02.10.2018

Namibias Verfassung erlaubt Landenteignung

In seiner Eröffnungsrede betonte Präsident Hage Geingob, daß Namibias Verfassung zwar eine vergütete Landenteignung erlaube, in diesem Falle aber die Rechtsstaatlichkeit gewahrt werden solle. Foto: AZ

In seiner Eröffnungsrede betonte Präsident Hage Geingob, daß Namibias Verfassung zwar eine vergütete Landenteignung erlaube, in diesem Falle aber die Rechtsstaatlichkeit gewahrt werden solle. Foto: AZ

Die zweite Landreformkonferenz Namibia beginnt im Oktober 2018 in Windhoek und wenngleich die großen Demonstrationen ausbleiben, sorgen kleinere Straßenumzüge für Verkehrstaus. In seiner Eröffnungsrede, in der er betont, Namibias Verfassung erlaube Landenteignung, fordert Geingob eine rege Beteiligung an einer Konferenz, die zur Not verlängert werden muss.

Der namibische Präsident Hage Geingob wies am ersten Tag der Landreformkonferenz darauf hin, dass die Verfassung Namibias eine Landenteignung erlaube „wenn dies gemäß Artikel 16 im Interesse der Öffentlichkeit geschieht“. Er betonte aber auch, dass dieser Passus nicht missbraucht werden dürfe, da ein „Unrecht nicht mit einem weiteren wieder in Ordnung gebracht werden kann“. Ferner meinte Geingob: „Die Konferenz dient dem Wohle aller und wird dies zu Änderungen in der Landfrage führen, doch trifft das auf alle Namibier zu, schwarze und weiße, ja sogar gelbe.“ Die angedrohten Massendemonstrationen bleiben aus, wenngleich sich einige Demonstranten, vornehmlich Angehörige der Partei der Landlosen (LPM) sowie einige Angehörige des Herero-Volkes, am Agostinho-Neto-Platz vor dem Angola-Haus (Ausspannplatz) eingefunden hatten. Die Zahlen und der Marsch zum Konferenzzentrum hielten sich in Maßen. Stattdessen wohnten doch einige Vertreter der traditionellen Behörden und Oppositionsparteien sowie Landaktivisten, die fern bleiben wollten, der Konferenz bei. „Ich freue mich darüber, dass Ihr es Euch anders überlegt habt, denn keiner sollte ausgelassen werden, aber das liegt am Einzelnen. Selbst jetzt noch, sind sie alle willkommen. Jedes einzelne Thema soll besprochen werden; wir haben keine verborgene Agenda“, erklärte Geingob unter verhaltenem Beifall. Geingob ging kurz auf die Kolonialgeschichte ein und bemängelte den Umstand, dass Weiße immer noch den größten Teil des Grund und Bodens besitzen. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, dass viele der heutigen Besitzer in Namibia geboren seien und dieselben Rechte besäßen wie der Rest der Nation. Darum sollte es keine einfache Enteignung ohne Entschädigung geben. Andererseits müssten Farmer einsehen, dass die Regel „williger Verkäufer, williger Käufer“ beim Verkauf kommerzieller Farmen missbraucht worden sei, darum habe sie nicht zum Erfolg geführt. Farmer würden ihr Land nur zu extrem überteuerten Preisen verkaufen. „Hier muss eine andere Lösung gefunden werden. Es soll ein fairer Preis gezahlt werden - nicht weniger und nicht mehr“, forderte Geingob unter zunehmenden Beifall, der noch mehr anschwoll, als er verkündete, dass sich die Regierung in einzelnen Fällen um eine erzwungenen Landabgabe, wenngleich gegen Vergütung, kümmern würde. Ob Ahnen- oder Stammland zur Debatte stehen würden, das liege an den Konferenzteilnehmern, doch müsse das Gespräch mit Rücksicht auf die Landesgesetze geführt werden. Es sei der Regierung unmöglich geworden die Landbesitzlosen zu ignorieren. Auf die anwesenden Ex-Präsidenten Samuel Nujoma und Hifikepunje Pohamba zeigend, betonte Geingob, dass Land und Freiheit die beiden Gründe gewesen seien, weshalb sich die Swapo für den Freiheitskampf entschieden habe „und Menschen wie diese hier, ihre Jugend diesen Zielen geopfert haben“. Ferner: „Der Status Quo muss sich ändern, aber nicht auf Kosten des Einzelnen. Wie sind alle an erster Stelle Namibier und müssen uns im Interesse des Landes den Regeln fügen.“ Dabei habe die Regierung erkannt, dass der Wohnungsbau dringend vorangetrieben werden müsse, damit die vielen Einwohner, denen es nur darum ginge ein eigenes Heim zu besitzen, nicht zusätzlichen Druck auf die Frage nach Landwirtschaftsboden ausüben. „Denn mit der bloßen Landverteilung allein ist es nicht getan, wir können nicht alle Farmer sein“, so Geingob. Als Landesoberhaupt erkenne er die Pflicht seitens der Regierung die bürokratischen Kapazitäten zu erhöhen, die Rechenschaftspflicht und die Transparenz zu verbessern, und im Sine einer inklusiven Strategie die Legislative zu reformieren, damit die Prozesse, die zu einer fairen Landumverteilung führen können , beschleunigt werden. Während Sam Nujoma eine Verstaatlichung des Farmlandes verlangte und die Ahnenland-Rechte ablehnt, verlangte Pohamba die Enteignung aller Farmen die Ausländern gehören, allerdings gegen Vergütung.

Frank Steffen

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Namibias Verfassung erlaubt Landenteignung.

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