16.11.2014

Mord, Folter und Unterdrückung als Mittel der SWAPO vor 1990

Mord, Folter und Unterdrückung als Mittel der SWAPO vor 1990. Foto: Demonstranten in Namibia fragen nach verschollenen Angehörigen.

Mord, Folter und Unterdrückung als Mittel der SWAPO vor 1990. Foto: Demonstranten in Namibia fragen nach verschollenen Angehörigen.

Mit dem Buch 'The Agony of Truth', ist ein weiteres Belegstück für das andere Gesicht der SWAPO, die über ihre Morde und Folter an Andersdenkenden und die Unterdrückung ihrer Mitglieder und der Bevölkerung in ihren Machtzentren zur Zeit vor der Unabhängikeit, den Mantel des Schweigens ausgebreitet hat - in Namibia als 'Wall of Silence' bekannt.

Eine Rezension von Dr. Henning Melber

'The Agony of Truth' ist 2014 im Verlag der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft erschienen und wurde redaktionell von Erika von Wietersheim bearbeitet. Es ist im namibischen Buchhandel und, außerhalb der SADC-Staaten, über das Namibiana Buchdepot (www.namibiana.de) erhältlich. Dies ist ein bedrückendes, schmerzliches, trauriges, aber umso wichtigeres und aufrüttelndes Buch. Wie dessen Titel signalisiert, ist die Wahrheit mitunter eine leidensvolle und leidvolle Erfahrung. Besonders dann, wenn die geschilderten Ereignisse idealisierende Projektionen demontieren, indem sie an Tabus rühren und damit gehegte Träume und Illusionen als Wunschdenken enttarnen. Oder auch einfach nur bestätigen, was schon hätte bekannt sein müssen, aber oft einfach verdrängt wird, weil es zu unbequem ist, sich damit auseinandersetzen zu müssen. Samson Ndeikwila schildert eine Wirklichkeit aus den Zeiten des antikolonialen Widerstands im Exil, die von Vielen gern im Verborgenen gelassen würde. Es ist die Einsicht, dass aus Befreiern auch Unterdrücker werden oder Befreiung und Unterdrückung zwei Seiten derselben Medaille sein können. Damit zwingt die Lektüre zum Nachdenken darüber, was noch zu legitimieren ist und wo Schweigen zur Mitverantwortung und Mittäterschaft wird. Und sie wirft die Frage auf, wie sich Solidarität definiert und mit welchen Werten sich diese zu identifizieren hat, bzw. von welchen Taten sie sich distanzieren muss, um glaubwürdig zu bleiben. Tausende von Menschen aus Namibia mussten Gewalt, Misshandlung, Folter und Tod durch die eigene Organisation erfahren, nachdem sie sich der Befreiungsbewegung SWAPO im Exil anschlossen um den Kampf gegen das weiße, siedlerkoloniale Minderheitsregime in ihrer Heimat zu führen und das Recht auf Selbstbestimmung zu erstreiten. Samson Ndeikwila war Einer von ihnen, der sich Ende 1965 in die Obhut der SWAPO in Sambia begab. Er gehörte zur ersten Generation Derjenigen, die mit der Einsicht konfrontiert wurden, dass es mit der Emanzipation, der Menschlichkeit und den Menschenrechten im Zentrum der Macht nicht weit her ist. Weil er zu Jenen gehörte, die einen Parteikongress verlangten, auf dem die Führung gewählt würde, landete er 15 Monate in einem tansanischen Gefängnis. Er hatte noch Glück, denn er kam relativ glimpflich davon. Danach konnte er Theologie studieren und aus der Distanz die weiteren repressiven Methoden zur Ausschaltung jeglicher innerparteilichen Kritik am autoritären Gebaren der Funktionärselite mit verfolgen. Diese gipfelten Mitte der 1970er Jahre und ab Beginn der 1980er Jahre in zwei Hexenjagden, von denen die letzte nur durch Umsetzung der UNO-Sicherheitsratsresolution 435 ein Ende fand. Viele des Verrats und der Spionage für Südafrika Bezichtigte wurden bis dahin jahrelang gequält, überlebten die Tortur nicht oder wurden exekutiert. Ndeikwila reklamiert mit seiner Darstellung der Geschehnisse kein Heldentum. Der Untertitel deklariert etwas irreführend, dass es sich um eine Autobiographie handele. Zwar schildert Ndeikwila seinen Werdegang, wird dann aber zunehmend zum Chronisten der den Machtmissbrauch und die Gewalt der SWAPO an den eigenen Mitgliedern detailliert dokumentiert und damit den Mut und die Pein ihrer Opfer in Erinnerung ruft. Dies geschieht ohne Pathos oder Heroentum, ohne moralischen Zeigefinger, ohne Anschuldigung. Die Sprache bleibt nüchtern, mitunter fast distanziert. Dadurch werden die geschilderten Ereignisse umso bewegender, emotional wirkungsvoller und schmerzlicher mit Denen geteilt, die davon wissen wollen. Es ist eine leise Sprache, die Heldentum erst dazu werden lässt, indem es solches nicht reklamiert. Ndeikwila kehrte noch vor der Unabhängigkeit nach Namibia zurück, wo er sich vorübergehend politisch in der relativ kurzlebigen neuen Partei der SWAPO Democrats von Andreas Shipanga engagierte. Nach einer Laufbahn als Mitarbeiter des namibischen Kirchenrates war er Mitbegründer und maßgeblicher Organisator der zivilgesellschaftliche Organisation Forum for the Future sowie in dem Zusammenschluss der überlebenden Ex-Gefangenen der SWAPO Breaking the Walls of Silence (BWS) führend aktiv. Er erzählt nicht nur seine eigene Geschichte, sondern zugleich die zahlreichen Geschichten Anderer, denen Ähnliches oder Schlimmeres widerfuhr. Er nimmt dabei nicht den Mittelpunkt der Handlungen ein, sondern teilt, was Andere mit ihm teilten. In einem Vorwort erklärt er als Hauptmotiv dieser Reise in eine schreckliche Vergangenheit, die immer noch Gegenwart ist, dass er zeigen möchte, wie jegliche Form von Autorität ohne wirkungsvolle Kontrolle zu Machtmissbrauch führen kann. Es ist ihm darüber hinaus zugleich gelungen, damit Viele in die Erinnerung zurück zu rufen, die aufgrund der an ihnen von der eigenen Organisation begangenen Gewaltexzesse nicht mehr in ein unabhängiges Namibia zurückkehrten und für ihre Ideale mit dem Leben bezahlten. Es ist auch eine Respektbekundung gegenüber Denjenigen, die als „ex-detainees“ im heutigen Namibia noch immer stigmatisiert werden und traumatisiert sind. Und es ist eine mahnende Erinnerung daran, dass die Befreiung vom kolonialen Joch mit Freiheit nicht identisch ist und die langen Schatten der Vergangenheit nicht nur von den Menschenrechtsverletzungen des Apartheid-Regimes geworfen werden.

Henning Melber
Dies ist eine Pressemeldung des Namibiana Buchdepot: Mord, Folter und Unterdrückung als Mittel der SWAPO vor 1990. Eine Rezension von Dr. Henning Melber.

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