Gross ist Afrika. Europas dunkle Schwester, von A. E. Johann Afrika
Auf eigene Faust durchquert A. E. Johann Afrika, sucht in der Begegnung mit schwarzen, weißen und braunen Menschen Wege zur friedlichen Gemeinschaft der Rassen und künftigen Partnerschaft Europa-Afrika. Gross ist Afrika: Europas dunkle Schwester beschreibt seine zweite große Afrika-Reise von 1955/1956.
Auftakt: Glück im Pech
Der Nordost-Passat jagt seine Wogen hinter uns her. Zuweilen scheint es, als wollten die rollenden Wasserberge das südwärts strebende Schiff überholen. Die schimmernden Seen 2iehen eine Weile hoch an der Bordwand dahin; aber dann kämmen sie über und bleiben ermattet zurück. Bis eine ihrer jüngeren Schwestern das gleiche Spiel von neuem beginnt, unermüdlich und doch vergebens. Wenn ich hoch vom Peildeck des kleinen schwedischen Frachtschiffes nach achtern blicke, so weiden bis zum fernen Horizont tausend silberne Schafe auf tiefblauer Aue: schaumgekrönte Herden des Passats, des herrlichsten und treuesten aller Winde, der nun auch meine Fahrt geleitet. Im Osten hinter dem messerscharfen Strich der Kimm verborgen ruht die Küste Nordafrikas. Morgen früh werden wir an Dakar vorbeilaufen. Der Kapitän hat mir, dem einzigen Passagier dieses ehrenwerten Bootes aus Göteborg, versprochen, so weit unter Land zu gehen, als ihm die Riffe und Klippen von Kap Verde (an denen schon manches gute Schiff scheiterte) nur irgend gestatten. So werde ich wenigstens im Fernglas die weißen Häuser Dakars, der Hauptstadt Französisch-Westafrikas, ihre stolzen Promenaden und ausgedehnten Hafenanlagen betrachten können. Denn nach Senegal und Dakar wird mich meine afrikanische Straße diesmal nicht führen. Mein Programm schreibt eine andere Route vor. Groß ist Afrika, und man kann nicht überallhin fahren auf diesem gewaltigen, dunklen Kontinent voll ungeahnter Zukunft. Hinter Dakar im Nordosten dehnen sich die größten Wüsten dieser Erde, wenn man von den Eiswüsten Grönlands und der Antarktis absieht. Die Sahara hatte ich durchqueren wollen, und wenn alles nach Wunsch und Plan gegangen wäre, dann hätte ich dieses Schiff gar nicht Zu besteigen brauchen, wäre zu Lande über Spanien zur Sahara vorgedrungen und hätte mir die Wüste von Oran oder Algier südwärts auf meine bescheidene Weise erobert - jene Weise der geruhsamen und gründlichen Betrachter, die von niemand zu festgesetzter Frist erwartet werden, die hier und dort verweilen, wie es Schicksal oder Zufall wollen, oder die Menschen, die am Wege wohnen. So hatte ich vor siebzehn Jahren schon einmal den afrikanischen Kontinent durchstreift. Und so hatte meine Reise auch diesmal beginnen sollen. Aber das scheiterte an den übelsten aller Hindernisse: den papierenen. Das Visum für den Belgischen Kongo wollte sich nicht einstellen. Woche für Woche und Monat für Monat ging ins Land, und stets hieß es auf dem belgischen Konsulat: „Wir haben leider noch keine Nachricht." Die Franzosen aber waren nur dann bereit, mir die - schon bewilligten - Visen für ihre nordafrikanischen Kolonien in den Paß einzutragen, wenn ich das Anschluß-Visum für den Belgischen Kongo bereits vorweisen konnte. Die Katze biß sich also eifrig in den Schwanz. Im Januar, der besten Zeit für die Sahara, hatte ich abfahren wollen. Es wurde Februar, März und dann April. Die mildherzigen Franzosen trugen mir schließlich die Visen für Algerien, Marokko, Französisch-West- und Französisch-Äquatorial-Afrika in meinen stempelhungrigen Paß, obgleich die Belgier sich noch immer „über mich erkundigten". Aber das nutzte mir alles nichts mehr. Denn im April beginnt südlich der Sahara, in Nigérien zum Beispiel (die nigerische Calabar-Provinz wollte ich aus bestimmten Gründen nicht von meiner Route streichen), die Regenzeit, und dann wird jeder Verkehr auf weitere Entfernungen unmöglich. Ich mußte also - selbst wenn das belgische Visum nun gekommen wäre - meinen ganzen Reiseplan umbauen und südlich des Äquators mit meiner Afrika-Fahrt beginnen; denn dort bricht im April die trockene Zeit an : der Südwinter. Südlich des Äquators und des Belgischen Kongo liegt Portugiesisch-Westafrika oder Angola. Angola also erhob ich nun zu meinem ersten Ziel. [...]
Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Gross ist Afrika. Europas dunkle Schwester, von A. E. Johann Afrika.
Titel: Gross ist Afrika
Untertitel: Europas dunkle Schwester
Autor: A. E. Johann
Verlag: Bertelsmann
Gütersloh, 1957
Orignial-Leineneinband, Original-Schutzumschlag, 16x23 cm, 399 Seiten, 16 Farbtafeln, 32 Schwarzweißfototafeln, 250 Textabbildungen, 24 Karten
Johann, A. E. im Namibiana-Buchangebot
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