Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle

Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle. Verlag: C. Bertelsmann; Gütersloh 1919.

Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle. Verlag: C. Bertelsmann; Gütersloh 1919.

Ansicht der von Missionar Johann Jakob Irle auf Otjosazu errichteten Kirche. Aus: Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle.

Ansicht der von Missionar Johann Jakob Irle auf Otjosazu errichteten Kirche. Aus: Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle.

In ihrem hochinteressanten Erinnerungen an Südwestafrika, Wie ich die Herero lieben lernte, beschreibt die Missionarsgattin Hedwig Irle die Zeit von 1890 bis 1903.

Hedwig Irle  

Missionsleben in Südwestafrika

Hereroland! Wer es einst gekannt und jetzt so völlig verändert wiedersieht, dem scheint es nicht mehr dasselbe Land zu sein. Nur die Sandwüste, welche dieselbe geblieben ist, mutet uns noch vertraut an, und gleichfalls die schwarzen Gestalten der Eingeborenen. Aber nicht mehr als Besitzer großer Viehherden finden wir sie heute, sondern als Knechte der Weißen, welche jetzt die Herren im Lande sind. Schon bei der Landung steht uns alles so wunderbar und fremd an. Wir befinden uns ja auch nicht in Walfischbai wie einst, sondern im deutschen Hafen von Swakopmund, damals noch eine völlige Einöde, jetzt ein Städtchen mit schönen Regierungs- und Privatbauten und etwa 4000 weißen Bewohnern. An Hotels und Restaurants ist kein Mangel, ebensowenig an Läden, die zum Kauf anbieten, was nur das Herz begehrt. Wir finden eine Brauerei, einen Schlachthof, eine Dampfwäscherei. In der Buchhandlung sind die neuesten Erscheinungen der Literatur ausgelegt. Die wöchentlich erscheinende Zeitung gibt uns Bescheid über alles, was im Lande vorgeht, und die Anzeigen in dem Blatt laden zu allerlei Vereinen und Festlichkeiten ein, gerade wie hier in Deutschland. Wer hätte sich so etwas träumen lassen in Hereroland! Nun führt uns sogar die Eisenbahn statt des Ochsenwagens hinauf ins Land, und in Karibib, Omaruru, Okahandja und besonders in Windhuk, dem Regierungssitz, finden wir es ähnlich wie in Swakopmund. Die Häuser, obwohl fast durchweg einstöckig, sind meist von außen so schmuck und im Innern so wohnlich, z. T. sogar vornehm eingerichtet, daß wir uns in Deutschland glauben. Solche einfache Bauten, wie sie vor 40 Jahren ausgeführt wurden, kennt man selbst auf einsamen Farmen fast nicht mehr. In verhältnismäßig kurzer Zeit hat sich der große Umschwung vollzogen, der ganz langsam begann, als Südwestafrika 1885 deutsches Schutzgebiet wurde, und damit die Besiedelung des Landes durch Deutsche ihren Anfang nahm. Aber erst seit 1900 etwa, als die Eisen-bahn gebaut, Telegraph und Telephon angelegt wurden, zeigte sich die Hauptveränderung. Hat der Aufstand auch viel fleißige Arbeit der Ansiedler vernichtet, so ist man doch schnell bemüht gewesen, das Zerstörte besser und schöner wieder aufzurichten. Die mancherlei Klagen, besonders der neu ins Land Kommenden über alles, was man in Afrika entbehren muß, scheinen denen, welche die alten Zeiten noch miterlebt haben, sehr nichtig. Freilich, Südwestafrika ist nicht Deutschland, und das Leben in einer neu gegründeten Kolonie kann nicht dasselbe sein, wie in einem alten Kulturstaat, aber leben läßt es sich schon dort, zumal auch das Klima nicht ungünstig ist. Es möchte für manche Leser von Interesse sein, mit uns einen Rückblick zu tun in die Verhältnisse des Landes vor 30-40 Jahren, mit besonderer Berücksichtigung des Missionslebens zu damaliger Zeit. Den Reisenden wollen heutzutage die 3-4 Wochen direkte Fahrt von Hamburg resp. Antwerpen nach Swakopmund schon zu lang werden, und sie schelten, daß die kleine Eisenbahn sie von dort nicht mit Schnellzuggeschwindigkeit ins Innere des Landes befördert. Wie ganz anders ging das früher zu! Bis zum Jahre 1872 noch reisten die Missionare der größeren Billigkeit halber mit dem Segelschiff von England nach Kapstadt in etwa 2 Monaten. Von dort führte sie nach oft wochenlangem Warten ein elender, kleiner Strandsegler in 10-12 Tagen nach Walfischbai. Hier angekommen, hieß es erst recht, sich mit Geduld zu wappnen. Bis ein Ochsenwagen von Otjimbingue zur Abholung kam, vergingen wieder Wochen, und in Walsischbai fanden die Reisenden nur den allerdürftigsten Unterschlupf. In mühseliger Fahrt ging es nun ins Land hinein durch völlig menschenleere Einöden, und wenn nicht besondere Hindernisse sich in den Weg stellten, so durfte man nach 8-14 Tagen die erste Missionsstation Hererolands, Otjimbingue, erreichen. Die ganze Reise von Deutschland, die man jetzt in 4 Wochen macht, hatte etwa ein halbes Jahr in Anspruch genommen. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Wie ich die Herero lieben lernte, von Hedwig Irle.

Titel: Wie ich die Herero lieben lernte
Autorin: Hedwig Irle
Verlag: C. Bertelsmann
3. Auflage, Gütersloh 1919
Original-Druckbroschur, 13x19 cm, 159 Seiten, zehn sw-Fotos

Irle, Hedwig im Namibiana-Buchangebot

Wie ich die Herero lieben lernte

Wie ich die Herero lieben lernte

Wie ich die Herero lieben lernte ist eine Rückschau der Missionarsgattin Hedwig Irle auf die Zeit 1890-1903 auf Otjisazu.

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