23.04.2015

Baudenkmal E-Werk in Lüderitzbucht im Umbau

Baudenkmal E-Werk in Lüderitzbucht im Umbau.

Baudenkmal E-Werk in Lüderitzbucht im Umbau.

Das denkmalgeschütze E-Werk in Lüderitzbucht, das zur Zeit Deutsch-Südwestafrikas errichtet wurde, verwandelt sich unter den Auflagen der Denkmalschutzbehörde, in großen Schritten zu einer hochmodernen Waterfront. An der Diaz-Straße entstehen neue Institute des Polytechnikums sowie ein umfangreicher Sportkomplex und das größte Meereskundemuseum Afrikas. Das Mammut-Bauvorhaben im Wert von 230 Millionen Namibia-Dollar soll bis 2017 fertiggestellt werden.

Aus dem monströsen Skelett staubt und dröhnt es. Ein XXL-Presslufthammer am Baggerarm zerlegt unter gewaltigen Erschütterungen ein Betonfundament in Kleinteile. Zementmischer laufen im Dauerbetrieb. Männer mit Schutzhelmen schaufeln, andere messen, wieder andere schleppen lange Metallschienen von A nach B. Und mittendrin Manuel Fidalgo. Der Portugiese ist angetreten, dem 150 Meter langen Skelett neues Leben einzubauen. Als Bauleiter verantwortet er die Restauration des alten Kraftwerks in Lüderitzbucht. Voraussichtlich bis zum Jahr 2017 soll hier in der Diaz-Straße der zweite der insgesamt drei Waterfront-Abschnitte Realität werden. Ein Mammutprojekt, das sich die Regierung 230 Millionen Namibia-Dollar kosten lässt. Lüderitzbucht gewinnt damit an enormer Attraktivität, gerade auch für junge Leute. Denn das Gebäude soll neben mindestens drei Fachrichtungen der Fachhochschule Polytechnikum auch ein Sportzentrum und obendrein das größte Meereskundemuseum Afrikas beherbergen. Die Lüderitzbuchter Stadtdirektorin Aunie Gideon bezeichnet das Projekt als „glitzernden Stern“ und prognostiziert, dass dieser Waterfront-Abschnitt das Gesicht der Stadt verändern wird. Die große architektonische Herausforderung: Der 104 Jahre alte Bau steht unter Denkmalschutz. Manuel Fidalgo spricht von einem „Teil namibischer Geschichte“. Deshalb bleiben die Originalfassaden erhalten, und innerhalb der historischen Außenwände wird ein komplett neues Gebäude geschaffen. Eines, das die alte Konstruktion allein auch gar nicht halten könnte, erklärt der Bauleiter. „Durch diese Gegebenheiten ist der Raum begrenzt, und während der Arbeiten ergeben sich mit der alten Substanz auch immer wieder unvorhersehbare Schwierigkeiten, für die schnelle Lösungen her müssen“, gesteht er und lächelt. „Das heißt: Mehr Kopfschmerzen, aber am Ende auch mehr Erfüllung in diesem Beruf.“ Mit den Bauarbeiten begonnen wurde vor knapp zwei Jahren. Diesen Juni sollen Dach und Stahlkonstruktion fertig werden. Manuel Fidalgo steht in einem der drei künftigen Haupteingänge, jenem zum Polytechnikum. Er deutet mit dem Finger auf Wände in wenigen Metern Entfernung und durch sie abgetrennte Räume. „Das werden die Seminarräume und das die Bibliothek“, verrät er. Auf der Meerseite sind die Büros der Dozenten geplant sowie ein Hörsaal mit 350 Sitzplätzen. 1500 Studenten sollen hier unter anderem Tourismus, Meeresbiologie und Sportwissenschaft studieren können. Manuel Fidalgo spricht auch von dem Plan, den Hörsaal als städtisches Kino zu nutzen. „Das macht Sinn“, meint er. Im Keller sollen vorwiegend Labors untergebracht werden. Doch Treppen gehen sogar noch eine Ebene tiefer. Ein freigelegter Tunnel führt einerseits zur See, andererseits unter der Diaz-Straße hindurch. In ihm soll eine aufregende unterirdische Bar öffnen. Um die insgesamt vier Stockwerke in Polytechnikum und Sportzentrum bequem zu erreichen sowie die fünf Geschosse im Meereskundemuseum locker zu bewältigen, erhält jeder dieser drei Bereiche einen Fahrstuhl. Ein kalter Wind pfeift um das E-Werk-Skelett. Trotzdem nimmt der Bauleiter den Weg außen herum und betritt diesmal den mittleren Bereich des Gebäudes. Im Erdgeschoss fällt ein Betonbecken auf. „Das wird das Schwimmbad“, sagt er. 20 Meter lang, acht Meter breit, zwei Meter tief. Zwei Stockwerke höher ist ein Sportfeld zu erkennen, der künftige Basketballplatz. Auch Volley- und Korbball sollen hier gespielt werden können. Damit sich die Sportler wetterunabhängig betätigen können, ist sowohl an Innen- als auch an Außenanlagen gedacht. Männer im Blaumann bugsieren Stahlstäbe an Manuel Fidalgo vorbei. 80 Arbeiter sind zurzeit auf der Baustelle tätig, später soll die Zahl auf 150 steigen. „Und 70 Prozent unseres Personals stammt aus Lüderitzbucht“, betont der Bauleiter. Zum Meereskundemuseum in spe muss er eine steile Behelfstreppe nach oben nehmen. In den Räumlichkeiten soll anhand einer Vielzahl von Exponaten die lange maritime Geschichte Namibias aufbereitet werden. Auf Meerestiere und -pflanzen sowie aufs Schiffsmodelle will man umfassend eingehen. Ob zudem das Schiffswrack von Oranjemund ausgestellt wird, steht noch nicht fest. Unweit der Bautreppe, direkt hinter dem Gebäude, parkt ein alter verrosteter Boiler, ein Originalstück aus dem alten Kraftwerk. Er soll, ebenso wie ein früherer Kran, vor oder in dem restaurierten Gebäude seinen Platz erhalten. Zur Erinnerung. Um authentisch zu sein, werden beide Stücke zwar behandelt, aber rostig gelassen. Die Stahlträger hingegen, die aus dem alten Gebäude im neuen wiederverwendet werden, erfahren eine Anti-Rost-Kosmetik und werden mit einem Spezialanstrich vor den künftigen Einflüssen des Seewetters geschützt. Noch verstellen Baustoffe, Geräte und Container den Streifen zwischen Gebäude und Meer. In zwei Jahren sollen hier eine Küstenpromenade, ein Restaurant auf dem Wasser und ein Jachthafen für maritimes Flair sorgen. Auf dem angrenzenden Gelände, auf dem bis zu ihrem Abriss mehrere Fabriken standen, sind perspektivisch Apartments, ein Einkaufszentrum und Hotel sowie eine Privatklinik angedacht. Auch von einem Kur- und Reha-Zentrum für Touristen ist die Rede. Einen genauen Zeitplan gibt es noch nicht. Manuel Fidalgo marschiert zurück in sein kleines Büro, unmittelbar neben dem künftigen Meereskundemuseum. Dass die Restaurierung des alten Kraftwerks in den kommenden 20 Monaten zum Abschluss kommt, hält der portugiesische Bauleiter für durchaus realistisch. Und nicht ohne Stolz fällt sein Satz: „Wir machen Geschichte, indem wir sie erhalten.“

Ulrike Keller

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Baudenkmal E-Werk in Lüderitzbucht im Umbau.

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