23.12.2018

Weihnachten in Okahandja

Der Weihnachtsmann trägt meines Papas Schuhe! Erinnerung an Weihnachten in Okahandja, von Sabine Matheis

Der Weihnachtsmann trägt meines Papas Schuhe! Erinnerung an Weihnachten in Okahandja, von Sabine Matheis

Der Weihnachtsmann trägt meines Papas Schuhe! Erinnerung an Weihnachten in Okahandja, von Sabine Matheis.

Endlich Ferien! Die Enkel verbrachten die Tage bei Oma Okahandja, so haben wir unsre Omi genannt, die in Okahandja wohnte. In zwei Tagen war Weihnachten und es war sehr warm. Wir Kinder waren schon sehr aufgeregt und hatten mit unserem Taschengeld noch die letzten Geschenke gekauft. Nachts konnten wir vor Aufregung nicht mehr schlafen, denn wir hatten alle Angst vor dem großen Mann mit dem dicken Bauch und dem langen, weißen Bart. Meine Mutter drohte mir immer: „Wenn du nicht artig bist, dann bekommst du Popovoll mit der großen Rute." Aber ich dachte: „Papa und Mama sind ja auch da und dann kann ich mich ja hinter meinem Papa verstecken; der wird schon auf mich aufpassen, wenn der Weihnachtsmann kommt." Endlich war es so weit, es war der 24. Dezember und wir mußten den Weihnachtsbaum schmücken und einen Platz für die Geschenke vorbereiten. Am Nachmittag wurden alle Türen und Fenster geschlossen und die Gardinen zugezogen. Wir mußten alle der Reihe nach in die Badewanne hüpfen und uns fein machen, denn um acht Uhr sollte der Weihnachtsmann kommen. Es war viertel vor acht und wir durften ins Wohnzimmer. Es war so schön, alle Lichter brannten. Wir hatten unsere Angst vor dem Weihnachtsmann ganz vergessen und saßen um den Baum herum, sangen und lachten. Plötzlich klopfte es an der Tür. Meine Mutter kam ganz aufgeregt ins Wohnzimmer gerannt und sagte: „Der Weihnachtsmann ist hier!" Mit einem Satz verkrochen wir uns unter dem Wohnzimmertisch. Die Tischdecke war lang genug, daß man uns nicht sehen konnte. Ich habe mit den Augen meinen Papa gesucht, aber der war gar nicht da, und dann sank mir das Herz in die Schuhe, denn wer würde jetzt auf mich aufpassen? Der Weihnachtsmann war riesig! Er rief zuerst meine Cousins und fragte sie, ob sie artig gewesen seien und den Großeltern auch im Haushalt und im Garten geholfen hätten. Dann bekamen sie ihre Geschenke. Ich wurde zuletzt aufgerufen und hatte vor Angst schon ganz zitterige Beine. Als ich vor dem Weihnachtsmann stand, guckte ich ihn von oben bis unten an. Er hatte eine lange Mütze auf, mit einem dicken Pommel, die blauen Augen wie mein Papa und einen weißen langen Bart. Er hatte einen ganz großen Bauch und dann ... halt, was für Schuhe halte er denn an? Das waren doch meines Papas Army-Stiefel! Ich wußte es genau, denn ich hatte sie ihm immer ausgezogen, wenn er nach Hause kam. „Du hast aber meines Papas Schuhe an", sagte ich. „Nein, nein wir haben die gleichen", sagte der Weihnachtsmann. Das konnte ich nicht verstehen, denn nur mein Papa trägt solche Schuhe, oder? Der Weihnachtsmann fragte mich, wo mein Papa sei und meine Mama antwortete, er sei im Club. „Das geht nicht, man soll zu Weihnachten als Familie zusammen sein", erwiderte der Weihnachtsmann, guckte mir tief in die Augen und versprach, daß er ihn nach Hause schicken würde. Er nahm sein großen Sack und den Stock und ging zur Tür hinaus. Ich war total erschreckt und fing an zu weinen, denn ich war überzeugt, daß der Weihnachtsmann meinem Papa eine ordentliche Tracht Prügel verabreichen würde, bevor er ihn nach Hause schickte. Zehn Minuten später kam mein Papa ganz rot und verschwitzt nach Hause und erzählte, daß der Weihnachtsmann ihn suchen würde und er ganz schnell nach Hause gerannt sei. Es waren gute fünf Kilometer, die er zu laufen hatte. Als ich älter war, erzählte meine Mutter mir noch einmal die Geschichte und fragte mich, ob ich wüßte, daß mein Vater der Weihnachtsmann gewesen sei. Ich habe mir das noch einmal überlegt und nur eines fand ich an diesem Weihnachtsmann komisch: „Der Weihnachtsmann trug meines Papas Schuhe!"

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