06.10.2015

Gier macht dumm: Herero schmähen und drohen Deutschland

Gier macht dumm: Herero schmähen und drohen Deutschland. Ovaherero-Chief Vekuii Rukoro bei einer Kranzniederlegung. Foto: Charles Tjatindi, Nampa

Gier macht dumm: Herero schmähen und drohen Deutschland. Ovaherero-Chief Vekuii Rukoro bei einer Kranzniederlegung. Foto: Charles Tjatindi, Nampa

Kurz vor dem Besuch des deutschen Bundespräsidenten Norbert Lammert in Namibia haben die Gemeinschaften von Herero und Nama scharfe Kritik an Bundestag und Bundesregierung geäußert und mit Drohungen und Schmähungen nicht gespart. Sie wollen nun ein Programm mit Aktionen gegen Deutschland starten.

Bereits in ihrer Petition, die Repräsentanten der Herero und Nama vergangene Woche an den Deutschen Botschafter überreicht haben, machen die Verfasser deutlich, dass sie in die Gespräche um finanzielle Entschädigung für die Nachfahren der Opfer des Kolonialkrieges von 1904-08 unbedingt einbezogen werden wollen (AZ berichtete). Nachdem das von den Herero und Nama an Deutschland gerichtete Ultimatum am 2. Oktober verstrichen ist, ohne dass die Forderungen erfüllt wurde, legten die Gruppen am Wochenende nach. Bei einer Gedenkveranstaltung am Samstag in Ozombuzovindimba (bei Otjinene), bei der an den sogenannten Schießbefehl des Generals Lothar von Trotha vor 111 Jahren erinnert wurde, hagelte es harsche Kritik an Deutschland, berichtete die Nachrichtenagentur Nampa. So hat der Ovaherero-Chef Vekuii Rukoro angekündigt, dass die Herero ein Programm von Aktionen gegen deutsche Interessen in der ganzen Welt starten wollen. Rukoro sagte außerdem, dass sich die Herero mit dem Thema an regionale, kontinentale und internationale Körperschaften wenden wollen, ganz konkret an die Staatengemeinschaft SADC, an die Afrikanische Union und an die Vereinten Nationen. Die deutsche Haltung zu den Reparationsforderungen wurden als „arrogante und neo-imperialistische Tendenzen“ bezeichnet. Rukoro ging auch auf die Behandlung von zwei Anträgen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen Ende September im Bundestag ein, die nach kurzer Debatte in Fachausschüsse verwiesen wurden (AZ berichtete). Dass diese Anträge nicht angenommen wurden, sei eine „kriegerische Handlung“. Es sei zudem eine wahre Reflektion von Deutschlands Arroganz gegenüber Gerechtigkeit. Damit nicht genug, Nampa zitiert Rukoro wie folgt: „Die Ovaherero und Nama werten die andauernde Arroganz sowie die paternalistische Einstellung und das Verhalten der deutschen Regierung als Kriegserklärung gegen unser Volk.“ Rukoro machte überdies deutlich, dass sich die Herero in ihrer Forderung um direkte finanzielle Wiedergutmachung im Vergleich zu den Juden benachteiligt fühlen. Die Juden seien für die Grausamkeiten an ihren Vorfahren finanziell kompensiert worden, während Deutschland blind sei für die Forderungen wegen ähnlicher Verbrechen an den Herero und Nama. „Das bedeutet, sie (Deutschland) haben an die Juden gezahlt, weil sie weiß und europäische Mitbrüder sind, während wir schwarze Afrikaner sind“, so Rukoro. Und: „Das ist der größte Fehler, den sie je gemacht haben; wir werden mit unseren Forderungen kommen, mit allem was nötig ist.“ Bundestagspräsident Lammert wird heute in Windhoek erwartet, wo er am frühen Abend Ehrengast der Deutschen Botschaft bei der auf heute verschobenen Feier zum Tag der deutschen Einheit ist. Der CDU-Politiker bleibt zu einem viertägigen Arbeitsbesuch in Namibia. Er war vor rund drei Monaten der erste deutsche Spitzenpolitiker, der den Kolonialkrieg von 1904-08 als Völkermord bezeichnet hat.

Stefan Fischer

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Gier macht dumm: Herero schmähen und drohen Deutschland.

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