Ludwig Cramer

Ludwig Cramer (1866-1917) war ein deutscher Farmer in Südwestafrika und Eigentümer der Farm Otjisororindi. Aufnahme mit seiner Ehefrau Adelheid 'Ada' Cramer. © Karen Zander

Ludwig Cramer (1866-1917) war ein deutscher Farmer in Südwestafrika und Eigentümer der Farm Otjisororindi. Aufnahme mit seiner Ehefrau Adelheid 'Ada' Cramer. © Karen Zander

Die Grabstelle von Ludwig Cramer (1866-1917) auf Farm Otjisororindi. Sein Sohn Ernst Ludwig begrub ihn in der Nacht nach seinem tödlichen Sprengunfall.

Die Grabstelle von Ludwig Cramer (1866-1917) auf Farm Otjisororindi. Sein Sohn Ernst Ludwig begrub ihn in der Nacht nach seinem tödlichen Sprengunfall.

Ludwig Cramer (1866-1917) war ein deutscher Farmer in Südwestafrika und Eigentümer der Farm Otjisororindi.

Ludwig Cramer wurde am 16.12.1866 als Sohn des Königlichen Kreisbaumeisters Ludwig Carl Cramer (1825-1909) in Warburg geboren. 1891 heiratete er seine Cousine Adelheid Cramer (1891-1962), ging eine wirtschaftlich erfolglose Partnerschaft im Hamburger Kaffeehandel ein und mußte sein Unternehmen Wiskott & Cramer im Jahr 1906 liquidieren. Zunächst ohne ihre Kinder, Hildegard, Ernst Ludwig, Elisabeth und Friedrich, wanderte das Ehepaar, nach sorgfältigen Vorplanungen und mit den Kaufoptionen auf zwei Farmen bei Windhoek in der Tasche, am 26.05.1907 nach Deutsch-Südwestafrika aus. Dort wollten sie zunächst die Farm Otjihase des 1904 gefallenen Schutztruppenoffiziers Hugo von François, dem Bruder des ehemaligen Landeshauptmanns Curt von François, erwerben. Die Verwaltung in Windhuk durchkreuzte diese Pläne jedoch mit dem Hinweis auf formaljuristische Hindernisse. Das Ehepaar Cramer erwarb daraufhin die Farm Otjisororindi, die 120 km westlich von Okahandja in einem noch wenig erschlossenen Teil Deutsch-Südwestafrikas am Schwarzen Nossob und am Rand der Kalahari gelegen war. Zwar unerfahren im Betrieb einer Farm, nahmen Ada und Ludwig Cramer die Arbeit dort auf und waren in den Folgejahren wirtschaftlich erfolgreich. Es bahnten sich jedoch zeitgleich Probleme mit den Farmarbeitern an, die für die Zukunft der Cramers bestimmend werden sollten. Die Farmarbeiter rekrutierten sich überwiegend aus zugeteilten kriegsgefangenen Herero, unter welchen sich auch der ehemalige Hererogroßmann und Bewohner von Otjisororindi, Kadwakonda, befand. Dieser legte es vermutlich darauf an, den neuen Besitzern der Farm das Leben schwer zu machen. Ludwig Cramer ließ sich das nicht lange gefallen und beschwerte sich mehrfach beim zuständigen Bezirksamt Gobabis. Dort gewann man mit der Zeit den Eindruck, daß Ada und Ludwig Cramer nicht mit den Herero umgehen konnten und tat die Beschwerden ab. In der Folge steigerte sich die Gereitztheit im Briefwechsel zwischen der Behörde und dem Farmerehepaar Carmer derart, daß es zu einer Geldstrafe wegen Beamtenbeleidigung kam. Den Herero, denen die hilflose Situation ihrer Arbeitgeber nicht verborgen blieb, nutzten dies offenbar weiter aus und Arbeitsverweigerungen sowie Viehdiebstähle häuften sich. Als mehrere Mitglieder der Familie Cramer auf auffällige Weise erkrankten und zur gleichen Zeit Vieh an Gift einging, prügelte Ludwig Cramer aus sieben ihm verdächtigen Herero, darunter auch zwei schwangeren Frauen, das Geständnis heraus, sie seinen von Kadwakonda dazu angestiftet worden, seine Familie und das Vieh zu vergiften. Er verständigte die Polizei, sperrte die erheblich Verletzten, von denen zwei verstarben, auf der Farm ein und wurde in der Konsequenz in Windhoek selbst wegen schwerer Körperverletzung und Freiheitsberaubung angeklagt. Jakob Irle, Missionar der Rheinischen Mission, hatte ihn angezeigt und, zwei Wochen nach der Auspeitschung, die zerschundenen Rückenpartien der Gestraften als Beweis fotografiert. An Ludwig Cramer wurde, einer aufkommenden kolonialkritischen Stimmung im deutschen Reich entsprechend, ein Exempel statuiert und im August 1912 vom Amtsgericht in Windhuk eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten verhängt. Die Verteidigung, die der aus Deutschland angereiste Bruder Ludwig Cramers führte, und Einwände der Eheleute Ada und Ludwig Cramer sowie die vermuteten Giftanschläge wurden verworfen und die Eskalation der Situation ihrem Fehlverhalten zugeschrieben. Im März 1913 verkürzte ein Berufungsgericht das Strafmaß auf vier Monate und 2.800 Mark Geldstrafe, ließ aber die rechtliche Beurteilung der Selbstjustiz Cramers bestehen. Die europäische Bevölkerung nahm an diesem exemplarisch geführten Prozeß großen Anteil und hielt mehrheitlich zum Angeklagten. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe kehrte dieser auf seine Farm zurück, wo er 1917 bei Sprengarbeiten ums Leben kam. Trotzdem Unfälle mit Sprengstoff zu der Zeit nicht selten waren, gab der Tod Ludwig Cramers neuen Gerüchten Nahrung. Seine Witwe wurde 1919 durch die neuen Mandatsherren in der ehemaligen deutschen Kolonie nach Deutschland deportiert, während die Kinder Ernst-Ludwig Cramer, Hildegard Cramer und Elisabeth Cramer blieben und nach langen Familienstreitigkeiten die elterliche Farm Otjisororindi verloren. Der juristische Fall Ludwig Cramer ging auf unrühmliche Weise in die Kolonialgeschichte der Deutschen ein und hat seitdem diversen Historikern und Sozialwissenschaftlern als Referenz für geschichtliche Deutungen gedient. Die causa Ludwig Cramer wurde im sogenannten Blue Book, einem von der englischen Regierung im August 1918 lancierten Propagandawerk zur politischen Diskreditierung des Deutschen Reiches, als die Frage der späteren Rückgabe der deutschen Kolonien noch nicht endgültig abschlägig beschieden war, als Paradebeispiel für die behauptete Unfähigkeit der Deutschen, Kolonien zu verwalten, aufgegriffen. In Erwiderung auf das nach 1919 von den Briten selbst aus dem Verkehr gezogenen Blue Book, distanzierte sich das Reichskolonialamt 1919 vom Verhalten Ludwig Cramers und stellte, zu dieser Zeit allerdings bereits weltpolitisch belanglos, klar, daß Kolonisten "seines Naturells" in den deutschen Kolonien nicht erwünscht seien. Jüngere Untersuchungen zeichnen allerdings ein differnzierteres Bild von der Persönlichkeit und den Lebensumständen Ludwig Cramers.


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