Afrikanische Ballade, von Stuart Cloete
Mit dem Schicksal eines jungen schwarzen Paares, dessen Christentum der übermächtigen Kraft der alten Stammesbindung nicht standhält und das an diesem Zwiespalt untergehen muß, verbindet Stuart Cloete in seinem Roman, Afrikanische Ballade, die Geschichte zweier uralter Elefanten und zweier weißer Jäger
Unter den Baobabs, den grossen Affenbrotbäumen, die dort im Urwald wuchsen, war einer noch größer als alle anderen. Dieser Baum war ein Denkmal unter Denkmälern, ein Leviathan unter Leviathanen, ein Elefant in der Welt der Bäume, ein Koloß, der jeden anderen Baum überragte und nicht nur im Erdboden, sondern auch in der Vorzeit wurzelte. Er hatte bereits eine gewaltige Höhe erreicht, als Karthago fiel und Kleopatra um Cäsar warb. Seine birnenförmigen Früchte, die mit einem grünen plüschähnlichen Flaum überzogen waren, hatten schon an seinen Zweigen gehangen, als Christus ans Kreuz geschlagen wurde. Dieser Baobab gehörte zu den größten Lebewesen der Welt, wie den Küstenmammutbäumen, den Walfischen in den arktischen Meeren, den Elefanten und den Riesenschildkröten. Und er war so alt, so ur-urait, daß sich unser Zeitbegriff gar nicht mehr auf ihn anwenden läßt und man sich, wenn von ihm die Rede ist, viel eher geologischer als geschichtlicher und geographischer Ausdrücke bedienen könnte. Nicht ohne Grund haben die alten Heiden ihre Götter in Hainen verehrt, deren Bäume ihnen heilig waren, und haben die ersten Christen diese Bäume gefällt, denn die Wirkung, die von solch einem Baumriesen ausgeht, übersteigt jede Vorstellung. Jeder hat seine besondere Atmosphäre, und man spürt, daß sich, schon weil er so alt ist, in seiner Nähe viel Bedeutsames ereignet hat; denn ein großer Baum in einem Wald ist ebenso wie ein einsamer Baum in einer Ebene ein Treffpunkt für die Begegnung mit dem Schicksal; ein Markstein, ein Wahrzeichen des Todes und der Liebe; ein Denkmal, das sowohl die Erinnerungen an Hochzeiten als auch an Begräbnisse wachhält und deshalb für heilig gilt. Wie ein Waldgott mutet so ein vereinzelt dastehender Baumriese an, wie ein unparteiischer Zeuge guter und böser Taten, denn für einen Baum gibt es die Begriffe >gut< und >böse< nicht, für ihn gibt es nur das Gesetz des Wachstums. Ihm ist es gleichgültig, ob sich die Menschen unter seinem Laubdach verbluten oder begatten. Das einzige, was er zu fürchten hat, ist die Urgewalt des Feuers oder eine Überschwemmung, und der große Baobab wurde von beiden Gefahren nicht mehr bedroht. Der Schatten seiner Äste und die Kraft seiner Wurzeln hatten in seiner Nähe alles Brennbare unschädlich gemacht, und der Reichweite der Wasserfluten war er ebenso weit entrückt wie dem Zugriff der Zeit. Wie schon vor tausend und aber tausend Jahren war er noch immer ein Markstein und die Wohnung unzähliger Bienen, eine Sitzgelegenheit und ein Nistplatz für die Vögel und eine Speisekammer für ein Schleckermaul wie den Honigdachs. Die Erde rings um den Baum war von dem Blut vieler Gemetzel durchtränkt, aber davon war nichts mehr zu sehen; die Luft über ihm hatte einst vibriert von gellenden Schreien, doch nun war sie still und klar, tagsüber durchsichtig hell und nachts eine von Sternen durchbrochene indigoblaue Kuppel. Der alte Baumriese stand an einem der vielen Kreuzwege Afrikas noch genau an derselben Stelle, an der einst der Zufall den Samen, aus dem der Baobab entstanden war, in die Erde gesenkt hatte, und nie hatte er etwas anderes getan, als am Leben zu bleiben, zu wachsen und alle anderen Lebewesen zu überragen und zu überdauern. [...]
Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Afrikanische Ballade, von Stuart Cloete.
Titel: Afrikanische Ballade
Autor: Stuart Cloete
Übersetzung: Karin von Schab
Reihe: Die Bücher der Neunzehn, Band 30
Verlag: Wolfgang Krüger Verlag
Erste Auflage. Hamburg, 1957
Original-Leinenband, Original-Schutzumschlag, 13x21 cm, 304 Seiten
Cloete, Stuart im Namibiana-Buchangebot
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