Wo sonst der Fuß des Kriegers trat. Farmerleben in Südwest nach dem Kriege, von Maria Karow
Ihren Erinnerungen an die Zeit (1905-1909) auf der Farm ihrer Schwester bei Okambahe in Deutschsüdwestafrika, gab Maria Karow den Titel: Wo sonst der Fuß des Kriegers trat. Farmerleben in Südwest nach dem Kriege.
Der Garten
Im Wohnhaus gegenüber, reichlich 5 Minuten entfernt, lag unmittelbar am Ufer des Omaruru-Flusses der Garten. Es waren vier Morgen unfruchtbares Land, das die Bergdamara früher nicht bestellten, weil darauf eben nichts gedeihen wollte. Mercker wagte trotzdem damit einen Versuch, denn ohne Gartenerträge, allein durch teure Konserven, war der Lebensunterhalt in Südwest zu kostspielig. Er kaufte das Land sür 700 Mark von der Regierung. Grund und Boden zu Haus und Hof, der sich bis zum Garten hinunter (8 Morgen groß) erstreckte, kostete 650 Mark. Das Anlegen und Urbarmachen des Gartens war höchst mühevoll. Zuerst wurde das Gelände gerodet und geebnet, mit der Wasserwage das Gefälle hergestellt, das Land eingezäunt, schließlich wurde der Uferrand befeftigt und mit Ried (Schilfrohr) bepflanzt, das bis zur Höhe von 5 Metern emporwuchs und jedes Jahr abgehauen werden mußte, damit sich die frischen Triebe ungehindert entwickeln konnten. Die dicken, getrockneten Riedstäbe brauchte man zu Zäunen und leichteren Bauten, z. B. Schuppen, Dächern usw. Diese seitliche Besestigung des Gartenlandes war notwendig, damit nicht das „abkommende Revier" (Hochwasser) ein Stück davon wegspülte. Hatte sich das Regenwasser dann wieder verlaufen oder war es in den Sand eingesickert, dann rieselte nur ein kleines Bächlein dahin, das unweit Okombahe durch eine Quelle zutage trat und das ganze Jahr hindurch den Platz mit sehr wohlschmeckendem, gesundem Wasser versorgte. Um nun ein solches Eindringen der Wasserflut zu verhindern, mußten energische Vorkehrungen getroffen werden. Durch ausgemauerte Felsstücke wurde am Anfang des Gartens ein Schutzdamm quer gezogen. Da man im Gartenbetrieb auf künstliche Bewässerung angewiesen ist, mußten nahe dem Revier, das unterirdisch Wasser führt, zwei „Pützen" gegraben werden. Aus diesen Wasserlöchern, deren Wände mit Wellblech befeftigt waren, wurde das Wasser in die Rieselgräben geschöpft, die dann jedes Beet nach Bedarf befluteten und je nachdem geöffnet oder geschlossen wurden. Nach der „kalten Zeit" konnte Anfang August zur Bestellung geschritten werden, so daß bald die verschiedensten Gemüsearten auf dem gut gedüngten und bestellten Boden ausgesät und täglich bewässert wurden. Die Pflänzchen kamen auch kräftig hervor, starben indes wieder ab. Es stellte sich heraus, daß der Boden zu salzhaltig war. Das Salz trat fogar sichtbar zutage als dünne, weißliche Schicht, die schließlich die ganze Oberfläche überzog. Die Enttäuschung nach aller Mühe und Arbeit war natürlich groß. Aber der Mut sank nicht, im nächsten Jahre wurde wieder frisch gearbeitet. Diesmal sollte die Bestellung anders gehandhabt werden. Zuerst mußte vor allen Dingen die salzdurchsetzte Erde entfernt werden. Die Beete wurden deshalb tief ausgegraben und mit Sand aus dem Revier sowie reichlich mit Dung aus dem Kraal angefüllt. Fünf Männer und zwanzig Frauen machten meinem Schwager wochenlang diese Handreichungen. Die hohen Arbeitslöhne mußten mit in den Kauf genommen werden. Sobald diefe Tätigkeit beendet war, setzte Mercker die Arbeit mit seinem Gartenarbeiter Manasse allein fort. Mit großem Eifer wurde nochmals bestellt, gesät und täglich gerieselt, diesmal mit einigem Erfolg. Obgleich der Boden noch nicht genügend fruchtbar war, um eine üppige Vegetation zu schaffen, wurde immerhin so viel erreicht, daß Gemüse geerntet werden konnte. Mercker bezog darauf aus Windhuk Weinstecklinge, vom Kap Apfelsinen-, Zitronen-, Maulbeer- und Feigenbäumchen, die auch in guter Pflege vortrefflich Wurzel faßten. Dattelkerne wurden gelegt, aus denen schnell kleine Schößlinge emporwuchsen. Die kräftigsten Dattelpalmen blieben stehen, die übrigen wurden entfernt. Der Mittelsteig des Gartens war bald mit einer stattlichen Anzahl von Reben eingefaßt. Und im Verlaufe der Zeit wurde aus dem 125 Meter langen Weinspalier ein 40 Meter langer Laubengang, dessen Ertrag etwa mit 3 Zentner Trauben begann. Davon wurden für 75 Mark (á Pfund 50 Pfennig) an Deutsche verkauft. Mein Schwager plante später, wenn die Ernte eine viel reichere werden würde, einen Versuch mit Keltern zu machen. Seitwärts schlossen sich an diesen Laubengang die Gemüsebeete, die Palmengruppen und Obstbäumchen an. Wegen der Berieselung, die durch eine Unebenheit leicht versagte, mußten möglichst gerade Linien innegehalten werden. Hierbei kam meinem Schwager seine peinliche Genauigkeit zustatten, denn unsagbar oft sah man ihn mit der Wasserwage in der Hand umher arbeiten. Am Ende des Gartens im lauschigen Winkel ward eine lustige, große Laube aus Riedstäben errichtet. An ihr rankten sich verschiedenartige Winden, bunter Hopfen, auch Zierkürbis empor und boten angenehmen Schutz gegen die heißen Sonnenstrahlen, denen man in dem vorläufig noch vollständig ausgesetzt war. [...]
Dies ist ein Auszug aus den Memoiren: Wo sonst der Fuß des Kriegers trat. Farmerleben in Südwest nach dem Kriege, von Maria Karow.
Buchtitel: Wo sonst der Fuß des Kriegers trat
Untertitel: Farmerleben in Südwest nach dem Kriege
Autorin: Maria Karow
Verlag: Ernst Siegfried Mittler und Sohn
Erstauflage. Berlin, 1909
Originalleineneinband, 14x20 cm, 255 Seiten mit 30 Fototafeln und einer Karte
Karow, Maria im Namibiana-Buchangebot
Wo sonst der Fuß des Kriegers trat. Farmerleben in Südwest nach dem Kriege
Vielfältige und ergiebige Beschreibung des Farmalltags in Deutsch-Südwestafrika: Wo sonst der Fuß des Kriegers trat. Farmerleben in Südwest nach dem Kriege.
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