Wir Kinder Namibias, von Magdalena Shamena und Erastus Shamena

Wir Kinder Namibias, von Magdalena Shamena und Erastus Shamena. Verlag der VEM Wuppertal. Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, 1987. ISBN 3872141678 / ISBN 3-87-214167-8

Wir Kinder Namibias, von Magdalena Shamena und Erastus Shamena. Verlag der VEM Wuppertal. Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, 1987. ISBN 3872141678 / ISBN 3-87-214167-8

Das Ehepaar Erastus Ndeulimane Shamena (1933-2020) und Nahambo Magdalena Shamena (1934-1997) aus Namibia.

Das Ehepaar Erastus Ndeulimane Shamena (1933-2020) und Nahambo Magdalena Shamena (1934-1997) aus Namibia.

Wir Kinder Namibias: Eine gemeinsam erzählte Lebensgeschichte des namibischen Ehepaares Erastus Ndeulimane Shamena (1933-2020) und Nahambo Magdalena Shamena (1934-1997).

Ich saß auf den Schultern meines Vaters. Außer mir trug er eine zusammengerollte Decke, allerlei Krimskrams und einen Topf mit gekochten Bohnen. Im Gehen sagte Vater: "Iß, mein Junge!" Ich aß die Bohnen auf seinen Schultern. Vater hatte es eilig weiterzukommen. In der Hitze des Mittags machten wir eine Rast. Meine Eltern schliefen im Schatten eines Baumes ein, und ich lief in den Busch, um Reisig zu suchen für die Kühe meines Spieles. Mir wurde erzählt, ich hätte mein Spiel unterbrochen und meine Eltern geweckt: "Warum schlaft ihr? Wir fliehen doch. Was ist, wenn die Portugiesen kommen?" Mutter und Vater wunderten sich über meine Worte, denn ich war damals ein kleiner Junge. Sie standen sofort auf und eilten weiter. Vielleicht hat ein Engel dem Kind gesagt, daß uns jemand folgt, dachten sie bei sich. "Beeilen wir uns!" Wir flohen. Mein Vater hatte einen Portugiesen, einen Pili, geschlagen. Damals regierten die Portugiesen in Angola, dem Land, wo ich geboren wurde. Schwarze Leute durften sie nicht einmal berühren, geschweige denn schlagen. Vater hatte sich wegen der Steuer mit dem Verwalter des Ortes gestritten. Der Verwalter hatte behauptet, er habe nicht bezahlt; Vater erwiderte, er habe alles bezahlt. Es wurde beschlossen, daß er seine Strafe in Peitschenhieben bekommt. Mein Vater war ein starker Mann und gewohnt, während seiner Arbeit im Süden seine Angelegenheiten mit den Weißen selbst zu regeln. Damals gab es noch keine gesetzliche Rassenpolitik, und alle waren gleichwertig. Die Buren hatten nicht mehr Schulen besucht als die Schwarzen. Wenn sich zwei stritten, dann kämpften sie. Wenn einer eine Lüge erzählte, wurde er geschlagen, ob weiß oder schwarz. Aber Portugiesen durfte man nicht anfassen. Wenn man einen geschlagen hatte, mußte man noch in derselben Nacht fliehen. So erging es jetzt uns. Von der ganzen Flucht blieb mir nur in Erinnerung, daß ich Bohnen aus dem Topf auf den Schultern meines Vaters aß. In Angola hatten wir in einem Dorf an der namibischen Grenze gewohnt. Unsere Nachbardörfer waren Kaiyomo im Norden, Mfoko im Westen, Shapwa in Richtung Ondonga, heute würde man sagen: Richtung Namibia. Ich kann mich nicht mehr auf vieles besinnen, nur an die Namen von einigen Kühen. Eine wurde Ondjala "Hunger" genannt. Ich hatte fünf Schwestern. Ich hütete das Vieh mit meinen älteren Schwestern Rakel, Evangelina und Martha. Ich war noch recht klein, als das nächste Kind geboren wurde. Es erhielt den Namen Mwetufayo nach der Mutter meines Vaters, und bei der Taufe wurde Auguste hinzugefügt. Als ich das Baby zum ersten Mal sah, soll ich gesagt haben: "Das ist mein Schätzchen." Seitdem wurde sie Oshingolisha Erastus genannt. Ich selbst wurde am 24. November 1933 geboren. Als ich getauft werden sollte, hat man mich nicht in die nächstliegende Kirche nach Ondobe gebracht, sondern in das weiter auf der anderen Seite der Grenze liegende Engela. Den Grund dafür weiß ich nicht. Die Reise war lang; ich wurde den ganzen Tag im Rückenbeutel von Uukuagali nach Engela getragen. Mutter, Vater und Evangelina wechselten sich ab. Es war Regenzeit; das Wasser bedeckte weite Gebiete. Mutter soll einmal beim Tragen fast hingefallen sein. Wir kamen glücklich in Engela an; der Missionar August Hänninen taufte mich. Nach der Taufe sind wir wieder nach Angola zurückgekehrt. In unserem Dorf war eine kleine Kapelle. Eine meiner frühesten Erinnerungen ist ein Besuch dort mit meiner Mutter. Wir gingen in ein Haus, wo viele Leute waren, die viele Augen hatten, weiße Augen. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Wir Kinder Namibias, von Magdalena Shamena und Erastus Shamena.

Titel: Wir Kinder Namibias
Untertitel: Eine Lebensgeschichte
Autoren: Magdalena Shamena; Erastus Shamena
Editierung: Kirsti lhamäki
Verlag der VEM Wuppertal
Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen
Erlangen, 1987
ISBN 3872141678 / ISBN 3-87-214167-8
Originalbroschur, 12 x 30 cm, 167 Seiten

Shamena, Magdalena und Shamena, Erastus im Namibiana-Buchangebot

Wir Kinder Namibias

Wir Kinder Namibias

Wir Kinder Namibias: Eine gemeinsam erzählte Lebensgeschichte des namibischen Ehepaares Shamena im Widerstand und Exil.