Karl Raif
Karl Raif (ca. 1883-1943) war ein deutscher Schutztruppler und Farmer in Südwestafrika und Architekt in Berlin.
Zahlreiche Lebensdaten Karl Raifs sind unbekannt und bereits bei früheren Recherche des Biographen Werner Tabel unter Zeitzeugen nicht zu klären. Vermutlich stammte Karl Raif aus Berlin, wo er zwischen 1883 und 1885 geboren wurde und eine höhere Schulbildung genossen hatte. Es ist recht wahrscheinlich, daß er mit dem technischen Personal zum Bau der Otavibahn um 1903 nach Deutsch-Südwestafrika gelangte. Zu Beginn des Hereroaufstandes wurde Karl Raif zur Schutztruppe eingezogen und war später als Technischer Leiter einer Baufirma in Grootfontein tätig. Im ersten Weltkrieg war er, im Rang eines Unteroffiziers, auf der Station Kuringkuru für die Grenzsicherung gegen Angola eingesetzt. 1915, nach der Kapitulation der Schutztruppe in Südwestafrika, bewirtschaftete er, zusammen mit dem Farmer und Händler Planert, eine entlegene Farm im Okavangogebiet. Auf Anordnung der neuen südafrikanischen Machthaber, mußten die Partner die Farm räumen und mit ihrem Vieh in die Region von Grootfontein ziehen. Mit der Befolgung dieser Anordnung verstieß Karl Raif unwissentlich gegen eine Anordnung des Magistrats von Grootfontein, nach der der Viehzutrieb in die neu eingerichtete Polizeizone untersagt war und ihm ein halbes Jahr Gefängnis einbrachte. Aus Protest gegen die offensichtliche Ungerechtigkeit brach er aus seinem Gefängnis aus und wurde, nach Wilhelm Mattenklodt, der zweite Flüchtige im Norden des Landes. Die Solidarität zahlreicher Farmer garantierte Versorgung und Schutz und sogar einige Husarenstücke gelangen, indem die südafrikanische Behörde Karl Raif einen gültigen Paß auf einen falschen ausgestellte und er ein Pferd aus deren Station in Otavi zu stahl. Auf der Farm seines Freundes Georg Voswinckel, Otjomikambo, hatte sich Karl Raif des öfteren versteckte und wurde dort, vermutlich durch Verrat eines Landsmannes, im Oktober 1917 verhaftet und zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Windhoek verbüßte. Er wurde wenige Tage vor Weihnachten 1918 entlassen. Zur Befreiung seiner inzwischen ebenfalls inhaftierten Freunde Georg Voswinckel und Karl Alfred Feuerstein organisierte Karl Raif kurzfristig die notwendigen Maßnahmen und trug damit maßgeblich zu deren gelungenen Flucht am Heiligabend 1918 bei. Die Behörden verdächtigten Karl Raif sofort, die Flucht unterstützt zu haben, nahmen ihn bei Tsumeb gefangen und hielten ihn, allerdings ohne das gewünschte Geständnis zu erlangen, für ein Vierteljahr in Untersuchungshaft. Die Rache der Administration ereilte ihn jedoch bald nach seiner erneuten Entlassung in Form einer Ausweisung. Im Juli 1919 traf Karl Raif in Deutschland ein, heiratete und war als Architekt tätig. In den 1920er Jahren betrieb er in Berlin das Büro der 'Interessenvertretung ehemaliger Südwestafrikaner e.V.' 1935 erschien sein Buch 'Kämpfe im Busch: Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919', in dem er die Umstände der aufsehenerregenden Flucht von Mattklodt, Vosswinckel und Feuerstein detailliert beschrieb, im Ullstein-Verlag. Anfang der 1940er, ziemlich wahrscheinlich im Jahr 1943, verstarb Karl Raif an den Folgen eines Herzinfarktes.
Literatur von Karl Raif:
Kämpfe im Busch. Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919 (Berlin, 1935)
Literaturauszüge:
Raif, Karl im Namibiana-Buchangebot
Kämpfe im Busch
Spannende Memoiren im Umfeld einer legendären Flucht: Kämpfe im Busch. Karl Raifs Erlebnisse in Deutsch-Südwest 1915-1919.
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