Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama, von Lené Malan und Aneta Shaw

Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama, von Lené Malan und Aneta Shaw

Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama, von Lené Malan und Aneta Shaw.

In ihrer Einleitung zu dem Buch Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama, schreiben Lené Malan und Aneta Shaw über ihre Beweggründe, in das Grenzgebiet von Südafrika und Namibia, wo die Nama im Richtersveld leben, zu reisen.

Aneta Shaw  Lené Malan  

„Ich fahre ins Nordkap," sagte ich eines Tages zu meiner Freundin Aneta. „Ich möchte die Nachkommen der ältesten Einwohner unseres Landes, die San und die Khoi, besuchen, möchte ihre Frauen treffen, mit ihnen sprechen, mir ihre Geschichten anhören." Die Frage, die mich zu dieser Reise bewegte war, wie sich stark isolierte Gemeinschaften (wie die Nama in Südafrika) an soziale und politische Veränderungen anpassen und ob und wie sich dabei ihre kulturellen Bräuche verändern. Nach dem Abschluss einer Studie über die Erzählkunst an der Bristol Universität in England war ich ins Kap zurückgekehrt und war hoch motiviert, weiter zu forschen. „So ein Zufall!" antwortete Aneta. „Und ich hatte schon immer den Wunsch, etwas mehr über diese so genannten ,Eselskarren-Menschen' im Nordkap zu erfahren!"

„Warum machen wir diese Reise nicht zusammen?" fragte ich spontan. Ihre begeisterte Reaktion macht eine gemeinsame Reise zur beschlossenen Sache. Aneta hatte außerdem schon Erfahrung mit dieser Art Forschung, denn in ihrer Doktorarbeit hatte sie sich mit dem Leben südafrikanischer Diplomatenfamilien in der ganzen Welt und ihrer sozialen und kulturellen Anpassung befasst, mit dem Schwerpunkt auf der .Überschneidung persönlicher und kultureller Grenzen'. Bei der Planung unserer Reise wurde uns klar, dass wir uns auf jeden Fall mit den traditionellen Führern der Nama in Verbindung setzen müssten. Auch mussten wir uns für eine von mehreren Gruppen entscheiden: die San (Buschleute), die Griqua oder die Khoi-Khoi (während der Kolonialzeit ,Hottentotten' genannt). Über meine Tochter lernte ich Paul Syster aus Franschhoek kennen, der mit dem Nationalen Rat der Griqua verbunden ist. Bei einer Tasse Kaffee riet er uns, uns auf die Gruppe der Nama zu konzentrieren, der größten Gruppe der Nachkommen der Khoi-Khoi.

Während schon viel über die San und die Griquas geschrieben worden sei, wäre seines Wissens noch wenig über die Geschichte und heutigen Umstände der Nama bekannt. Ohne ausführliche weitere Recherche folgten wir Pauls Ratschlag. Wie aber sollten wir mit den Menschen im Namaqualand in Verbindung treten? Wir konnten ja nicht einfach irgendwo auftauchen und erwarten, dass man uns als völlig Fremde und Außenseiter willkommen heißen würde - zumal sich die Gemeinschaften in diesen abgelegenen Gegenden über viele Jahre diskriminiert und schlecht behandelt gefühlt haben. Wir haben in der Tat später verschiedene Menschen im Namaqualand sagen hören, dass sie es immer wieder erlebt haben, dass Fremde sie besuchten, ,ihre Sachen nahmen' und nichts zurückgaben.

Konkret bedeutete das, dass die Fremden Fotos machten, sich Geschichten erzählen ließen und Dokumentarfilme drehten, ohne dass die Einheimischen in irgendeiner Form dafür vergütet wurden oder an den Endprodukten einen Anteil bekamen. Diese Information führte dazu, dass ich das Ziel unseres Vorhabens neu überdachte. Die Umsetzung unserer Pläne wurde konkreter, als ich eines Morgens eine Stimme mit einem ungewöhnlichen afrikaansen Akzent im RSG-Morgenprogramm hörte. Etwas an Ton und Sprechweise drängte mich zum konzentrierten Hinhören. Der Sprecher war Calatz Cloete, Manager des Kooh-Rooh-Kooh Entwicklungsprojekts in Steinkopf. Er berichtete von einem Festival der Nama, das im September in Steinkopf veranstaltet werden sollte. Als seine Telefonnummer durchgegeben wurde und alle Interessierten aufgefordert wurden, ihn anzurufen, war dies der Startschuss für unsere ungewöhnliche Entdeckungsreise.

Auf dem Festival der Nama in Steinkopf empfing man uns mit offenen Armen und ungekannter Gastfreundschaft. Weiterhin kamen wir kurz nach dem Fest der Verwirklichung unserer Pläne näher, als Paul Syster seine Hilfe anbot, mit den traditionellen Führern der Nama im Richtersveld Kontakt aufzunehmen, unter anderem mit Gert Links in Eksteenfontein. Gert begrüßte uns mit derselben Herzlichkeit wie die Teilnehmer und Zuschauer auf dem Festival. Er gab uns Adressen von Frauen, mit denen wir reden könnten. Als Gegenleistung wurden wir gebeten, alle Forschungsergebnisse und Informationen mit ihnen zu teilen. Diese Übereinkunft wurde von uns ohne Zögern besiegelt.

Es fiel uns zeitweise sehr schwer, in einer gichtigen' Sprache das festzuhalten, was zwischen uns und den Nama erfahren und kommuniziert wurde. Zu sagen, dass wir ,berührt' waren oder ,ergriffen' beschreibt nur unzulänglich, was wir erlebt haben. Der Anthropologe und Ethnologe Gerrit Geertz hat in seinem Buch The Burden of Authorship darauf verwiesen, worum es geht, wenn man das Leben fremder Kulturen Vertrauens- und verantwortungsvoll schriftlich zu fixieren versucht. Wir haben daher den Inhalt unseres Buches und die Darbietung aller Geschichten vor der Veröffentlichung allen Informanten und Erzählern zur Überprüfung vorgelegt, um sicher zu sein, dass sie mit einer Veröffentlichung in dieser Form einverstanden sind. Die ausdrücklich positive Reaktion auf die Art und Weise, wie wir die uns gegebenen Informationen aufgenommen und schriftlich verarbeitet haben - als Zeugnis einer für die Außenwelt so gut wie unsichtbar gewordenen Lebensweise - hat unsere Erwartungen weit übertroffen.

Dies ist die Einleitung zu dem Buch: Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama, von Lené Malan und Aneta Shaw.

Buchtitel: Das hat man im Blut: Auf den Spuren der Nama
Autorinnen: Lené Malan und Aneta Shaw
Übersetzung: Erika von Wietersheim
Kuiseb-Verlag
Windhoek, Namibia 2011
ISBN 978-99916-40-99-0 Namibia
ISBN 978-3-941602-53-3 Deutschland
Broschur, 15x21 cm, 184 Seiten, zahlreiche Farbfotos

Malan, Lené und Shaw, Aneta im Namibiana-Buchangebot

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Das hat man im Blut ist ein Reisebericht zweier Südafrikanerinnen, die auf den Spuren der Nama, ins Richtersveld reisen.

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