Das Elisabeth-Haus in Windhoek, von Imre Josef Demhardt

Abb. 1: Vorderansicht des ersten Bauabschnitts mit unausgeführter Fassadenverzierung (1907/08) Quelle: Peters, Seite 180 (nach Kolonie und Heimat)

Abb. 1: Vorderansicht des ersten Bauabschnitts mit unausgeführter Fassadenverzierung (1907/08) Quelle: Peters, Seite 180 (nach Kolonie und Heimat)

Abb. 2: Süd- und Ostfassade des im Jahre 1908 eingeweihten ersten Bauabschnitts des Elisabeth-Heims (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01020887)

Abb. 2: Süd- und Ostfassade des im Jahre 1908 eingeweihten ersten Bauabschnitts des Elisabeth-Heims (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01020887)

Abb. 3: Grundriß des ersten Bauabschnitts (1907/08) Quelle: Peters, Seite 179 (nach Kolonie und Heimat)

Abb. 3: Grundriß des ersten Bauabschnitts (1907/08) Quelle: Peters, Seite 179 (nach Kolonie und Heimat)

Abb. 4: Blick in den damals modernen Operations und Kreißsaal (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01320551)

Abb. 4: Blick in den damals modernen Operations und Kreißsaal (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01320551)

Abb. 5: Blick in eines der Wöchnerinnenzimmer (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 010211110)

Abb. 5: Blick in eines der Wöchnerinnenzimmer (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 010211110)

Abb. 6: Die Hebammen und Krankenschwestern wer kennt noch ihre Namen? (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01021119)

Abb. 6: Die Hebammen und Krankenschwestern wer kennt noch ihre Namen? (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01021119)

Abb. 7: Rekonvaleszentinnen unter den schattigen Bäumen vor der Veranda (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01021119)

Abb. 7: Rekonvaleszentinnen unter den schattigen Bäumen vor der Veranda (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01021119)

Abb. 8: Gesamtansicht der beiden Bauabschnitte des Elisabeth-Heims von Südosten (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 010211118)

Abb. 8: Gesamtansicht der beiden Bauabschnitte des Elisabeth-Heims von Südosten (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 010211118)

Abb. 9: Der Mittelturm der Ostfassade des Erweiterungsbaus (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01020884)

Abb. 9: Der Mittelturm der Ostfassade des Erweiterungsbaus (Bildarchiv der DKG; Sicherungs-Code-Nr. 01020884)

Imre Josef Demhardt Beitrag über die Geschichte des Elisabeth-Haus in Windhuk erschien im Afrikanischen Heimatkalender 1997.

In dieser neuen Reihe von Beiträgen sollen künftig in jedem Afrikanischen Heimatkalender bemerkenswerte Personen, Bauwerke und Ereignisse der namibischen Geschichte anhand einer oder mehrerer historischer Fotografien in ihrem Werdegang und ihrer Bedeutung für das Land erschlossen werden. Den symbolträchtigen Anfang macht das vielen Lesern als Geburtsstätte wohlbekannte Windhoeker Elisabeth-Haus. Vorgeschichte Um die Mitte der 1890er Jahre beobachtete man im Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika und in den kolonialinteressierten Kreisen der Heimat mit zunehmender Sorge die geringe Zahl an deutschen Frauen im südwestafrikanischen Neusiedlungsland. Dieser Mangel, so die vorherrschende Meinung, sei es vornehmlich, dem das bisherige Fehlen des erstrebten "rechten deutschen Volkslebens" im Schutzgebiet zuzuschreiben sei. Es drohe nunmehr sogar die "Gefahr" einer Vermischung der unbeweibten Siedler und Soldaten mit den Buren oder gar den Eingeborenen. Deshalb ermöglichten das Windhoeker Gouvernement und die Berliner Deutsche Kolonialgesellschaft (DKG) seit dem Jahre 1897 Bräuten von Ansiedlern die kostenlose Überfahrt nach Deutsch-Südwestafrika. Bald wurde diese Unterstützung auch auf junge Frauen für Stellungen in gut beleumundeten Häusern als Haushaltsgehilfinnen ausgedehnt. Der durchaus berechtigte Hintergedanke der Initiatoren war derjenige, daß auch junge Haushaltsgehilfinnen einmal heiraten. Entsprechend konnte Gouverneur Leutwein der DKG bereits am 20.3.1898 bestätigen, daß bei der Auswahl der Mädchen sehr sorgfältig verfahren sei und daß von der ersten Gruppe der Übersiedlerinnen schon eine verheiratet und sechs verlobt seien; die DKG habe somit "eine echte Bedürfnisfrage" gelöst. Dieser rasche Erfolg ihrer Bevölkerungspolitk ermutigte DKG und Gouvernement, die Äussendung von Bräuten und Haushaltsgehilfinnen zu intensivieren. In jährlich steigender Anzahl kamen auf diese Weise allein bis zum Jahre 1906 rund 350 Frauen ins Land. Wie erhofft, war bald das gewünschte Ergebnis eingetreten, die meisten Frauen mit Ansiedlern verheiratet und zahlreicher Nachwuchs auf dem Wege. Dem nun aus diesem ersten Etappenerfolg erwachsenden Problem der Familienfürsorge widmete sich dann der im Juni 1907 innerhalb der DKG formierte "Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft". Unter dessen Leitung wurde nicht nur die Frauenaussendung in die Schutzgebiete fortgesetzt bis zum Kriegsausbruch 1914 über 1.000 Bräute und Haushaltsgehilfinnen, sondern auch in konsequenter Fortführung dieser Politik in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz die Einrichtung von Wöchnerinnenheimen an den bedeutendsten Ansiedlungsplätzen der deutschen Schutzgebiete angegangen. Bereits zwei Jahrzehnte vor dem Frauenbund der DKG und schon bald nach dem Erwerb der deutschen Schutzgebiete hatte sich im Jahre 1888 innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes zur besonderen Betreuung dieser überseeischen Gebiete der "Deutsche Frauenverein vom Roten Kreuz für die Kolonien" gegründet. Dieser widmete sich neben der Krankenpflege insbesondere auch der gesundheitlichen Familienfürsorge der Kolonialdeutschen, wofür bei Kriegsausbruch 1914 unter den etwa 100 entsandten Schwestern allein 40 Hebammen wirkten. Ziel des Deutschen Frauenvereins war erklärtermaßen zu gleichen Teilen die professionelle Krankenpflege und die Pflege deutscher „Kultur und Sinnesart" im Familienkreise, um so die Kolonialdeutschen "in ihrer Treue zur Heimat zu stärken." Folgerichtigerweise fanden sich noch im Jahre 1907 Frauenverein und der neugegründete DKG-Frauenbund zur Errichtung des nunmehr dringend in Windhoek benötigten Wöchnerinnenheims zusammen und riefen gemeinsam zu Spenden für dessen möglichst großzügigen Bau auf. 

Baugeschichte

Der ausgewählte Bauplatz lag auf dem damals noch kaum bebauten Hügel westlich der Stadt jenseits des Tals von Groß-Windhoek, durch das erst im Jahre 1911 die Eisenbahnlinie der Staatsbahn nach Keetmanshoop geführt werden sollte. Von dieser Stelle hatte man einen prächtigen Ausblick hinüber auf die am gegenüberliegenden Hang sich längs der Kaiserstraße langsam ausbreitende Schutzgebietshauptstadt und die umliegenden hohen Bergketten. In der "Deutschen Kolonialzeitung", dem Zentralorgan der DKG, hieß es am 16.3.1907 zu den reich gestalteten Bauplänen [siehe Abb. 3] noch rechtfertigend, daß jede unnötige Pracht und Verschwendung vermieden worden seien. In der tatsächlichen Bauausführung jedoch wurden die vorgesehenen Zierelemente dann größtenteils weggelassen und an ihrer Stelle lediglich bescheidene Rauputzflächen aufgebracht. Nachdem mit dem Spruch „Der Not der Frauen wehre, den Stamm in Südwest mehre, mach Arbeit uns und Ehre!" der Grundstein gelegt worden war, konnte schon am 25.1.1908 das Richtfest gefeiert werden. Zu diesem Anlaß wehte die herzoglichbraunschweigische Fahne über dem Rohbau, um so der Abteilung Braunschweig der DKG für deren größte Einzelspende zu den Baukosten zu danken. Nach knapp halbjähriger Bauzeit konnten dann im April 1908 die Windhoeker zur ersten Besichtigung ihres neuen Wöchnerinnenheims durch die „Windhuker Nachrichten" eingeladen werden. Das vollendete Bauwerk verfügte als Mittelpunkt über ein großes Wohn und Eßzimmer. Während sich im wärmeren Nordflügel Küche, Schwesternzimmer und Operationsraum im vorspringenden Erkerzimmer befanden, waren die vier Wöchnerinnenzimmer im kühleren Südflügel untergebracht. Der Architekt Wilhelm Sander (1861-1930), obwohl erst im Oktober 1901 ins Land gekommen, schon bald der führende Vertreter des "Südwester Jugendstils", hatte in seiner charakteristischen Bauausführung im zuweilen subtropischheißen Landesklima für die angenehme Temperierung aller Räume gesorgt: Zunächst wurde der Dachstuhl durch Schleppgauben und einen kleinen Dachreiter ventiliert; dann waren alle Wohnräume durch die geschickte Versetzung der beiden Hausflügel gegeneinander jeweils auf Nord und Südseite mit Zugängen zu der kühlen Frischluft unter der breiten umlaufenden Veranda versehen, die auch als Liegehallen dienen konnten. Zu Ehren der Gattin des damaligen Präsidenten der DKG, aus deren Abteilungen "in edlem Wettstreit" der Löwenanteil der Spenden zum Bau und der Ausstattung des Hauses gekommen waren, der Herzogin Elisabeth von Mecklenburg, wurde das Haus "Elisabeth-Heim" getauft. Es diente nun unter der pflegerischen Betreuung durch den Deutschen Frauenverein vom Roten Kreuz dem rasch wachsenden Windhoek, sowie einem großen Teil des weißen Farmlandes in der Mitte des Schutzgebiets als Mütterheim und Frauenklinik. Angeschlossen war eine Kinderstation für kranke und auch gesunde Kinder, da die stationär behandelten Frauen ihre Kinder sonst vielfach unversorgt und unbeaufsichtigt auf der Farm hätten zurücklassen müssen. Infolge der Gebärfreudigkeit des deutschen "Stamms in Südwest" mußte der Architekt Wilhelm Sander schon im Jahre 1914 und mitten in den Ausbruch des Ersten Weltkriegs hinein einen Erweiterungsbau im Süden anfügen, der durch einen überdachten Gang mit dem nur sechs Jahre zuvor errichteten Elisabeth-Heim zu einem Baukomplex verbunden wurde. Auch in diesem annähernd gleichgroßen "Annex" waren die Wöchnerinnenzimmer wieder auf der kühleren Südseite untergebracht. Auf allen bekannten Photographien des Komplexes wird schon durch die Wahl eines begünstigenden Blickwinkels die ohnehin vorhandene optische Dominanz des Anbaus über den älteren Bauteil verstärkt. Diese erhielt der Neubau durch Sanders Betonung der der Stadt zugewandten Ostseite durch einen starken Mittelturm. Diese Seite des Neubaues nahm zwar zur Vereinheitlichung des Gesamtkomplexes die Stilelemente des Altbaues auf, steigerte und konzentrierte diese jedoch ganz auf den Mittelturm als Blickfang. Auf den Bestimmungszweck des Gebäudes wiesen die Bauherren und der Architekt durch die auf den Photographien kaum erkennbare sinnbildhafte Spitze des vier eckigen Mittelturms des Anbaues hin: Ein metallener Storch, der dem Komplex den noch heute im Windhoeker Volksmund gebräuchlichen Spitznamen "Storchennest" eintrug. Mit diesem Bau schloß für den Architekten Sander eine Werkperiode: Zugleich mit der Planung des Anbaues des Elisabeth-Heims hatte er mit der Arbeit am ersten seiner späteren Paradebauten begonnen, den drei Windhoeker Burgen.

Weiteres Schicksal

Nachdem im Elisabeth-Heim in über sieben Jahrzehnten mancher Generation von Windhoekern auf diese Welt geholfen worden war, wurde es am 29.3.1981 nach der Geburt des Kindes Nr. 16.669 geschlossen. Viele später um den Komplex des Elisabeth-Heims entstandenen historischen Gebäude sind zwischenzeitig wieder der Spitzhacke des Fortschritts zum Opfer gefallen. Dem hier als einzigem Gebäude im Jahre 1986 unter Denkmalschutz gestellten alten Wöchnerinnenheim kam die Einrichtung der Akademie, der Vorläuferin der University of Namibia, zur Rettung, deren Keimzelle sich hier niederließ. Gegenwärtig werden die Räumlichkeiten des ehemaligen Elisabeth-Heims von der Abteilung Visual Arts der in unmittelbarer Nachbarschaft neugebauten University of Namibia genutzt.

Literaturverzeichnis:

Frobenius, Else: 30 Jahre Kolonialer Frauenarbeit. Aachen 1936.
von Lekow, Hildegard: Rotkreuzarbeit in den Kolonien, in: Anton Mayer (Hrsg.), Das Buch der deutschen Kolonien, Potsdam / Leipzig o.J., Seite 288-291.
Peters, Walter: Baukunst in Südwestafrika 18841914. Windhoek 1981.


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