Wie alles anders kam in Afrika, von Hertha Brodersen-Manns

Wie alles anders kam in Afrika: Südwester Erinnerungen aus den Jahren 1914/15, von Hertha Brodersen-Manns. Kuiseb-Verlag. 3. Auflage. Windhoek, Namibia 1997. ISBN 0949995509 / ISBN 0-949995-50-9

Wie alles anders kam in Afrika: Südwester Erinnerungen aus den Jahren 1914/15, von Hertha Brodersen-Manns. Kuiseb-Verlag. 3. Auflage. Windhoek, Namibia 1997. ISBN 0949995509 / ISBN 0-949995-50-9

K. F. R. Budacks Beitrag 'Die Deportation der deutschen Zivilbevölkerung aus Lüderitzbucht im Jahr 1914' dient als Einführung zu den Erinnerungen Hertha Brodersen-Manns (1881-1959) an genau jene Zeit. Sie sind 1991 unter dem Titel 'Wie alles anders kam in Afrika' erstmals erschienen und gelten als bedeutende Sammlung von Eindrücken aus der Besetzung Lüderitzbuchts und der folgenden Deportierungen deutscher Zivilisten.

Kuno F. R. Budack  Hertha Brodersen-Manns  

Die mit der Deportation der deutschen Zivilbevölkerung aus Lüderitzbucht im September und Oktober verbundenen Ereignisse sind bisher nirgends ausführlich dargestellt worden. Selbst in deutschen Veröffentlichungen werden sie nur kurz angedeutet, wobei Major Dr. von Oelhafen den völkerrechtswidrigen Charakter dieser Maßnahme hervorhebt. Ein offizieller Protest des Kaiserlichen Gouverneurs Dr. Theodor Seitz an den Oberbefehlshaber der Unionstruppen, General Louis Botha, blieb wirkungslos, wenn man von der Errichtung einer Funkverbindung mit der Abteilung "Defence Information" in Pretoria absieht, wodurch Nachrichten über das weitere Schicksal der Deportierten eingeholt werden konnten (Oelhafen 1923:34). Auch aus englischen Publikationen kenne ich nur zwei kurze Absätze. Beide gehen wahrscheinlich auf die gleichen Berichte von "Reuter's Special War Correspondents" zurück. Im übrigen wird die für ihre Urheber wenig ruhmvolle Behandlung von Nichtkombattanten, bei denen es sich meistens um Frauen und Kinder handelte, überhaupt verschwiegen. Deshalb hat der ausführliche Erlebnisbericht von Frau Herta Brodersen-Manns besonderen historischen Wert. Seine Faszination liegt in der Unmittelbarkeit und Originalität der Darstellung. Frau Manns beschreibt die Ereignisse in einer einfachen, ungekünstelten Sprache. Sie schildert nicht nur das Schicksal der Zivilinternierten, sondern gewährt uns auch manchen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Manchem Leser mögen einige Passagen etwas breit angelegt vorkommen, anderen scheinen vielleicht alltägliche Begebenheiten zu ausführlich kommentiert. Gerade hierdurch gelingt es aber der Autorin, die Atmosphäre der Gefangenschaft in adäquater Form zu vermitteln. Dazu gehören nun einmal die Verengung des Gesichts- und Aktionskreises, Nachrichtenmangel und Flüsterpropaganda, erzwungenes Zusammenleben auf engem Raum, Überbewertung alltäglicher Geschehnisse, gesteigerte Kritiksucht, kleine Eifersüchteleien, Langeweile und unendliche Sehnsucht nach Freiheit. Das alles klingt in ihrem Bericht an, aber es wird immer wieder überstrahlt von Lebensfreude und Humor dieser damals 23jährigen jungen Dame, die erst im Februar 1914 als Kontoristin des Rechtsanwalts Dr. Erich Lübbert nach Lüderitzbucht gekommen war. Eine zusätzliche Bereicherung ihres Berichtes stellen die im Anhang zusammengestellten Namenslisten der im "Roten" und "Grünen" Lager und außerhalb des Camps von Pietermaritzburg internierten Frauen und Kinder dar, sowie die teilweise seltenen Photographien. Da sich Frau Manns im wesentlichen auf eigene Erlebnisse beschränkt, erlaube ich mir, einige zusammenfassende Bemerkungen zur militärischen Besetzung von Lüderitzbucht im September 1914 und zu den mutmaßlichen Gründen der kurz darauf durchgeführten Deportationen beizufügen. Wo nicht anders vermerkt, wurden hierzu die in den Fußnoten genannten Quellen verwandt. Am frühen Morgen des 15. September 1914 verließ ein Konvoi von 4 Transportschiffen (Galway Castle, Gaika, Monarch und Clan Macmillan) unter Begleitschutz des Kreuzers H.M.S. Astraea Kapstadt und nahm Kurs auf Lüderitzbucht. An Bord befand sich ein Expeditionskorps von 1824 Offizieren und Mannschaften unter Oberst P.S. Beves, das aus den folgenden Truppenteilen bestand: 2 Infanterie-Brigaden {Transvaal Scottish und Rand Light Infantry, eine Schwadron des Imperial Light Horse Regiments, 2 Landwehr-Feldartillerie-Batterien (Citizen Field Artillery) mit je 6 Geschützen, 2 Batterien Schwerer Artillerie mit je 4 Geschützen, sowie Pionier-, Sanitäts-, Nachrichten- und Aufklärungseinheiten ("Intelligence"). Durch weitere Versorgungs- und Hilfsschiffe, darunter den gekaperten deutschen Dampfern Professor Woermann, Erna Woermann und Rufidji, dem behelfsmäßigen Lazarettschiff City of Athens und dem Walfänger Magnet wuchs die Invasionsflotte (ohne Schlepper und Leichter) auf 20 Einheiten an. Dieses formidable Geschwader kam am 18. September 1914 gegen 16 Uhr auf der Reede von Lüderitzbucht an und fuhr um 17.30 Uhr in den Hafen ein. Man kann also verstehen, wenn Frau Manns schreibt: "Es wimmelte im Roberthafen von englischen Kriegsschiffen". Etwa 45 Minuten später wurden in Lüderitzbucht zwei weiße Fahnen gehißt, eine davon auf dem Rathaus. Bald darauf setzte die Dunkelheit ein, worauf in der Stadt alle Lichter angeschaltet wurden. Der Chronist des Rand Light Infantry Regiments, Major Simpkins, stellt in diesem Zusammenhang fest: "It was evident that the Union force was not in for a hostile reception". Am Vormittag des 19. September 1914 sandte H.M.S. Astraea ein Vorkommando von Parlamentären in einem Boot unter weißer Flagge an Land, um Übergabeverhandlungen mit den deutschen Behörden anzuknüpfen. [...]

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren 'Wie alles anders kam in Afrika, von Hertha Brodersen-Manns.

Titel: Wie alles anders kam in Afrika
Untertitel: Südwester Erinnerungen aus den Jahren 1914/15
Autorin: Hertha Brodersen-Manns
Bearbeitung: Kuno F. Budack; Antje Otto
Verlag: Kuiseb-Verlag
3. Auflage. Windhoek, Namibia 1997
ISBN 9780949995506 / ISBN 0-949995-50-9
Originalbroschur, 16 x 22 cm, 77 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 3 Personenlisten

Brodersen-Manns, Hertha und Budack, Kuno F. R. im Namibiana-Buchangebot

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'Wie alles anders kam in Afrika': Hochinteressante Erinnerungen einer deutschen Einwandererin an Lüderitzbucht in der dramatischen Zeit von 1914 bis 1915.

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