band 2

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