Als Tropenarzt in Afrika, von Ludwig Külz
Die zweite Auflage des Buches 'Als Tropenarzt in Afrika' eröffnete Dr. Ludwig Külz 1910 mit den Worten: Die Kindersterblichkeit kolonialer Bücher ist kaum geringer als die der Negervölker Afrikas. Um so mehr darf ich mich freuen» daß meine Blätter und Briefe den Gefahren des frühen Kindesalters getrotzt haben.
Als sie sich zum ersten Male schüchtern an die Öffentlichkeit wagten, stand Deutschland gerade in der uns allen noch in der Erinnerung haftenden Periode des kolonialen Erwachens, durch die eine neue Epoche der Entwicklung unseres überseeischen Besitzes eingeleitet wurde. Seither haben sich viele unserer Hoffnungen verwirklicht, während wir andere noch haben zurückstellen müssen; denn auch im kolonialen Leben liegt zwischen Ackerbestellung, Aussaat und Ernte eine oft große Spanne Zeit. Ich habe nichts an dem Texte des Buches geändert. Es wird hoffentlich auch heute noch in seiner ursprünglichen Gestalt nicht ohne Interesse sein. Denn wie der Stand unserer kolonialen Entwicklung heute ist, wissen daheim die meisten; wie er vor kurzem noch war, das werden bald nur noch wenige wissen. Damit der Leser aber trotzdem am Beispiele unserer vielleicht aussichtsreichsten Tropenkolonie verfolgen kann, wie wir einesteils vorwärtsgekommen sind und wohin wir andernteils streben müssen, so habe ich mich entschlossen, als Anhang einen kurzen Überblick über die Entwicklung Kameruns während der letzten Jahre zu geben. Hierbei wolle man mir nicht verübeln, wenn ich die mir beruflich am nächsten liegenden Fragen eingehender als die anderen berücksichtige. Es ist keines von den gemachten oder erdachten Büchern, es ist erschaut, erwandert und erlebt. Daraus erkläre ich mir auch, daß es mir zwar nicht den geräuschvollen Beifall einer großen Menge eingetragen hat, wohl aber manches herzlich gesprochene oder geschriebene Wort eines Genossen aus Freud' und Leid oder solcher Zeitgenossen, die ein Herz für unsere deutschen Neuländer haben. Viele Monate bin ich seitdem wieder im afrikanischen Inlande umhergewandert, manche früher gewonnene Überzeugung habe ich dabei immer wieder bestätigt gefunden, manches neue Problem ist vor meinen Augen aufgetaucht. Hie und da ging eine Illusion in Trümmer, welchem alten Afrikaner geschähe es nicht ebenso? Aber eins habe ich nicht aufgegeben; das ist der feste Glaube an die Entwicklungsfähigkeit unserer deutschen Kolonien! Es hat sich vielerlei im Laufe der verflossenen Jahre in Kamerun ereignet, was nicht nur vorüb gehendes Interesse beansprucht, sondern dauernd in den Annalen 3er Kolonie seinen Platz behaupten wird. Manches davon ist auch weiteren Kreisen der Heimat nicht unbekannt geblieben, von anderem wieder ist die Kunde nur bis zu denen gedrungen, deren Ohr für koloniale Neuigkeiten abgestimmt ist Ein frischer Hauch kolonialen Verständnisses erhob sich von der Heimat her und belebte den früher oft gar zu langsamen Kurs zu schnellerer Fahrt; das deutsche Volk besann sich wieder auf seinen überseeischen Besitz, und mancher alte Afrikaner rieb sich die Afrikamüdigkeit aus den Äugen und faßte von neuem Mut zu weiterem Ausharren. Selbst ein regierender deutscher Fürst hat zum ersten Male in diesen Jahren den Boden Kameruns betreten. Im Jahre 1907 weilte der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und mit ihm der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz einige Zeit an den Hauptorten unserer Küste, um ihre Entwicklung und das Leben und Treiben ihrer Bewohner aus eigener Anschauung kennenzulernen. Ein weiteres Mitglied desselben Regentenhauses, Herzog Adolf Friedrich, erreichte im Jahre darauf Kamerun auf seiner Durchquerung Afrikas als letztes Endziel, und gerade in diesen Wochen schickt sich derselbe Forscher an» begleitet von einem Stabe von Fachgelehrten, eine neue wissenschaftliche Expedition von unserer Kolonie aus durchs innere Afrika bis hin zu den Quellen des Niles anzutreten. In rascherem Tempo als bisher fing die wirtschaftliche Entwicklung des Landes an einzusetzen; man begann mit dem Bau von Bahnen. Viele tausend Eingeborene wurden zu diesem Werk herangezogen, um endlich die Breschen in den Urwaldgürtel zu schlagen, durch die der Verkehr zwischen Küste und Inland sich bewegen soll Aufgestört durch all das ungewohnte, geräuschvolle Treiben zu seinen Füßen, erwachte im April vorigen Jahres der alte Riese dea Kamerunberges aus langem Schlafe und schüttelte unmutig sein Haupt über die Friedensstörer in seinem Reiche, so daß Weiße und Schwarze vor seinem Grollen und Feuerschnauben flüchten mußten. Jetzt hat er sich wieder, hoffentlich für lange Jahre, beruhigt. [...]
Auszug aus dem Buch 'Als Tropenarzt in Afrika', von Ludwig Külz.
Titel: Als Tropenarzt in Afrika
Autor: Ludwig Külz
Verlag: SEVERUS Verlag
Hamburg, 2013
ISBN 9783863475796 / ISBN 978-3-86347-579-6
Broschur, 14 x 21 cm, 340 Seiten
Külz, Ludwig im Namibiana-Buchangebot
Als Tropenarzt in Afrika
Das Buch 'Als Tropenarzt in Afrika' basiert auf den Briefen des deutschen Tropenarztes Ludwig Külz in der deutschen Kolonie Togo.