16.11.2013

Kann Namibia Deutschland mit Landärzten aushelfen?

Kann Namibia Deutschland mit Landärzten aushelfen? Hier, im niedersächsichen Rodewald, ist eine zünftige Praxis mit Wohngebäude neu zu besetzen.

Kann Namibia Deutschland mit Landärzten aushelfen? Hier, im niedersächsichen Rodewald, ist eine zünftige Praxis mit Wohngebäude neu zu besetzen.

Immer weniger junge Mediziner in Deutschland sind bereit, sich als Landärzte niederzulassen. Die niedersächsische Gemeinde Rodewald sucht in Namibia nach einem Nachfolger für ihren Landarzt.

Seit zwei Jahren führt Jens Heckmann seine eigene Firma (Heckmann Unternehmenskommunikation) in Deutschland. Zu seinen Kunden gehört unter anderem die Samtgemeinde Steimbke in Niedersachsen. Das mit 2700 Einwohnern größte Dorf der Gemeinde, Rodewald, sucht momentan einen Mediziner, der sich dort als Hausarzt niederlassen möchte. Denn der ortsansässige Arzt des Dorfes plant, in den Ruhestand zu gehen und seine seit 20 Jahren betriebene Praxis in neue, verantwortungsbewusste Hände zu geben. Diese Geschichte klingt erst einmal völlig gewöhnlich. Doch die Samtgemeinde Steimbke hat sich entschieden, auf dem afrikanischen Kontinent – nämlich in Namibia – auf die Suche nach einem Nachfolger zu gehen. Nun stellt sich die brennende Frage: Warum sucht ein kleines Dorf in einem Land 11000 Kilometer entfernt von Deutschland einen neuen Hausarzt? Jens Heckmann interessiert sich schon seit seiner Jugend für Namibia und wusste somit, dass im ehemaligen Südwestafrika noch immer zahlreiche Deutschsprachige ansässig sind. „Mein Vorschlag für die Gemeinde Steimbke war also: Lasst uns doch in Namibia wenigstens mal fragen. Vielleicht interessiert sich ja dort ein Arzt oder eine Ärztin für ein paar Jahre Auslandserfahrung in Deutschland“, erklärt Heckmann. „Wenn die erst einmal hier sind, finden sie es bestimmt schön und wollen gar nicht mehr weg“, gibt sich Heckmann optimistisch. „In Deutschland ist es sehr schwierig geworden, junge Ärzte für eine Hausarzttätigkeit im ländlichen Raum zu begeistern“, bedauert der Unternehmensberater. „Der Strukturwandel ist dramatisch. Junge Menschen, insbesondere Frauen, verlassen ihre Heimatdörfer und ziehen in die Großstädte“, fügt Heckmann hinzu. Die Gründe hierfür sind vielfältig: geringe Gehälter, zunehmende Bürokratisierung und eine schwache Infrastruktur auf dem Land gehören dazu. „Doch die Gemeinde Steimbke und vor allem das typisch niedersächsische Dorf Rodewald sind sehr schön. Leider wissen zu wenige, wie toll es sich eigentlich auf dem Land leben lässt“, betont Jens Heckmann. „Die Kinder können auf der Straße spielen, ohne vor schnell fahrenden Autos Angst haben zu müssen. Die Natur ist wunderbar, es gibt viele Tiere und Landwirtschaft und die Kreisstadt Nienburg mit Schwimmbad, Kino, Geschäften und allem, was das Herz begehrt, ist nur einen Katzensprung entfernt“, beschreibt Heckmann die dörfliche Gemeinde. Die Politik und Verwaltung Rodewalds sind bereit, sich für jemanden, der Interesse hat, als Hausarzt in der Gemeinde Steimbke zu arbeiten, sehr zu engagieren. Torsten Deede, Vertreter des Samtgemeindebürgermeisters, erklärt: „Als Namibia-Fan machte Herr Heckmann den Vorschlag, dort nach einem Nachfolger für unseren Hausarzt zu suchen. Die Idee war etwas ungewöhnlich, da Namibia nicht unbedingt naheliegend ist. Wir waren jedoch nicht abgeneigt und hoffen nun natürlich auf vielversprechende Antworten auf unsere Anzeige. Schließlich kann es in Deutschland bis zu fünf Jahre dauern, bis man auf dem Land einen Nachfolger findet.“
Den nachfolgenden Arzt aus Namibia erwartet eine durchaus freundliche Arbeits- und Wohnatmosphäre. Das schicke Landhaus mit Garten beherbergt nicht nur eine geräumige, sanierte Wohnung, sondern ebenfalls die moderne Praxis, die mit neuen Geräten voll ausgestattet ist und genau so von dem neuen Arzt übernommen werden kann. Der noch ansässige Hausarzt wird seinen Nachfolger in den Patientenstamm einweisen und ihn, wenn gewünscht, Schritt für Schritt an den Praxisalltag gewöhnen. Alter und Geschlecht der Bewerber spielen für die Gemeinde keine Rolle. Jeder, der sich für diese Stelle interessiert, ist in Rodewald herzlich willkommen und wird so gut es geht unterstützt. Dies gilt sowohl für frisch approbierte Studenten, Ärzte mit Familie als auch erfahrende Mediziner, die sich als krönenden Abschluss ihres Berufslebens in Deutschland niederlassen möchten. „Unserer Gemeinde liegt es sehr am Herzen, die ärztliche Versorgung in der Stadt dauerhaft zu gewährleisten, damit die Einwohner nicht wegen jeder Krankheit in die nächstgrößere Stadt fahren müssen“, bemerkt Thorsten Deede. „Wir hoffen natürlich auf zahlreiche Reaktionen auf unsere Anzeige und im Idealfall auf einen motivierten namibischen Nachfolger für den jetzigen Hausarzt“, fügt er hinzu. Die Gemeinde Steimbke ist zwar Besitzer des Wohnhauses mit integrierter Praxis, doch die abschließende Entscheidung über die Wahl eines Bewerbers fällt am Ende der bis jetzt noch ansässige Hausarzt. „Diese Anzeige klingt wirklich sehr verlockend. Eine eigene Praxis in einem eigenen Haus, und dann noch so ein schönes, bekommt man nicht jeden Tag geboten“, äußert sich der Arzt Dr. Erich Mansfeld aus Windhoek. „Wenn ich frisch vom Studium kommen würde, würde ich diese offene Tür nutzen und mich höchstwahrscheinlich auf die Stelle bewerben“, fügt er hinzu. „Doch in Namibia lebt es sich einfach zu schön, als dass ich jetzt nach Deutschland ziehen möchte.“ Sicher sei, dass die Samtgemeinde Steimbke sich nicht scheut, ihrem zukünftigen Hausarzt Komfort auf höchstem Niveau zu bieten. Doch letztlich ist der Schritt in ein fremdes Land, mit neuer Arbeit und völlig unbekannten Lebensraum stets ein Risiko. Ob und wie viele Namibier bereit sind, diesen Schritt zu wagen, wird sich bald herausstellen.

Wiebke Theuer

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Kann Namibia Deutschland mit Landärzten aushelfen?
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