Kurt Dinter

Professor Kurt Moritz Albin Dinter (1868-1945) war der erste Gouvernementsbotaniker Deutsch-Südwestafrikas. Aufnahme um oder nach 1937, mit Ehefrau Jutta Dinter im Garten ihres Hauses in Neukirch (Lausitz).

Professor Kurt Moritz Albin Dinter (1868-1945) war der erste Gouvernementsbotaniker Deutsch-Südwestafrikas. Aufnahme um oder nach 1937, mit Ehefrau Jutta Dinter im Garten ihres Hauses in Neukirch (Lausitz).

Professor Kurt Moritz Albin Dinter (1868-1945) war der erste Gouvernementsbotaniker Deutsch-Südwestafrikas.

Kurt Dinter wurde am 10.06.1868 als erstes Kind des Lehrers Alwin Dinter und dessen Ehefrau, Clara geb. Lehmann, in Bautzen geboren und besuchte dort die Realschule. Dem Erstgeborenen sollten noch zwei Töchter folgen. Bereits in jungen Jahren am Sammeln und Präparierein von Pflanzen interessiert, absolvierte er nach dem Militärdienst eine Ausbildung als Gärtner und Botaniker. Sein früher Berufsweg führte ihn an die Botanischen Gärten von Straßburg, danach Dresden, wo er als Assistent von Prof. Carl Georg Oscar Drude tätig war, und Ventimiglia in Italien, wo er von 1894 bis 1897 Kurator des privaten Botanischen Gartens von Sir Thomas Hanbury, den 'Giardini Botanici Hanbury', bei La Mortola an der italienischen Riviera war. Eine weitere Station waren die Royal Botanic Gardens (Kew Gardens) im Südwesten Londons, wo Dinter seine Englischkenntnisse ausbaute. Dort blieb er ein halbes Jahr und kehrte dann nach Italien zurück. Nicht lange danach kündigte, um einen reizvollen Auftrag anzunehmen: Von der Deutschen Kolonialgesellschaft mit dem systematischen Sammeln von Pflanzenproben und Anpflanzungsversuchen beauftragt, legte Kurt Dinter im Juni 1897 mit dem Dampfer 'Melitta Bohlen' in Lüderitzbucht, Deutsch-Südwestafrika, an, und richtete, etwa 90 km östlich von Swakopmund, im Swakoprivier bei dem Ort Salem einen Versuchsgarten an und unternahm Sammelzüge in die Umgebung. Nach einem Jahr kündigte er die Zusammenarbeit mit der Deutschen Kolonialgesellschaft auf und sammelte auf eigene Rechnung, unterstützt von zwei Herero-Helfern, zahlreiche Pflanzen, die er nach Erfurt (Fa. Haage & Schmidt), Zürich (Prof. Dr. Hans Schinz) und Berlin (Heinrich Gustav Adolf Engler) schickte. Er legte dabei weite Teile des Weges von der Küste über Keetmanshoop, wo er sich eine Weile bei dem Farmer Ferdinand Gessert auf Farm Inachab aufhielt und ihn bei der Auswahl und Pflanzung von Bäumen und Büschen zur Dünenbefestigung beriet, sammelnd bis Windhuk und später bis nach Etoscha zu Fuß zurück. Das Kaiserliche Gouvernement bestellte ihn ab Mai 1900 als Forstbeamten und amtlichen Botaniker. Mit dieser Position, die er bis 1914 innehatte, war der Aufbau von Baumschulen für eine künftige Forstwirtschaft, die Untersuchung der Grasarten unter den Prämissen der Weidewirtschaft sowie der Erfassung der Giftpflanzen der Kolonie verbunden. Seine dazu notwendigen baulichen Anlagen legte er erst bei Brakwater, später in Okahandja an. Kurt Dinter trat 1902 der South African Philosophical Society, der er etliche Jahre nach ihrer Wandlung zur Royal Society of South Africa im Jahr 1908 angehörte. Während des Herero-Aufstands von 1904 wurde die Hälfte seiner Probensammlung von marodierenden Aufständischen zerstört und sein persönliche Habe gestohlen. Anläßlich eines Deutschlandbesuchs im Jahr darauf, stiftete er den Rest der Sammlung dem Botanischen Garten in Berlin-Dahlem. Bei einem Besuch in Bautzen verlobte er sich mit Jutta Schilde (1871-1949) und heiratete sie am 16.05.1906 in Swakopmund. Die Trauung hielt Missionar Heinrich Vedder ab. Jutta Dinter sollte ihren Ehemann auf zahlreichen Exkursionen und Sammelexpeditionen viele Jahre hilfreich zur Seite stehen. Im Jahr 1907 erhielten sie an ihrem Wohnort Okahandja Besuch von den Botanikern Ernest Edward Galpin (1858-1941) und Henry Harold Welch Pearson (1870-1916), die sich auf einer Forschungsreise durch Südwestafrika befanden. Im selben Jahr stellte Kurt Dinter dem South African Museum in Kapstadt seine Sammlung von Coleoptera (Käfer) vor. Im Jahr 1910 verbrachte das Ehepaar einen Urlaub in Deutschland und an Dinters alter Wirkungsstätte an der italienischen Riviera, von dem es im Oktober 1910 mit der 'Gertrud Woermann' zurückkehrte. 1913 stellte sich der Berliner Professor Heinrich Gustav Adolf Engler, eine Autorität auf dem Gebiet der afrikanischen Flora, bei Kurt Dinter ein, der ihn in einem eigens hergerichteten Personenwagen per Eisenbahn in ausgewählte Regionen zwischen Tsumeb und Warmbad brachte und in einem Monat über 2000 Kilometer zurücklegte. Auf Heimaturlaub, hielt sich das Ehepaar Dinter bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Deutschland auf und konnte daher erst 1922 nach Südwestafrika zurückkehren, wo sich Kurt Dinter bei der südafrikanischen Mandatsverwaltung auf seine alte Stelle beworben hatte. An Bord des Dampfschiffs 'Ussukuma' der Woermann-Linie AG legte Kurt Dinter am 20.02.1922 in Hamburg mit dem Ziel Walvis Bay ab und reiste, sicherlich mit knappen Budget, in der 3. Klasse. Angekommen, assistierte er seinem Freund Ernst Julius Rusch bei der Planung einer Sukkulentenanlage auf dessen Farm Lichtenstein. Durch die Fürsprache seines südafrikanischen Kollegen, des aus Wales stammenden Illtyd Buller Pole-Evans, erhielt Dinter finanzielle und dingliche Unterstützung für die Erstellung von Herbarien, für die er zwischen 1922 und 1925 zahlreiche Sammelexkursionen unternahm. Empfänger waren das National Herbarium in Pretoria, das Bolus Herbarium in Kapstadt, der deutschstämmige Botaniker Dr. H.W. Rudolf Marloth (1855-1931) in Südafrika und die Division of Botany in Pretoria. 1923 verkaufte Dinter sein eigenes Herbarium an das South African Museum und Jutta Dinter kam im Juni aus Deutschland nach. Als dem Botaniker zwei Jahre später  eine Ehrenprofessur und eine bescheidene Pension aus Deutschland angetragen wurden, kehrte das Ehepaar im Jahr 1925 in die Heimat zurück. Kurt Dinter sollte noch zweimal nach Südwestafrika zurückkehren: von 1928 bis 1929 sammelte er Proben an der Skelettküste und im Sperrgebiet, und 1933 bis 1935, als er den Norden bis zum Okavango und den Süden von Aus bis Sendlingsdrif bereiste. Starke Regenfälle begünstigten das Pflanzenwachstum und bescherten ihm eine reiche Ausbeute an Proben. Zurück in Deutschland arbeitete Kurt Dinter an einem Index der Pflanzen Südwestafrikas, den er aus Gesundheitsgründen nicht fertigstellen konnte. Von Bautzen zogen die Dinters im Herbst 1937 in nahegelegenen Ort Neukirch (Lausitz) wo sie unter bescheidenen Verhältnissen lebten. Am 16.12.1945 verstarb dort Kurt Dinter, wie sein Zeitgenosse Alwin Schade aus Putzkau zehn Jahre später in einer Gedächtnisschrift schrieb ‚…in der Enge eines dunklen Zimmers endete das Leben eines Mannes, das sich in seinen besten Jahren in der Weite und im Glanze afrikanischer Steppen und Wüsten abgespielt hatte.’ Er fand seine letzte Ruhestätte am 20.12.1945 auf dem ev.-luth. Friedhof in Neukirch (Lausitz). Das Grab ist seit 1965 abgeräumt. In den Wirren der Nachkriegsjahre blieb Kurt Dinters Tod der Fachwelt unbekannt und erst im Jahr 1947 vermeldete Hermann Jacobsen (1898-1978), Leiter des Botanischen Garten in Kiel, in einer US-amerikanischen Zeitschrift die Kunde von seinem Ableben. Seine Ehefrau sollte ihn um viereinhalb Jahre überleben. Kurt Dinter gilt als der bedeutendste Pflanzenforscher Südwestafrikas in seiner Zeit, der über 40.000 km auf Sammelexpeditionen zurückgelegt hat und über 8.400 Proben gesammelt und dokumentiert hat. Er hat über 35 wissenschaftliche Publikationen verfaßt, in denen er über 100 neue Spezies beschrieben hat. Zahlreiche weitere neue Spezies in seinen Sammlungen, wurden erst nach seinem Tod durch nachfolgende Botaniker beschrieben. Zu Ehren von Kurt und Helena Jutta Dinter wurden die Gattungen Dintera, Dinteracanthus, Juttadinteria und Dinteranthus sowie zahlreiche Spezies nach ihnen benannt. Das seit 1968 von der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft verlegte und von Willi Giess herausgegebene Periodikum 'Dinteria' erschien erstmals anläßlich des 100. Geburtsjahres von Kurt Dinter.

Literatur von Kurt Dinter:

  • Alphabetical catalogue of plants growing in the open air in the garden of Thomas Hanbury, Palazzo Orengo, La Mortola, near Ventimiglia (1897)
  • Deutsch-Südwest-Afrika: Wanderungen in der deutschen Colonie (in: Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik, aus XXII. Jahrgang, 1900)
  • Kreuz- und Querzüge in Deutsch-Südwest-Afrika (in: Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik, aus XXIII. Jahrgang, 1901)
  • Deutsch-Südwest-Afrika: Flora, forst- und landwirtschaftliche Fragmente (1909)
  • Die vegetabilische Veldkost Deutsch-Südwest-Afrikas (1912)
  • Neue und wenig bekannte Pflanzen Deutsch-Südwest-Afrikas. Unter besonderer Berücksichtigung der Succulenten (1914)
  • Botanische Reisen in Deutsch-Südwest-Africa (1918)
  • Südwestafrikanische Lithopsarten (1928)
  • Sukkulentenforschung in Südwestafrika 1.: Erlebnisse und Ergebnisse meiner Reise im Jahre 1922, (1923)
  • Sukkulentenforschung in Südwestafrika 2.: Erlebnisse und Ergebnisse meiner Reise in den Jahren 1923 bis 1925 (1928)
Autor: Ulrich Ender

Dinter, Kurt im Namibiana-Buchangebot

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