Locker vom Hocker aus der Namib Times, Band 6, von Susann Kinghorn

Locker vom Hocker aus der Namib Times, Band 6, von Susann Kinghorn. Selbstverlag Susann Kinghorn. Swakopmund, Namibia 2018. ISBN 9789994588268 / ISBN 978-99945-88-26-8

Dieser Locker-vom-Hocker-Band 6 aus der Namib Times, ist vermutlich der letzte der beliebten Reihe, den Susann Kinghorn herausgeben wird.

Susann Kinghorn  Carola Oelofse (geb. Röhrich)  

13. April 2017: Frisch verliebt auch noch im Alter

Liebe Leser! Im Namib-Restaurant beobachte ich ein älteres Paar, das glücklich und verliebt aussieht. Bei näherem Hinsehen erkenne ich in der Frau die 74jährige Gisela Meyer-Ohlendorf (Mo) aus Swakopmund. Ich begrüße sie, und ihr Begleiter stellt sich als Rolf Lengemann aus Deutschland vor. Herr Lengemann kann es sich aus purer Freude nicht verkneifen zu erwähnen, dass er Mo auf eine wundersame Weise nach 50 Jahren wieder getroffen hat und demnächst geheiratet wird. Endlich wieder eine schöne Geschichte zwischen all den skiet, skop en donder-Berichtm, die normalerweise die Zeitungen dominieren. Wir verabreden uns zum Gespräch. Es war im Jahre 1966 in Hamburg, als die beiden sich über den Weg liefen. Rolf studierte Maschinenbau, und Mo wurde zur Diät-Assistentin ausgebildet. Sie trafen sich häufig, und ein reger Briefwechsel entstand. Als Mo sich dann aber doch für den anderen Freier, der sie umwarb, entschied, schrieb sie an Rolf: "Schade, dass man nicht zwei Menschen lieben darf." Jeder ging dann seiner Wege. Rolf studierte in Berlin und Stuttgart und arbeitete in Koblenz, Worms, Greven, Mainz, Schwalbach und London. Er bereiste berufsmäßig viele Länder der Erde, heiratete Madeleine, wurde stolzer Papa von vier Kindern und erfreut sich heute außerdem an 10 Enkelkindern. Dann wurde seine Frau schwer depressiv und verstarb 2014 im Alter von 66 Jahren. Mo kam 1968 nach Windhoek, wo sie zu Anfang als Diät-Assistentin im Katholischen Krankenhaus tätig war, dann in das Haus des Windhoeker Arztes Dr. Rüdiger kam und mit ihm bis zu seinem Tod 2007 im Alter von 94 zusammenlebte. Nach Deutschland fliegt sie einmal im Jahr, hauptsächlich, um mit ihrer inzwischen 100jährigen Mutter in Thüringen Zeit zu verbringen. Ausschlaggebend beim schicksalhaften Zusammentreffen der beiden Jugendfreunde war der Umzug Rolfs nach dem Tod seiner Frau in eine kleinere Wohnung in Mainz. Bei der Räumung fanden seine Kinder im Dachboden ein Kistchen. Darin waren außer den ersten Liebesbriefen einer Frau, auch 50 Briefseiten von Mo aus dem Jahre 1966 enthalten. Nach dem Tod seiner Frau dachte Rolf viel über das Leben und den Tod nach. Am Silvesterabend 2015 wollte er alleine sein, und dies Alleinsein führte zu dem Griff in das Briefkistchen. Während draußen die Knaller das neue Jahr einläuteten, las er die lieben Zeilen von Mo, und schöne Erinnerungen wurden wach. Nun folgte eins aufs andere. Rolf suchte im Internet nach Mo und fand sie auch auf der Website der Stadtmission Swakopmund. Dank der Tatsache, dass Mo nie geheiratet hatte und als Gisela Meyer-Ohlendorf bei der Stadtmission erwähnt wurde, war es für Rolf eine Kleinigkeit, sie ausfindig zu machen. Er schrieb also einen Brief an Mo und schickte ihn an Martin Frische, den damaligen Pastor der Stadtmission Swakopmund. In den Umschlag legte er wohlweislich auch einen von Mos damaligen Briefen. Das war ganz entscheidend, denn Rolf Lengemann war aus Mos Gedächtnis radiert. "Es war mir richtig unheimlich, dass ich mich nicht mehr an ihn erinnern konnte", sagt sie. Durch ihren eigenen Brief aber, der beigelegt war, kamen langsam wieder einige Erinnerungen hoch. Via Fax-Korrespondenz lernten Mo und Rolf sich näher kennen, und inzwischen beherrscht Mo auch das Mailen und Skypen. Von Januar bis Juni 2016 schrieb jeder an den anderen stattliche 100 Seiten. Im Juni besuchte Mo ihre Mutter in Thüringen. Selbstverständlich wurde ein Stelldichein mit Rolf vereinbart, der sie vom Frankfurter Flugplatz abholen wollte. "Was mache ich bloss, wenn sie mich nicht erkennt und auf dem Flugplatz von einem zum anderen herumgeistert: "Ist es der, oder der?", fragte sich ein nervöser Rolf. Es war eine Aufregung wie bei einem 18-Jährigen vor seinem ersten Rendevouz, als Rolf mit einem Schildchen, auf das er Mos Namen geschrieben hatte, und einem Sträußchen Vergissmeinnicht am Flughafen wartete. Auf der knapp vier Stunden langen Fahrt nach Thüringen konnte man sich dann beriechen. Da Mos Mutter Vorrang hatte, blieb nur noch ein Tag für Rolf. An diesem Tag wurde bei einem langen Waldspaziergang durch das Klosterdorf Donndorf geredet und geredet. Während Rolf zwischendurch dachte: "Na, einen Kuss könnte man ja wenigstens kriegen!", war Mo eher zurückhaltend. Sie dachte anfänglich nur an eine Freundschaft - bis sie merkte: "Es ist mehr als das!" Und da mein Platz hier auf der Seite der Namib Times begrenzt ist, mache ich es jetzt genauso wie Mo und Rolf, nämlich hakkahanna! Da Mo inzwischen Christin geworden war, gab es keine wilde Ehe, und somit wurde geschwind ein goldgelb glänzender Ehering beim Juwelier gehämmert. Einen lustigen Zwischenfall gab es bei der standesamtlichen Trauung in Swakopmund, als Mo einen goldfarbenen Knopf ihrer Kostümjacke verlor. Bei der kirchlichen Trauung am 8. April 2017 mit anschließend ausgiebiger Feier verlor Mo den Rest ihres Herzens an Rolf. Rolfs Enkel Oskar sagt freudestrahlend: "Ich habe eine neue Oma." Und Rolf? Rolf ist ausnahmsweise sprachlos vor Glück. Ihre tatsächlich zu Tränen gerührte Susann Kinghorn.

Dies ist ein Auszug aus: Locker vom Hocker aus der Namib Times, Band 6, von Susann Kinghorn.

Titel: Locker vom Hocker aus der Namib Times, Band 6
Untertitel: Kommentare aus der Namib Times, 2017 und 2018
Autorin: Susann Kinghorn
Illustrationen: Carola Oelofse (geb. Röhrich)
Selbstverlag Susann Kinghorn
Swakopmund, Namibia 2018
ISBN 9789994588268 / ISBN 978-99945-88-26-8
Broschur, 15 x 21 cm, 206 Seiten, zahlreiche sw-Karikaturen und Fotos